Das Harnsteinleiden des Hundes – Spezialnahrung

Von Dr. Hans Mosser

Während das Steinleiden beim Menschen vorwiegend die Niere und Galle betrifft, ist es bei den Hunden die Harnblase. Rund 3% der Hunde leiden an Harnsteinen. Ein großer Teil dieser Steine lässt sich durch die konsequente Fütterung einer ganz speziellen Diät auflösen, die anderen müssen chirurgisch entfernt werden. Für alle Arten von Harnsteinen aber gilt, dass ihr Auftreten durch Spezialnahrung günstig beeinflusst werden kann.

Das erste Thema dieser Serie ist die Urolithiasis bei Tieren, wie das Harnsteinleiden im tierärztlichen Fachjargon heißt. Schon die griechischen Philospophen Herodot und Aristoteles haben Steine in der Niere und der Harnblase von in Tempeln geopferten Tieren gefunden (Hesse, 1998).

Während bei Menschen das Harnsteinleiden am häufigsten die Niere betrifft, sind Harnsteine bei Hunden vor allem im unteren Harntrakt, am häufigsten in der Harnblase, lokalisiert. Ca. 3% aller Hunde leiden an Harnsteinen, wobei die Häufigkeit im Zunehmen ist (Conrad, 2009). Für die Therapie – Steinauflösung oder ­Operation – ist es wichtig zu ­wissen, aus welchem Material der Stein zusammengesetzt ist. Das lässt sich meist mittels einer genauen Harn­analyse feststellen.

Am häufigsten bestehen die Steine aus Struvit (52,4%) und Kalzium­oxalat (30,7%) ­(Houston, 2009). Uratsteine sind typisch für Dalmatiner­rüden, seltener sind andere Steinzusammen­setzungen. Zwei Studien aus ­Belgien und Kanada berichten über eine Zunahme der Kalziumoxalat­steine in den ­letzten 10 bis 15 Jahren ­(Picavet, 2007; Houston, 2009). Da diese ­Steine – im Gegensatz zu Struvitsteinen – nur operativ sanierbar sind, kommt ihrer Vorbeugung eine umso größere Bedeutung zu.

Begünstigende ­Faktoren
Es gibt verschiedene ­Faktoren, die das Entstehen von Harnsteinen begünstigen. Die beiden häufigsten sind eine ­genetische Rassen­disposition und Entzündungen der Harnwege. ­Andere ­Ursachen liegen in der Ernährung (hoher Eiweiß­gehalt), einer verminderten ­Flüssigkeitsaufnahme, in übermäßigem Stress oder in anatomischen Fehlbildungen der Harnwege des Hundes.

●  Genetische Ursachen
Bei manchen Hunderassen tritt das Harnsteinleiden sehr viel häufiger auf als bei anderen. Dabei handelt es sich vor allem um Zwergschnauzer, Shi Tzu, Bichon frisé, Lhasa Apso und Yorkshire Terrier. In einer großen Studie kamen 50% aller Harnsteine allein auf diese 5 Rassen! Ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Harnsteinen fand sich auch beim Zwergpudel, Jack Russel Terrier, Malteser, Pekingese und Mops. Interessant ist der Umstand, dass es sich dabei um überwiegend kleine Rassen handelt. Eine Ausnahme ist in dieser Hinsicht der Dalmatiner. Bei dieser Rasse ist eine stark erhöhte Neigung zu vermehrter Harnsäureausscheidung und damit zur Bildung von Uratsteinen schon seit 1916 bekannt (Benedict, 1916). Davon sind vor allem Rüden betroffen.

●  Entzündungen
Eine andere (oder zusätzliche) ­Ursache der Steinbildung sind Entzündungen der Harnwege, vor allem Blasenentzündungen. Dadurch kommt es zu Veränderungen im Harn, welche insbes. die Bildung von Struvitsteinen begünstigen. Eine sofortige Behandlung von Blasenentzündungen durch den Tierarzt ist daher eine wichtige Steinprophylaxe.

●  Stress
Dass eine erhöhte Stressbelastung die Steinbildung im Harntrakt fördert, wird bei Menschen schon länger vermutet (Hesse, 2008). Das zugrundeliegende Prinzip ist der bei Stress erhöhte Adrenalin- und Kortisolspiegel im Blut. Zudem kommt es zu einer erhöhten Kalziumausscheidung durch die Nieren, zu einer übersäuerten Stoffwechsellage und zu einer Abnahme des Harnvolumens. Diese Faktoren begünstigen die Entstehung von Steinen. Da auch bei Hunden unter Stressbelastung analoge Vorgänge ablaufen, dürfte dies auch für Hunde gelten.

Diagnose
Das hundliche Steinleiden kann sich durch einige der folgenden Symptome zeigen:
• häufiges Urinieren, oft auch an ­atypischen Plätzen
• blutiger Urin
• erschwertes oder angestrengtes Harnlassen (Tröpfeln oder gar kein Harnabsatz möglich)
• Allgemeine Schwäche
• Appetitlosigkeit
• Erbrechen
• Schmerzen
• Harnverhalt, also die Unmöglichkeit des Harnabsatzes (ist ein akuter Notfall!)

Beim Auftreten einer oder ­mehrerer dieser Symptome ist sofort der Tierarzt aufzusuchen. Besteht ein akuter Harnverhalt, handelt es sich um einen Notfall, der sofort eines tierärztlichen Eingriffes bedarf. Hier darf keine Sekunde gewartet ­werden! Durch eine genaue Befragung des ­Hundehalters (Anamnese), eine ­klinische Untersuchung des Hundes und mittels Analysen von Harn und Blut, sowie Untersuchungen durch Röntgen und/oder Ultraschall stellt der Tierarzt die genaue Diagnose, die Voraussetzung ist für die Wahl des Therapiekonzeptes.

Therapiemöglichkeiten
Der Tierarzt behandelt die Erkrankung in Abhängigkeit davon, wie akut die Situation ist und welche sonstigen Begleitumstände vorliegen. Im Besonderen handelt es sich dabei um folgende Maßnahmen (Hesse, 2008):
1. In der Notfallsituation eines bereits bestehenden Harnwegsverschlusses durch einen Stein ist die entsprechende Beseitigung des Verschlusses das erste Ziel.
2. Antibiotische Behandlung einer Harnwegsinfektion.
3. Reichliche Zufuhr von Flüssigkeit zur Harnverdünnung.
4. Auflösung der Harnsteine (bei Struvitsteinen) oder chirurgische Entfernung (bei Kalziumoxalatsteinen).

Nach erfolgter Therapie sind lebenslang regelmäßige Kontrollen erforderlich, um ggf. neuauftretende ­Harnsteine rechtzeitig zu erkennen.
Solche Kontrollen bestehen aus
Harn- und Blutananalysen, Röntgenaufnahmen und/oder Ultraschall­untersuchungen.

Steinauflösung durch Spezialdiät
Wie schon erwähnt, ist die Kenntnis der Zusammensetzung des Steines für die Therapiewahl wichtig. Denn Struvit­steine (Magnesiumammonium­phosphat) lassen sich häufig alleine durch die Fütterung einer Spezialdiät erfolgreich auflösen. Dieses „Auf­lösungsfutter“ zeichnet sich v.a. durch geringere Mengen an Eiweiß, Kalzium, Phosphor und Magnesium aus. Zudem ist es mit Kochsalz angereichert, um die Flüssigkeitsaufnahme des Hundes zu steigern. Eine solche steinauf­lösende Diät wird solange gefüttert, bis der Stein nicht mehr nachweisbar ist, und danach noch 4 Wochen lang gegeben (Hesse, 2008).

Spezialnahrung zur Verhinderung neuer Harnsteine
Nach erfolgter Auflösung des ­Steines wird eine Ernährungsumstellung des Hundes auf eine Spezialnahrung ­empfohlen, die zu einer Harnzusammensetzung führt, welche die Neu­bildung von Struvitsteinen hintan­halten kann.

Eine spezielle Ernährung spielt aber auch eine Rolle bei allen anderen Harnsteinen. Zwar ist die Auflösung von Steinen aus Kalziumoxalat durch ein Diätfutter leider nicht ­möglich – solche Steine müssen ­chirurgisch entfernt werden –, doch kann die Umstellung der Ernährung von ­Hunden, die zu solchen Steinbildungen neigen, das Risiko eines neuer­lichen Auftretens von Steinen deutlich vermindern (Sturgess, 2009). Der Tierarzt wird daher zu diesem Zweck eine bestimmte Spezialnahrung ­empfehlen. Wichtig für den Therapie­erfolg ist jedoch die konsequente ­Einhaltung dieser Empfehlung!

Zusammenfassung
Harnsteine bei Hunden sind mit 3% Häufigkeit ein bedeutsames Gesundheitsproblem und können im Fall eines Harnverhaltes zu einem medizinischen Notfall werden. Während bestimmte Harnsteine durch eine Spezialdiät aufgelöst werden können, müssen andere Steinarten chirurgisch entfernt werden. Im Zentrum der Vorbeugung neuer Harnsteine steht eine spezielle Ernährung, wie sie vom Tierarzt empfohlen wird.D

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