Dackel – auch Dickköpfe können lernen …

Von Liane Rauch

Mythen in der Hundewelt

Sie kennen sie auch, diese „Du-weißt-aber-schon-dass-der …“-­Hunde? Du weißt aber schon, dass der ­alles frisst? Du weißt aber schon, dass der nicht erziehbar ist? Du weißt aber schon, dass der viel ­Beschäftigung braucht? Schauen wir uns doch mal einen ­dieser „Du-weißt-aber-schon-dass-der …“­-Hunde an.

Ist der Ruf erst ruiniert …
… lebt sich‘s gänzlich ungeniert. Jeder Hundehalter hat es bestimmt schon einmal gehört: „… das ist halt ein Labbi, der frisst eben alles und ständig …“, oder „… das ist halt ein Border Collie, der braucht das eben …“, oder „… das ist halt ein Dackel, die kann man nicht erziehen …“.

Doch ist das wirklich so?
Ist wirklich jeder Collie eine Lassie, ist jeder Husky ein Langläufer oder kann jeder Beagle ein Leben lang immer nur an der Leine laufen? Oder sind es ­vielleicht Ausreden, um mit dem Hund nicht arbeiten zu müssen, um sich selbst nicht anstrengen zu müssen?

Selbstverständlich gibt es Hunde die ­einfacher zu erziehen sind, aber eben auch jene, die erst einmal „nachfragen“, ob denn das, was Frauchen/Herrchen jetzt möchte, auch Sinn macht. Der Mythos „… der ist halt so …“ trifft aber eindeutig nicht immer zu.

„Du weißt aber schon, dass der nicht zu erziehen ist …?“
Hier bei uns in der Wohnsiedlung lebt Burschi, ein 7-jähriger Rauhaardackel. Burschi hat nie eine Hundeschule besucht und durfte auch sonst nichts lernen. Kein Hundesport, keine Beschäftigung, noch nicht mal Such-Spiele. Burschis Lebensraum beschränkt sich auf eine 5m-Flexileine. „Er ist eben ein Dackel, die kann man nicht erziehen, wenn ich ihn von der Leine lasse, ist er weg …“ rechtfertigt Burschis Frauchen die Leinen-Haft ihres Hundes. Es liegt aber garantiert NICHT an Burschi oder seiner Rassezugehörigkeit, dass er so einen eingeengten Lebensraum hat.

Hundeschule mit einem Dackel? Na klar, gerade mit einem Dackel
Das ursprüngliche Zuchtziel des Dackels und aller anderen Bauhunde war ­selbständiges Arbeiten im Bau, eine enge Teamarbeit mit dem Halter war nicht so wichtig. Im Gegensatz zu ­Hütehunden sollte der Jagdhund nicht ständig ­„nachfragen“ und auf neue Anweisungen warten. Dies würde eine Jagd sehr zäh gestalten. Kopf- und hirnlos darf aber auch ein Jagdhund wie der Dackel seine Arbeit nicht erledigen.

Genau wie bei allen anderen Rassen auch, muss schon dem Dackel-­Welpen das kleine 1×1 des Hunde-Knigge beigebracht werden. Jeder andere Hund, egal welcher Rasse, wird sich ebenso verselbständigen, wenn nicht von Anfang an an der Bindung und Beziehung zum Halter gearbeitet wird. Auch Dackel können Begleithundeprüfungen bestehen, Zusammenarbeit mit dem Halter lernen und großartige Erfolge im Hundesport erreichen. Auch der jagdlich geführte Dackel muss vor dem Einsatz eine Prüfung ablegen.

Sport-, Tanz- und Mantrail-Dackel
Dass es auch anders geht, zeigen uns folgende Beispiele:

Heidi Vogel besucht mit ihrem ­Dackel-Mädchen Maja die Welpenschule im Hundesportverein „Hundefreunde Cham“. Wenn der Welpe von Anfang an gefördert wird, dann klappt es auch mit der Erziehung. Heidi Vogel sagt über Maja: „Wir haben keine großen sport­lichen Ambitionen. Trotzdem muss Maja eine gute, fundierte Grundausbildung erhalten und ein souveräner Familienhund werden. Schließlich soll sie, so weit möglich, überall dabei sein und uns auch in den Urlaub begleiten.“

Dackel sind, sieht man mal von Agility ab, für jeden Hundesport geeignet. Da ist z.B. Dancing-Dackel Woody, der mit seinem Frauchen beim Dog Dancing mit erstaunlicher Gelehrigkeit und Wendigkeit glänzte. Tamara Sieg über Woody: „Woody ist mitfühlend, lieb und ab und zu etwas eigensinnig. Er ist gebürtiger Sizilianer, und manchmal bricht sein italienisches Temperament bei anderen Hunden durch. Er ist sehr verschmust, liegt gerne in der Sonne und genießt das Leben. Wir machen Suchspiele und Tricktraining. Trainiert wird ein paar Mal die Woche, kleine Tricks und Dog-­Dance-Übungen binden wir täglich in die Gassi-Runden ein. Woody ist immer mit großem Eifer dabei, wobei er eher ­langsam neue Tricks lernt, aber wenn er einen Trick kann, dann vergisst er ihn nie mehr. Und wenn ich zu leckeres Futter fürs Training nehme, ist er übermotiviert, da kann es schon mal passieren, dass er sein komplettes Repertoire an Kunststücken abspult, bevor das Gewünschte kommt. Also von wegen, der Dackel hat keinen will-to-please.“

Ein Dackel wird in der Rettungshunde­arbeit und beim Mantrailing hervor­ragende und ausgezeichnete Fähigkeiten zeigen. Bedauerlicherweise wird der Dackel wegen seiner geringen Körpergröße meist völlig unterschätzt.

Renate Studer über ihren Dackel: „Willy ist nun ca. 5 Jahre alt, er wurde zusammen mit 80 anderen Hunden beschlagnahmt und ist nun gut ein Jahr bei mir. Ich erfreue mich jedes Mal wieder an seinem Arbeitswillen. Sein ausdrucksstarker Blick verzaubert mich jeden Tag von neuem, seine Lebendigkeit und Verspieltheit bringt mich zum Lachen. Er ist sehr selbstbewusst und hat auch seinen eigenen Willen, ist aber trotzdem jederzeit bereit, mit mir zu kooperieren, was mich auch sehr berührt. Willy zeigt im Bereich Mantrailing und Geruchsdifferenzierung beste Leistungen und ist konzentriert bei der Arbeit. Vor kurzem haben wir mit NADAC (Hoopers Agility) begonnen, um einen körperlichen Ausgleich zur Nasenarbeit zu schaffen. Jeden zweiten Tag ist Training angesagt, zu Hause oder in der Hundeschule. Auf unseren Gassi-Runden darf Willy dann einfach nur Hund sein.“

Strebt der Halter mit seinem Hund eine Ausbildung im Rettungshund- oder Mantrailing-Bereich an, ist erste Voraussetzung ein guter Grundgehorsam des Hundes. So selbständig Dackel auch gerne sind, so können auch sie Prüfungen bestehen.

Schon mal Obedience mit Ihrem Dackel probiert?
Wieso sollte ein Dackel das nicht lernen können? Dackel sind weder dumm noch unwillig. Zugegeben, es kann manchmal etwas länger dauern als bei Rassen, ­denen der sogenannte will-to-please angeboren ist. Eins ist Ihnen aber ­garantiert: Sie werden bei ­Obedience-Prüfungen mit Ihrem Dackel jedem anderen Hund die Show stehlen.

„Du weißt aber schon, dass der stur ist …?“
Wie sage ich gerne: „Der Hund ist immer nur so stur, wie es die Inkonsequenz seines Halters zulässt.“ Dackel sind nicht sturer als andere Hunde es auch sein können. Leider wird Durchhalte­vermögen und Ausdauer oft mit Sturheit gleichgesetzt, anstatt sich diese Eigenschaften der Rasse zu Nutze zu machen. Denn gerade diese Charakterzüge sind optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, leitet man diese Eigenschaften in die richtige Richtung.

Der Dackel gibt nun mal nicht so schnell ein Vorhaben auf. Egal, ob er sich an einem Mauseloch festgebuddelt hat oder mit großer Ausdauer und dem typischen Dackel-Blick am Tisch bettelt. Hat sich dieser dickköpfige kleine Kerl etwas vorgenommen, dann zieht er das auch durch – wenn man ihn lässt. In die richtigen Bahnen gelenkt sind diese Eigenschaften eine optimale Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Werden dem Dackel rechtzeitig Grenzen und Regeln erklärt, wird auch dieser Hund sie einhalten. Wurde Waldi über Jahre aber nur sich selbst überlassen, warum um alles in der Welt sollte er also kommen, wenn der Halter es nun plötzlich will? Wie bei allen Hunden gilt auch für den Dackel: Früh übt sich.

Dackel – Dickköpfe mit Herz und viel Verstand
Ich bin mit Dackeln aufgewachsen. In meiner Kindheit gab es keine Hundeschulen. Unsere Hunde wurden nie „bewusst“ erzogen. Trotzdem waren Lumpi, Hexi und Wasti eng an uns gebundene Familienmitglieder, die sogar ohne Leine mit uns im Wald unterwegs waren. Völlig zu Unrecht wird der Dackel noch immer als Begleiter der älteren Generation gesehen. Dass es sich bei dieser Rasse um ausgesprochen schlaue und wegen ihrer geringen Größe und Gewicht um äußerst alltagstaugliche Hunde handelt, wird leider noch immer übersehen.

Dackel – auch Dickköpfe können lernen
Ein Mythos, ein Gerücht, das noch immer weit verbreitet ist. Inzwischen sollte bekannt sein, dass es auch innerhalb einer Rasse ganz individuelle Persönlichkeiten gibt. Dackel ist nicht gleich Dackel. Meine „Honey Bee“ ist zwar nur ein Dackel-Collie-Mischling, aber wenn sie einen ihrer „Dackel-Tage“ hat, bin ich mehr gefordert als an „Collie-­Tagen“. Es liegt an „Dackel-Tagen“ an mir, rechtzeitig zu reagieren, wenn sie die Umgebung nach Katzen oder Hasen abscannt oder zum Spurt ansetzt, um im nächsten Biberbau zu verschwinden.

Es liegt am Halter, was und wie viel ein Hund kann oder nicht kann.

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