CBD ist seit einiger Zeit bei Hundehaltern in aller Munde. Auch Tierärzte setzen es zunehmend ein. Was ist CBD eigentlich und wie wirkt es beim Hund? Die Expertin Susanne Gruber klärt in diesem Artikel auf.
Bevor wir in das Thema einsteigen, möchte ich erst einmal den Unterschied zwischen Hanf und Cannabis erklären. Die botanische Bezeichnung Cannabis Sativa L. bezieht sich auf Nutzhanf und Cannabis-Pflanzen. Botanisch gibt es also erst einmal keinen Unterschied. Wenn ich in diesem Artikel von Hanf spreche, dann meine ich damit Nutzhanf aus zertifizierten EU-Nutzhanfsorten, mit einem maximalen THC-Gehalt von <0.2 % in Deutschland und <0.3 % in Österreich.
Seit 1996 darf Nutzhanf von Landwirten in Deutschland (seit 1995 in Österreich) wieder angebaut werden. Diese Sorten werden regelmäßig überprüft und werden sofort aus dem Sorten-Katalog entfernt, wenn sie mehrfach hintereinander zu hohe THC-Werte aufweisen. Die Anbau-Erlaubnis bezieht sich ausschließlich auf Landwirtschaftliche Betriebe, für Privatpersonen gilt auch bei Nutzhanf ein Verbot des Anbaus.
Mit Cannabis bezeichne ich alle anderen Sorten, die einen höheren THC-Gehalt aufweisen. Ärzte dürfen zwar seit 2017 Cannabis als Medizin für verschiedene Erkrankungen verschreiben, Zahnärzte und Tierärzte sind von dieser Regelung ausgeschlossen. Außerhalb des humanmedizinischen Bereiches wird Cannabis durch den THC-Gehalt als Betäubungsmittel bewertet und darf somit nicht angebaut, verkauft oder gekauft werden.
Hanfprodukte Erfindung der Neuzeit?
Hanfprodukte, insbesondere CBD-Produkte, werden seit ca. zwei Jahren von vielen Menschen wiederentdeckt. Dabei wäre es ein großer Fehler zu denken, dass sie eine Erfindung der Neuzeit sind. Hanfprodukte wurden schon von Anbeginn der Zeit als Volksmedizin, Lebensmittel, Textil, Baustoff o.ä. verwendet. Es gibt keine Pflanze, die so vielseitig genutzt werden kann wie der Hanf.
Cannabidiol hat keine berauschende Wirkung
Cannabidiol (CBD) ist das zweitbekannteste Cannabinoid und hat im Vergleich zu THC keine berauschende Wirkung. Neben unzähligen anderen Phytocannabinoiden (pflanzliche Cannabinoide) wie zum Beispiel CBDA, CBG oder CBN enthält die Hanfpflanze aber auch Terpene und Flavonoide. Bisher beschäftigen sich wissenschaftliche Studien überwiegend mit CBD und THC, doch auch die anderen Cannabinoide bieten ein umfangreiches Potenzial. In Zukunft wird es meiner Meinung nach gerade für die medizinische Nutzung von Cannabinoiden sehr interessant, das spezifische Zusammenspiel der Cannabinoide in Bezug auf einzelne Krankheitsbilder zu erforschen.
Eine israelische Studie hat sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Vollspektrum Hanfauszug oder ein Isolat besser wirkt. Das Ergebnis dieser Studie besagt einen sog. »Entourage Effekt«, das bedeutet einfach ausgedrückt, dass alle natürlichen Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Cannabinoide, Terpene und Flavonoide in einer Art Symbiose agieren und sich gegenseitig in ihrem Effekt unterstützen.
Das Endocannabinoid-System
Kommen wir nach all diesen Informationen zu der Frage: »CBD und Hund – passt das?«
Es passt definitiv, denn unsere Hunde haben, wie jedes Säugetier, ein Endocannabinoid-System (ECS). Dieses besteht aus verschiedenen Rezeptoren. Es gibt bisher zwei bestätigte Cannabinoid Rezeptoren, den CB1 und den CB2 Rezeptor, ein Dritter (GPR55) wird durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse vermutet. Der CB1 Rezeptor kommt vermehrt im zentralen Nervensystem vor, also zum Beispiel im Gehirn, wogegen der CB2 Rezeptor vermehrt im peripheren Nervensystem, also den Organen und Immunzellen vorkommt. Das zentrale und periphere Nervensystem sind im Grunde ein großes Nervensystem.
Neben diesen Rezeptoren gibt es auch Endocannabinoide. Dies sind Cannabinoide, die der Körper selbst bildet. Eines davon ist Anandamid, welches starke Ähnlichkeit mit dem pflanzlichen THC aufweist. Es kann auch mit Freude oder Glückseligkeit übersetzt werden. So spricht Anandamid hauptsächlich Regionen im Gehirn an, die mit der Wahrnehmung und den Bewegungsabläufen zu tun haben. 2-Arachidonylglycerol ist das zweite Endocannabinoid. Es ist am Knochenwachstum beteiligt und an der Schmerzlinderung.
Das Endocannabinoid-System kümmert sich um die Koordination vieler Aufgaben. Man kann es als Wächter über die innere Balance bezeichnen. Der amerikanische Forscher Ethan Russo stellt sogar die Vermutung auf, dass chronische Erkrankungen wie zum Beispiel Fibromyalgie, Migräne oder das Reizdarmsyndrom durch einen von ihm bezeichneten »Endocannabinoid- Mangel« verursacht werden könnten. Ob wir diese Vermutung auch auf ungeklärte chronische Erkrankungen bei unseren Hunden anwenden können, werden zukünftig wissenschaftliche Studien klären müssen.
Wir können das ECS durchaus beeinflussen, damit es möglichst ohne Störungen arbeiten kann und sogar im Krankheitsfall zur Genesung beitragen kann. So kann zum Beispiel die Ergänzung von Hanfsamenöl im Futter Ihres Hundes, durch das ideale Omega 3 zu Omega 6 Verhältnis, den Körper dabei unterstützen, Endocannabinoide und Enzyme zu bilden. Auch bei Ihrem Hund sollten Sie auf eine artgerechte und ausgewogene Ernährung achten. Eine regelmäßige Darmsanierung sollte auch beachtet werden, um den Körper dabei zu unterstützen reibungslos zu funktionieren. Dies alles ist natürlich keine 100% Garantie, aber ein erster Schritt zu einer ausgewogenen Lebensweise.
CBD und seine Anwendungsmöglichkeiten
Eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien sind in der Tiermedizin noch etwas dürftig vertreten. Wir können meiner Meinung nach allerdings Erkenntnisse aus der Humanmedizin stellenweise auf unsere Hunde übertragen. Studien beschäftigten sich dort mit der schmerzlindernden, angstlösenden, beruhigenden, entzündungshemmenden und antidepressiven Eigenschaft von CBD.
Generell kann man pauschal sagen, dass CBD-Öl unsere Hunde in den gleichen Anwendungsgebieten wie uns Menschen positiv unterstützen kann. Allerdings gilt es meiner Meinung nach stark zu differenzieren. Habe ich zum Beispiel einen älteren Hund und möchte ihn im Alter durch die Gabe prophylaktisch unterstützen, kann ich das einfach ausprobieren.
Wir haben einige tolle Erfahrungsberichte unserer Kunden bei dementen Hunden, die am Abend nicht mehr zur Ruhe kommen können und stundenlang auf- und abwandern. Oftmals berichten sie, dass Ihre Hunde teilweise nur einen Tropfen am Abend bekommen und die Hunde wie ausgewechselt wirken.
Die enge Zusammenarbeit mit Tierärzten, Tierheilpraktikern und Hundetrainern liefert uns zudem unzählige positive Rückmeldungen. Nichtsdestotrotz möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es immer mal wieder Hunde gibt, die überhaupt nicht auf die Gabe von CBD ansprechen.
Erste Studie zur Gabe von CBD und Epilepsie bei Hunden
Im Juni 2019 veröffentlichte die amerikanische Tierärztin Dr. McGrath eine Studie, in der sie sich damit beschäftigte, wie sich die kurzfristige Gabe von CBD bei Hunden mit Epilepsie auf die Anfallshäufigkeit auswirkt. Das Ergebnis zeigte auf, dass 89% der Hunde, die an der klinischen Studie teilnahmen, weniger Anfälle hatten. Untersucht wurden insgesamt 16 Hunde, davon wurden neun mit CBD behandelt und sieben Hunde waren in der Placebo-Kontrollgruppe. Die Hunde aus der Behandlungsgruppe erhielten 12 Wochen lang ein CBD-Öl. Dieses Ergebnis veranlasste Dr. McGrath, eine weitere Studie mit 60 Hunden zu starten, um ihre Erkenntnisse zu spezifizieren.
Ohne diese erste Veröffentlichung über- oder unterzubewerten, gibt die Studie von Dr. McGrath einen spannenden Ansatz zu einer noch weitestgehend unerforschten Erkrankung unserer Hunde. Die möglichen Auslöser von Epilepsie sind nach wie vor nicht eindeutig geklärt, auch wenn einige Tiermediziner verschiedene Vermutungen anstellen. Sollte Ihr Hund von Epilepsie betroffen sein, setzen Sie bitte niemals Medikamente eigenmächtig ab. Bitte besprechen Sie die Möglichkeit der Behandlung Ihres Hundes mit einem CBD-Öl mit dem behandelnden Tierarzt.
CBD kann Hunde entspannen
Die Rückmeldungen und Erfahrungsberichte einiger Hundetrainer lassen darauf schließen, dass sehr aufgedrehte Hunde von der CBD-Gabe profitieren können. Die Schilderung lautet, dass diese Hunde im Training wieder besser »ansprechbar« sind.
Natürlich ist CBD-Öl kein Wunderheilmittel oder der oft gewünschte Reset-Knopf, aber es kann eine unterstützende Möglichkeit zu einem artgerechten Hundetraining darstellen.
Mögliche Nebenwirkungen
Bekannte Nebenwirkungen von Cannabidiol können ein trockenes Maul, Durchfall und/oder Erbrechen sein, und bei einer deutlichen Überdosierung kann es zu Schläfrigkeit kommen.
Aus der Humanmedizin wissen wir, dass es zwischen Cannabidiol und einzelnen Medikamenten zu Wechselwirkungen kommen kann. Dies hängt davon ab, welche Rezeptoren angesprochen werden. In der Regel kann man solche Wechselwirkungen durch eine zeitliche Verzögerung umgehen.
Vorsicht ist geboten bei Hunden, die eine chronische Lebererkrankung haben, da Cannabidiol über die Leber abgebaut wird. Hierzu gibt es einfach keinerlei Studien, die sich mit den möglichen Folgen beschäftigt haben. Außerdem wäre ich persönlich vorsichtig bei Hunden mit dem MDR1 Gendefekt, da erste Ansätze vermuten lassen, dass CBD die Bluthirnschranke überwinden kann. Auch hierzu gibt es bisher keine Studien, die sich mit den möglichen Auswirkungen auf Hunde beschäftigt haben. Im Zweifel wenden Sie sich immer an Ihren Tierarzt. Sie sehen also, Cannabidiol bietet ein vielfaches Potenzial, welches allerdings gerade in der Tiermedizin fast überhaupt nicht erforscht ist.
Fazit
Ob als geriatrisches Prophylaktikum oder zur Entspannung und Ausgeglichenheit, CBD kann einen positiven Effekt auf unsere Hunde haben. Bei Erkrankungen, wie zum Beispiel Epilepsie, besprechen Sie die mögliche Behandlung Ihres Hundes bitte immer mit dem behandelnden Tierarzt. Die Qualität der CBD-Öle, die aktuell auf dem Markt angeboten werden, können auf Grund von fehlenden Qualitätsstandards oder offiziellen Vorgaben stark variieren. Bleiben Sie daher kritisch und fragen Sie beim jeweiligen Hersteller nach. Üblicherweise wird Ihnen ein Vollspektrum Hanfauszug angeboten, bei dem die Hanfblüten extrahiert und in der Regel mit einem Pflanzenöl versehen sind. CBD-Öle können auch aus Isolaten hergestellt oder zusätzlich mit diesen versehen werden, um den CBD-Gehalt im Produkt zu erhöhen.
Lassen Sie sich nicht von der Mentalität »Geiz ist geil« beeindrucken, denn schließlich geht es um das Wohlbefinden Ihres Hundes, der von pflanzlichen Cannabinoiden profitieren kann.
Literatur
Ruth Gallily 2015, Overcoming the Bell-Shaped Dose-Response of Cannabidiol by Using Cannabis Extract Enriched in Cannabidiol https://file.scirp.org/pdf/PP_2015021016351567.pdf
Ethan B. Russo. Clinical Endocannabinoid Deficiency Reconsidered: Current Research Supports the Theory in Migraine, Fibromyalgia, Irritable Bowel, and Other Treatment-Resistant Syndromes. Cannabis Cannabinoid Res. 2016; 1(1): 154–165. Published online 2016 Jul 1. doi: 10.1089/can.2016.0009. PMCID: PMC5576607
Stephanie McGrath dvm, Randomized blinded controlled clinical trial to assess the effect of oral cannabidiol administration in addition to conventional antiepileptic treatment on seizure frequency in dogs with intractable idiopathic epilepsy
From the Department of Clinical Sciences, College of Veterinary Medicine and Biomedical Sciences, Colorado State University, Fort Collins, CO 80523.
Pdf zu diesem Artikel: cbd_cannabidiol