Sabberfrei in 5 Schritten
Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund“. WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und Hundetrainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund , kurz formuliert und mit 1 bis 2 Bildern. In dieser Ausgabe geht es um das Thema Betteln bei Tisch.
Liebe Frau Adler!
Ich habe eine dreijährige französische Bulldoggen-Hündin namens Nelly, welche seit Junghunde-Alter bei mir lebt. Wir haben uns gemeinsam angewöhnt, dass Nelly neben mir beim Esstisch sitzt, wenn ich etwas esse. Da ich nun nicht mehr alleine lebe und einen Partner gefunden habe, gibt es leider Probleme. Wenn Nelly neben mir beim Tisch sitzt, ziehen sich lange Speichelfäden um ihr Maul, weil sie immer mal wieder etwas von meinem Teller bekommt. Mein neuer Partner stört sich daran und es gibt heftige Diskussionen, da seiner Meinung nach ein gut erzogener Hund nichts vom Tisch bekommen darf. Haben Sie einen Rat für uns?
Liebe Grüße Eva Brunner
Antwort von Yvonne Adler:
Liebe Frau Brunner,
auch für unsere vierbeinigen Weggefährten gibt es oftmals die Notwendigkeit im Leben, dass sie gemeinsam mit uns bereits vorhandene Gewohnheiten verändern müssen. Zu Beginn wird es für Sie vermutlich unausweichlich sein, dass Sie mit Ihrem Lebensgefährten ein offenes und ehrliches Gespräch führen, in dem Sie gemeinsam festlegen, welche Gewohnheiten sich in Zukunft verändern sollen. Dabei ist es wichtig, dass sowohl Sie als auch Ihr Lebensgefährte eine Veränderung wünschen, denn nur dann hat ein Training auch gute Erfolgschancen. Umgekehrt werden Sie vermutlich mit dem Training weniger erfolgreich sein, wenn Sie etwas antrainieren, was Sie in Wirklichkeit vielleicht gar nicht möchten.
Gehen wir jedoch nun davon aus, dass es Ihrer beider Wunsch ist, eine Veränderung herbeizuführen und Nelly zukünftig während des Essens auf ihrem eigenen Platz verweilt. Vorweg muss Ihnen allerdings bewusst sein, dass es Nelly rund zweieinhalb Jahre erlaubt war, während des Essens bei Ihnen neben dem Tisch zu sein und sie sogar zeitweise Essbares vom Tisch bekommen hat. Das bedeutet, dass für Ihren Hund eine lange und erfolgreiche Lernerfahrung einem neuen Verhalten, das Sie ihr nun vermitteln möchten, gegenübersteht. Daher müssen Sie es Nelly auch wirklich schmackhaft machen, dass es sich für sie jetzt mehr „auszahlt“, auf ihrem eigenen Platz zu bleiben, während Sie essen. Bitte seien Sie sich aber bewusst, dass es für Nelly anfangs sehr schwierig ist, auf ihrem Platz zu bleiben. Deshalb wird sie es zuerst gar nicht schaffen, während einer langen Mahlzeit nicht zum Tisch zu kommen. Vielmehr sollten Sie es bereits als Nellys Erfolg sehen, wenn sie einige Minuten auf ihrem Platz verweilt, während Sie bei Tisch eine Mahlzeit einnehmen.
Mögliche Trainingsschritte
Schritt 1: Wenn Sie Nelly auf ihren Platz schicken, belohnen Sie sie mit Leckerchen dafür, dass sie dorthin geht und auch dort verweilt. Für Sie bedeutet es, dass Sie während des Essens immer wieder aufstehen müssen, um ihr ein Leckerchen am Platz zu geben.
Schritt 2: Üben Sie dieses Verweilen am Platz auch dann, wenn Sie sich einfach nur zum Esstisch setzen, ohne dass er gedeckt ist und Sie eine Mahlzeit einnehmen. Daher sollten Sie sich öfter mal über den Tag verteilt an den Tisch setzen und Nelly auf ihren Platz schicken. Vergessen Sie jedoch keinesfalls, Nelly dafür, wie in Schritt 1 beschrieben, zu bestätigen.
Schritt 3: Wenn dieses Verhalten bereits sehr gut klappt, können Sie Nelly nun auch auf ihren Platz schicken, bevor Sie zu essen beginnen. Seien Sie geduldig und erwarten Sie, dass Sie anfangs auch noch zwischendurch aufstehen müssen, um Nelly auf ihrem Platz ein Leckerchen zu geben und/oder sie zu loben.
Schritt 4: Um das Training zu perfektionieren, ist es wichtig, dass Sie die Dauer, die Nelly am Platz bleibt, verlängern. Zu Beginn wird die Zeitspanne, die sie bleibt, sehr gering sein. Das Ziel ist jedoch, von den anfänglich wenigen Minuten auf bis hin zu 20 Minuten „raufzutrainieren“.
Schritt 5: Mit steigendem Lernerfolg können Sie dann die Leckerchen-Gabe immer weiter hinauszögern, bis Nelly schlussendlich für die 20 Minuten auf ihrem Platz nur mehr ein Leckerchen bzw. ein Lob erhält.
Sie können Nelly natürlich mit all dem bestätigen, was sie gerne hat. Das muss nicht immer Futter bedeuten. Aber es kann natürlich sein, dass Nelly mit dem gemeinsamen Essen so gute Lernerfahrungen gemacht hat, dass Sie – um mit diesem hochwertigen Reiz umgehen zu können – nur mit Futter bzw. Essbarem konkurrieren können.
Ein kleiner Tipp fürs Training: Ganz wichtig ist es, dass Sie Nelly keinesfalls, wenn sie von selbst den Platz verlässt, mit einem Leckerli auf ihren Platz zurücklocken. Damit würde die Hündin nämlich nur eine für Sie unerwünschte Verhaltenskette lernen. Aus Hundesicht würde es nämlich bedeuten, dass sie aufstehen muss, damit Sie sie wieder zurückschicken und Nelly dann ein Leckerchen bekommt. Empfehlenswert ist es auch, wenn Sie ein End-Kommando geben, wie beispielsweise „Ende“ für „Übung beendet“.
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass dieses Training nur nachhaltigen Erfolg bringen wird, wenn Nelly wirklich nichts mehr vom Tisch erhält. Wenn Sie nun über Wochen fleißig trainiert haben und dann geben Sie ihr vom oder direkt neben dem Tisch wieder etwas von Ihrem Essen, beispielsweise weil Ihr Partner gerade nicht zu Hause ist, sind damit die ganzen alten Lernerfahrungen wieder aufgefrischt. So brauchen Sie dadurch insgesamt viel länger, um den neuen Weg erfolgreich zu trainieren.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine gemeinsame Lösung, mit der alle glücklich sind.
Herzlichst, Yvonne Adler
Pdf zu diesem Artikel: erziehung_betteln