Schon um 6 Uhr morgens beginnt ein Heulen und Bellen, was soviel heißt wie „Hunger! Was ist los!? Wir sind schon wach!"
„Ich weiß, ich weiß, aber trotzdem könnt ihr mich, der Wecker geht erst um 7 Uhr ab, hell wird es sowieso erst um halb 9, also, guys, legt euch wieder aufs Ohr und bedeckt die Schnauze mit eurem Schwanz."
Ich mag Dein Streicheln
Minus 30°C hat es draußen, ich gleite tiefer in meinen Schlafsack. 7 Uhr, kein Bellen oder Heulen, dafür rasselt der Wecker. Ich muss raus, oder noch ein paar Minuten …? Nein, raus aus dem warmen Schlafsack, und der allmorgendliche Kampf mit der Kälte beginnt. Freundliche Gesichter, Tänzeln und Schwanzwedeln empfangen mich, als ich auf meinem Weg zum Outhouse durch den Dogyard gehe. 30 Alaskan Huskies – Athleten des Nordens – nur eines im Sinn: Laufen und Ziehen. „Nathan, wie geht es Dir heute?" Mit vollem Gewicht – und er ist sehr groß – wirft er sich auf mich und beißt mich zart in die Hand: „Bleib` noch ein wenig bei mir, ich mag Deine Streicheleinheiten."
Erwartungsvoll beobachten diese liebenswürdigen Wesen jeden meiner Schritte in der Hoffnung auf ein wenig Aufmerksamkeit. Fischgeruch breitet sich aus, der riesige Topf mit Lachsen beginnt zu kochen. „Breakfast is ready, guys." Nun sind sie nicht mehr zu beruhigen. Ein Geheule und Gekläffe geht los – „Hey, mach` schon, ich auch, vergiss ja nicht auf mich, aah, wie das duftet, komm`, komm` endlich zu mir, mehr, ich will mehr, …" Es bedarf zwar einiger Zeit, bis sie alle versorgt sind, aber beim letzten Schöpfer ist dann alles ruhig. Ab und zu ist noch ein Schnalzen der Zunge zu hören, der Fressnapf wird blank poliert.
Never ending story
Inzwischen ist es 10 Uhr geworden. Nun beginnt meine „never ending story": Die Hundehaufen – zum Glück steinhart gefroren – müssen eingesammelt werden. Wenn ich es ganz genau nehme, dauert dies eine ganze Stunde. Wie ich diese Arbeit hasse und trotzdem ihre Notwendigkeit begreife! Drei Teams mit je 10 Hunden trainiere ich, davon eines mit sechs Monate alten Puppies. Früher konnte ich nur ganz früh oder spät fahren, in der kalten Zeit des Tages. Da es nun aber bereits den ganzen Tag über kalt bleibt, kann ich zu jeder Tageszeit fahren. Das erleichtert einiges, obwohl das leise Dahingleiten in der Dunkelheit, wenn nur der Schein der Stirnlampe auf dem Rücken der Hunde tanzt, auch ein ganz besonderes Erlebnis ist.
Nimm’ mich mit!
Wenn ich dann später Schlitten oder Fourwheeler (je nach Schneelage) in Ausgangsposition bringe, kommt wieder Bewegung in die nach dem Fressen dahin dösende Menge. Einige heben nur interessiert Ohren und Augenlider, andere recken und strecken sich bereits, sozusagen „Warm ups", in der Hoffnung, auf den Trail mitgenommen zu werden. Nehme ich dann jedoch die Harnische (Gurte) zur Hand, geht`s rund. Da wird gewedelt und gejault, um die Hütte gelaufen und gesprungen, bittende Pfoten streichen meine Arme entlang und herzerweichende Blicke folgen mir. „Nimm mich mit – ich bin heute gut drauf – geh’ nicht vorbei", fast kann ich ihre Gedanken lesen. Das „Anharnischen" ist eine Tätigkeit von raschem Überstreifen bei den routinierteren Hunden, bis hin zum Kampf eines Tierbändigers mit den lebhaft verspielten Junghunden.
Wenn ich die Hunde dann an die Leinen hänge, sind sie kaum mehr ruhig zu halten. Sie springen über die Leinen, ziehen oder beißen auch daran, und jaulen mit heiserer Stimme „Kann`s nun endlich losgehen, wie lange soll ich noch warten?!" Diejenigen, die nicht mit auf den Trail dürfen, wenden sich ab, fast so, als wären sie ein wenig beleidigt.
„Guys, ready – let’s go!" – ich kann gerade noch Schnur und Schneehaken lösen, und schon sausen wir aus dem Hof, begleitet von dem schaurig wehmütig klingenden Heulen der Zurückgelassenen. Wir, ein Team – Mensch und Tier eine Einheit bildend – gleiten in die verschneite Wildnis Alaskas. Gemeinsam erleben wir, was auf uns wartet und was es zu entdecken gibt.
Wieder zu Hause
Die Wolken geben den Blick auf die ersten Sterne frei, es wird also eine klare Nacht und noch kälter, als es ohnehin bereits ist. Futter, und das in bester Qualität, wird dann noch wichtiger. Ich schalte den großen Scheinwerfer aus, einige Hunde sind schon in ihren Hütten, andere lecken noch ihre Hüttendächer ab in der Hoffnung, einige Futterreste übersehen zu haben. „Gute Nacht, Guys!" Morgen werden sie mich wieder um 6 Uhr wecken, aber vor 7 Uhr bringt mich keiner aus dem Schlafsack …
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