Beagles – Kommen wird überbewertet …

Von Liane Rauch

Mythen in der Hundewelt

Der Beagle ist wohl das Vorzeige-Modell der „Du-weißt-aber-schon-Hunde …“. Wer hat ihn nicht schon mal gehört, diesen wohl­klingenden, leicht heiseren Spurlaut (Geläut), den der Beagle hören lässt, wenn er eine Spur verfolgt. Die fidel wippende, weiße Ruten­spitze (Fahne) entfernt sich ­immer weiter. Der Halter bleibt mit Leine und ­Hunde-losem Halsband alleine zurück. Doch ist das wirklich immer so?

Maggie, eine Beagle-Hündin aus der Nachbarschaft, war gerade einmal 5 Monate alt, als wir sie das erste Mal im Wald suchen mussten. Es war Dezember, ziemlich kalt, mit einer wunderschön geschlossenen Schneedecke. Mit einer ruckartigen Rückwärtsbewegung streifte Maggie gekonnt ihr Brustgeschirr ab und weg war sie. Sofort begaben wir uns auf die Suche nach Maggie. Maggies Spuren im Schnee waren gut sichtbar. Hören konnten wir sie auch. Ein beschwingter, noch etwas welpenhaft klingender Spurlaut wies uns die Richtung. Erwischt haben wir sie nicht. Völlig durchgefroren gaben wir die Suche auf. Maggie kam nach insgesamt 3 Stunden Ausflug zufrieden wieder zu Hause an – die großen Sorgen ihres Frauchens tangierten sie überhaupt nicht, sie ging erst mal schlafen.

Auch in den nächsten Jahren unternahm Maggie immer wieder Expeditionen durch unsere ländliche Gegend. So dicht der Zaun augenscheinlich auch war, Maggie fand jede noch so kleine Schwachstelle. Jagderfolg hatte sie nie, da sie sich auf die Komposthaufen in der Wohnsiedlung spezialisiert hatte, auf denen sie des öfteren gesichtet wurde. Im Alter von 14 Jahren verstarb Maggie an Altersschwäche.

Ursprüngliches Zuchtziel beachten
Vor allem beim Beagle ist dies sehr wichtig. Beagles sind Vertreter der sogenannten Meutehunde. Oberstes Zuchtziel waren sozialverträgliche, völlig selbständig, ohne Anweisung arbeitende Laufhunde, die mit gut hörbarem Spurlaut das Wild verfolgen und dem Jäger den Weg wiesen.

Der so genannte „will-to-please“ wäre bei Meutehunden absolut kontra­produk­tiv. Stellen Sie sich mal eine Jagd­gesellschaft vor: Beaglechen läuft voraus, bellt, dreht um, guckt den Jäger an und fragt: „… und, liebes Herrchen, wo geht’s jetzt lang? …“ Die Jagdgesellschaft wäre wohl nicht weit gekommen, wenn der Beagle wie ein Hütehund ständig „nachgefragt“ hätte. Einziges, prioritäres Zuchtziel war: selbständig suchen, laufen, verfolgen und nicht aufgeben. Beagles, die keinen ausgeprägten Jagdtrieb zeigten, zu wenig Ausdauer hatten und sich in den Meuten als aggressiv zeigten, wurden aus der Zucht genommen.

Bis ins zwanzigste Jahrhundert wurde der Beagle ausschließlich als Jagdhund gezüchtet. Die Haltung als Familienhund ist also noch ziemlich „neu“, vergleicht man diese Haltungsform mit anderen Rassen.

Crash der „Festplatte“ auf Hasenspuren
Zum beträchtlichen Jagdtrieb kommt beim Beagle noch seine überaus hohe Intelligenz. Bei manchem Beagle hat man den Eindruck, er lernt in Sekundenschnelle. Hat dieser Hund auch nur ein einziges Mal mit einem Verhalten Erfolg, zeigt er es sofort immer wieder. Egal ob es sich dabei um Gehorsams-Übungen, Tricks, DogDancing, die Möglichkeit etwas zu stehlen oder anderen Quatsch handelt. Das Gehirn des Beagles arbeitet rasend schnell. Genau so schnell setzt jedoch auch der Total-Crash der „Festplatte“ ein, wenn der Beagle etwas in der Nase hat. Nach der Hasenspur in der Nase bleibt Beagle-Haltern oft nur der vollständige „Reboot“ des niedlichen Beagleköpfchens übrig.

Erzieherisch vorbeugen
Ja, das geht auch beim Beagle. Es gibt einige Trainings-Methoden und Übungen, die schon mit dem Beagle-Baby durchgeführt werden können, ohne dem Welpen zu schaden:

Bindungsarbeit von Anfang an
Das Spiel Leckereien in die Wiese werfen und den Hund suchen lassen, ist nicht als Bindungstraining geeignet. Der Hund arbeitet hier allein und wird von der „Wiese belohnt“. Auch Ball-werfen ist der Bindung nicht dienlich, da es viele Hunde gibt, die einem verführerischen Wildgeruch doch nicht widerstehen können und den Ball dann Ball sein lassen.

Machen Sie Spiele, bei denen der Hund mit Ihnen ZUSAMMEN arbeiten muss. Spiele, bei denen sich Ihr Hund immer wieder zu Ihnen zurück orientieren muss, damit es sich lohnt. Ihr Beagle-Welpe sollte Erfolg immer sehr eng mit Ihnen verknüpfen. Ohne Sie ist der Erfolg nur halb so schön oder sogar gar nicht vorhanden.

Touch-Training
Das sogenannte Touch-Training bietet auf einfachste Weise eine enge Beziehung Ihres Hundes zu Ihrer Hand. Der Hund lernt, Ihre Hand ist der Bezugspunkt, den er immer wieder suchen soll. Handtouch-Training kann man ohne zusätzliche Hilfsmittel jederzeit und überall trainieren. Selbstverständlich braucht man, wie bei jedem anderen Training auch, am Anfang Leckereien als Belohnung.

Schleppleinen- und Distanzen-­Training
Schleppleinen-Training heißt nicht, dass man dem Hund eine lange Schnur ans Brustgeschirr bindet und darauf wartet, dass die Schleppleine den Beagle erzieht. Das funktioniert natürlich nicht. Richtiges Schleppleinen-Training hat zum Ziel, den Hund zu lehren, wie weit er sich vom Halter entfernen darf/soll, eben eine gewisse Distanz einzuhalten und dann selbständig Blickkontakt aufzunehmen oder idealerweise zum Halter umzudrehen. Natürlich nimmt dies einige Zeit in Anspruch.

„Er ist ein Traum – aber nichts für Träumer“ – Heidi Buhl über Clooney
Natürlich wird der Beagle nie ein völlig leinenloses Leben führen können. Dies gilt jedoch auch für so manchen Vertreter einer anderen Hunderasse. In Gegenden mit hoher Wilddichte bleiben sogar mein Collie und meine Dackel-Mixeline an der Leine. Freiheitsliebende Charaktere, die gerne ausgedehnte Spritztouren unternehmen, gibt es innerhalb jeder Rasse. Manchmal könnte ich jedoch den Eindruck gewinnen, dass es sich so mancher Hunde-Halter sehr leicht macht. Es wird gar nicht erst versucht, mit einem Beagle zu arbeiten. „Der ist halt so, ist halt ein Beagle, da nützt gar nichts.“ Es gibt sie nämlich schon – es gibt die Beagles, die auch Freilauf ­genießen können.

Heidi Buhl hat mit Beagle Clooney den VDH-Hundeführerschein ­abgelegt und leitet als Trainerin bei den Hunde­freunden Cham die Trick- und Dog ­Dance-Stunden. Heidi Buhl über Clooney: „Nachdem Clooney 2012 als Welpe bei mir eingezogen ist, habe ich über Handfütterung und Touch-Training sofort fleißig mit Bindungsarbeit begonnen. Konsequent und täglich. Auch heute haben wir bei jedem Spaziergang Leckereien dabei. Beim Beagle erreicht man eben viel ,über den Magen‘. Clooney trickst und tanzt sehr gerne. Wenn wir etwas Neues lernen, üben wir zweimal am Tag ca. 5 Minuten. Auch an einem Dog Dance-­Turnier haben wir schon teilgenommen. Clooney genießt immer wieder Freilauf, ­wobei ich ihn dann mit Such- und/oder Apportier-Spielen bei der Stange halte. Sein Laufbedürfnis kann ich sehr gut mit Longieren befriedigen, was auch die Harmonie in unserem Alltag bestärkt. Seine Bindung zu mir ist sehr gut und durch die frühe Förderung sehr gefestigt. Clooney ist ein Traum – aber nichts für Träumer …“

Jagdtrieb mit Nasenarbeit ­kontrollieren
Die Beagle-Hündin Jule ist in Wolfsburg bei Jutta Laufer zu Hause. Jutta hat mit Jule von Anfang an intensiv an der Bindung gearbeitet und auch Jule kann Freilauf genießen. Jutta Laufer über Jule: „Jule ist jetzt 4 Jahre alt. Ich habe in Seminaren sofort zielstrebig an ihrer Bindung zu mir gearbeitet. Jule liebt, alleine schon rassebedingt, ausge­wogene Nasenarbeit. Vor kurzem haben wir Schweißfährtenarbeit und Schleppfährtentraining begonnen, so kann ich ihren Jagdtrieb kontrolliert befriedigen. Sie hat große Freude an dieser Arbeit. Einmal pro Woche treffen wir uns zum Beaglewiesensport, immer unter einem anderen Motto. Wir bieten unseren Hunden ZOS (Zielobjektsuche), Longieren, Gehorsams-Übungen und auch mal Obedience. Leider kann ich Jule hier zu Hause nicht überall ohne Leine laufen lassen, denn wir wohnen in einer sehr wildreichen Gegend. Doch in unseren Urlauben in Oberammergau an der Ammer darf Jule mit anderen Hunden frei laufen. Da fühle ich mich sicher. Auch auf Sylt am Strand darf Jule ohne Leine toben. Von 20 Rückrufen kommt sie 20‑mal zurück. Darauf bin ich sehr stolz. Ich liebe diesen Beagle und könnte mir ein Leben ohne meine Jule nicht mehr vorstellen.“

Beagles – Kommen wird über­bewertet
Es wird beim Beagle länger dauern, bis er ein Leinen-loses Leben führen kann, das sei zugegeben. Doch bleibt man konsequent bei der Stange, ist auch dem Beagle ein zuverlässiger Rückruf schmackhaft zu machen. Es ist einfach schön anzusehen, wenn Beagles mit ­fliegenden Ohren ohne Leine über ­Wiesen toben dürfen.

Was sollte ich denn sonst zu meinem offensichtlich etwas schizophrenen Collie sagen, der denkt, er wäre ein Beagle? Er würde alles und ständig fressen, er würde alles jagen, und das ausdauernd, wenn ich es ihm erlaubte …

Pdf zu diesem Artikel: mythen_beagle

 

Das könnte Sie auch interessieren: