Australian Cattle Dog

Von Eva Holdegger-Walser

Der Australian Cattle Dog ist in Australien für die Treibarbeit an Kühen gezüchtet worden. Die ersten importierten Treib- und Hütehunde sahen vermutlich den Ahnen des Old English Sheepdogs ähnlich. Diese Tiere fühlten sich nicht wohl im heißen Klima, und ihr langes Fell war völlig ungeeignet für die australische Vegetation. 1830 importierte der Rinderzüchter Thomas Hall blau getüpfelte Drover Dogs aus Nordengland. Diese Hunde kreuzte er mit dem einheimischen Dingo. Ca. 10 Jahre später war dies eine etablierte Rasse, bekannt unter dem Namen „Hall´s Heeler".

Hall´s Heeler
Hall´s Heeler waren harte, genügsame Arbeitshunde, die halbwilde Rinderherden unter unangenehmsten klimatischen Bedingungen Hunderte von Kilometern durch schwierigstes Gelände treiben konnten. Diese Hunde waren auch treue, unbestechliche Wächter und so wertvoll, dass die Familie Hall keine Hunde verkaufte. Erst nach dem Tode von Thomas Hall im Jahre 1870 konnten interessierte Leute diese Hunde erwerben. Es gibt viele mündliche Überlieferungen von anschließenden weiteren Einkreuzungen in die Hall´s Heeler, teilweise mit den unmöglichsten Rassen. Leider sind praktisch keine Dokumente darüber vorhanden. Schade, wie gerne hätten wir doch ganz genau gewusst, was für Blut in unseren Hunden fließt. Doch müssen wir uns vor Augen halten, dass früher die Hunde (-Rassen) oftmals ganz anders aussahen als heute und dass die Arbeitsleistung das oberste Zuchtziel war.

Ausstellungs-Richter:
„Substanz" nicht mit „Fett" verwechseln!
1903 verfasste Robert Kaleski den ersten ACD-Standard, worin er das Erscheinungsbild des ACD als das eines kleinen, untersetzten Dingos beschreibt. Der Standard wurde zweimal abgeändert. Und so ist der ACD im aktuellen FCI-Standard beschrieben: „Das allgemeine Erscheinungsbild stellt einen kräftigen, kompakten und symmetrisch gebauten Gebrauchshund dar, der die Fähigkeit und den Willen hat, die ihm zugewiesene Aufgabe zu erfüllen, wie beschwerlich sie auch sei. Die Vereinigung von Substanz, Kraft, Ausgewogenheit und leistungsfähiger, starker Muskulatur muss den Eindruck von großer Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer erwecken. Jedes Anzeichen von Schwerfälligkeit oder Schwächlichkeit ist ein schwerer Fehler."

Leider werden die Wörter „kräftig und kompakt" von einigen Ausstellungs-Richtern extrem gewichtet, und sie prämieren dicke und kurzbeinige Hunde mit großen Köpfen. Aber: Der ACD ist ein Arbeitshund, und er sollte auch so aussehen!

Über den Charakter des ACD
Die usprüngliche Zucht auf Leistung war hart. Die Siedler haben nur mit den besten Treibhunden, den unbestechlichsten Wächtern gezüchtet. Diese Merkmale finden wir noch heute in unseren Hunden. Es ist schwierig „den" Cattle Dog zu beschreiben, denn es gibt sie in der ganzen Bandbreite. Vom liebenswürdigen pflegeleichten Schmusehund bis zum anspruchsvollen Dominanz-Streber! Gewisse Merkmale haben die meisten Hunde jedoch gemeinsam: Diese für die Arbeit gezüchtete Hunderasse braucht enorm viel Bewegung und eine geistige Herausforderung. Vor allem die jüngeren Hunde platzen fast vor Lebensfreude, und nur ein bisschen spazieren gehen oder neben dem Fahrrad laufen reichen nicht aus. Der ACD möchte gerne beschäftigt werden. Der ACD ist sehr rangbewusst. Schon der Welpe braucht einen Chef. Mit liebevoller Konsequenz erreicht man die besten Resultate. Früh gesetzte Regeln müssen strikt eingehalten werden, sonst testet der Hund immer wieder, wie weit er gehen kann. Vor allem während der Pubertät ist der Hundehalter gefordert, weil der ACD jede noch so kleine Inkonsequenz registriert und auch sofort ausnützt. Unsichere Menschen, die sich schlecht durchsetzen können, sollten keinen Cattle Dog halten, sonst dauert es nicht lange, bis der Hund die Führung übernimmt. ACDs werden auch Velcro- oder Schattenhunde genannt, weil sie extrem auf ihren Besitzer fixiert sind. Am liebsten sind sie den ganzen Tag bei ihrem Menschen. Gut erzogen kann man sie problemlos überall hin mitnehmen. Die meisten Cattle Dogs sind auch gute Familienhunde. Kommt der Hund früh mit lieben Kindern in Kontakt, wird der Hund zum Freund und Beschützer der Kleinen. Aber auch hier gilt die Regel: niemals Hunde und Kinder unbeaufsichtigt lassen!

Fremden gegenüber misstrauisch
Der ACD ist Fremden gegenüber eher misstrauisch und vorsichtig. Viele Hunde befolgen keine Befehle von fremden Leuten oder reagieren darauf sogar aggressiv. Dann können die Leute kaum glauben, dass der Cattle Dog zuhause das liebste, anhänglichste Schmusetierchen ist, das man sich vorstellen kann. Der Cattle Dog ist stark territorial. Seine Familie, sein Haus, sein Garten und vor allem seine fahrbare Hundehütte, das Auto, werden verteidigt. Diese an sich gute Eigenschaft kann sich auch ins Negative wenden, wenn der ACD keinen Besucher mehr ins Haus lassen will. Mit gut sozialisierten, menschenfreundlichen Welpen sollte dies jedoch nicht zum Problem werden.

Umgang mit anderen Hunden
Im Umgang mit anderen Hunden kann der Cattle Dog anstrengend sein. Vor allem Rüden gehen gerne mal auf eine Kampfaufforderung ein. An der Leine können sich ACDs aggressiv verhalten. Das Training des Sozialverhaltens anderen Hunden gegenüber ist aufwändiger als bei anderen Hunderassen!

Cattle Dogs sind oft kleine Clowns und haben einen herrlichen Humor. Der große Unterschied zum Border Collie ist der, dass der ACD neben der Arbeit immer für ein Späßchen aufgelegt ist. Diese Zeilen verstehen vermutlich nur Cattle Dog Besitzer … Wie oft lacht man doch am Tage, wenn der ACD wieder selbständig eine lustige Idee ausführt, und zwar mit diesem ihm eigenen, schelmischen Gesichtsausdruck. Und warten Sie, bis der Cattle Dog sein einzigartiges, gewinnendes Lächeln aufsetzt, dann verzeihen Sie ihm sofort jede Missetat!

Beschäftigung und Hundesport
Der ACD ist ein Multitalent und gut zu erziehen, weil er seinem Besitzer gefallen will und meistens sehr verfressen ist. Sie werden erstaunt sein, wie schnell diese Hunde lernen! Allerdings hat der ACD auch seine Eigenarten: Kadavergehorsam ist ihm fremd. Er will so motiviert werden, dass er das Gefühl hat, es sei seine Idee. Der ACD ist in der Lage selbständig zu denken. Hat er eine Aufgabe gut gemacht, erwartet er sofort eine Bestätigung. Bei mehrfacher, langweiliger Wiederholung „hängt er ganz einfach ab".

Der ACD eignet sich praktisch für alle Hundesportarten. Falls Sie aber ehrgeizig sind und viel erreichen möchten in der höchsten Klasse, dann werden Sie bestimmt glücklicher mit einem Border Collie oder einem Malinois! ACDs sind Individualisten und haben manchmal eine eigene kreative Auffassung der Befehlsausführung. Dafür werden Sie sehr viel Spaß haben mit Ihrem Cattle Dog! ACDs sind übrigens beliebte Reitbegleithunde, da sie einen wenig ausgeprägten Jagdinstinkt haben.

Die Auswahl eines ACD-Züchters
Der ACD ist ein mental starker Hund. Seine Aufzucht ist von größter Wichtigkeit, weil dort die Basis gelegt wird für sein späteres Verhalten. Schlecht sozialisierte Welpen werden später oft verhaltensauffällig. Besuchen Sie mehrere Züchter und öffnen Sie ihre Augen. Kaufen Sie keinen „Zwingerhund"! Die Welpen sollten bei der Familie mit viel menschlichem Kontakt und in einem spannenden Welpengarten aufwachsen, denn je mehr die Welpen spielerisch lernen können, desto sicherer werden sie in späteren Stress-Situationen.

Informieren Sie sich über die Gesundheitstest-Auswertungen der Zuchthunde. Hören die Eltern auf beiden Ohren, und sind evt. schon die Welpen BAER-getestet? Besitzen die Eltern ein Optigen-Zertifikat? Mindestens ein Hund sollte prcd-PRA Pattern A sein (dann werden die Welpen niemals an dieser Krankheit erblinden). Haben die Eltern ausgewertete Hüften (A-C, aber C muss mit A verpaart werden)?

Und: Es lohnt sich, etwas mehr Geld für einen gesunden und vor allem gut aufgezogenen Welpen auszugeben! Das ist längerfristig gesehen günstiger.

Tipps für Welpenbesitzer
Gut geführte Welpenspielstunden und Junghundkurse, wo der kleine Hund angenehme Erfahrungen sammeln kann, sind wichtig für das innerartliche Verhalten. Ein Tipp für Spielstundenleiter: ACDs sind oft kleine Raubeine, die meistens sehr grob spielen. Am besten kommen sie mit Jagdhunden aus.

Geben Sie ihrem Welpen während der ersten Monate kein Quietsch-Spielzeug, damit die Beißhemmung gefestigt werden kann. Machen Sie Ihrem Kleinen sofort klar, dass Sie das „Wadenzwicken" nicht tolerieren. Weitere Tipps und Informationen über diese spezielle Hunderasse finden Sie im ersten deutschsprachigen Buch „Australian Cattle Dogs" – Geschichte, Standard und Charakter, das die Autorin verfasst hat (s. Kasten).

WUFF-INFORMATION


Erbkrankheiten des ACD

Der Australian Cattle Dog ist glücklicherweise ein sehr robuster, pflegeleichter und allgemein gesunder Hund. In den meisten Fällen sieht man den Tierarzt nur für die nötigen Impfungen.
Es gibt aber keine perfekten, fehlerfreien Lebewesen, und so hat auch der ACD seinen Anteil an Erbkrankheiten.

Gen-Test zum Nachweis von Netzhauterkrankung
Für den Nachweis der schlimmsten Erkrankung, der prcd-PRA (fortschreitende Schrumpfung der Netzhaut), gibt es inzwischen einen aussagekräftigen Gen-Test. Seriöse Züchter testen ihre Zuchthunde und verpaaren ihre Tiere so, dass keine Welpen mehr erblinden!

Taubheit
Cattle Dog Welpen kommen weiß auf die Welt, und leider ist es eine traurige Tatsache, dass Tiere (auch z.B. Katzen) mit weißer Fellfarbe vermehrt von Taubheit betroffen sind. Die angeborene Taubheit ist mit dem weißen Farb-Gen verbunden und deren komplizierter Erbgang bis jetzt noch nicht entschlüsselt. Die Haarzellen in der Ohrschnecke verkümmern, und betroffene Tiere können keine Geräusche auffangen und ans Gehirn weiterleiten. Es gibt einseitig oder beidseitig taube Hunde. Dem aufmerksamen Züchter fällt ein tauber Welpe schon mit drei Wochen auf, weil er meistens weiter schläft, wenn alle Wurfgeschwister freudig an Mamas Milchbar trinken! In der Fachliteratur wird leider oft empfohlen, taube Welpen sogleich zu töten. Hat der taube Welpe ein friedliches Wesen, kann man ihn jedoch durchaus aufziehen und an einen guten Platz bei hundeerfahrenen Menschen vermitteln. Diese Hunde müssen schon von Anfang an speziell gefördert werden. Man weckt sie immer auf die gleiche, liebevolle Art auf und belohnt sie sofort, damit dieses Gefühl schon früh positiv verknüpft wird. Der ganze Wurf profitiert von einem tauben Welpen, wenn der Züchter konsequent mit Handzeichen arbeitet. Taube Hunde sind nicht krank. Sie hören nur nichts. Gerade der taube ACD, der sehr auf seinen Menschen fixiert ist, kann mit einer individuellen Erziehung und Förderung ein wunderbar anhänglicher und treuer Begleiter werden. Selbstverständlich sollten diese Tiere früh kastriert werden.

Hüftröntgen
Häufig in anderen Rassen vorkommende Krankheiten wie Epilepsie, Patella Luxation, Spondylose, Von Willebrand-Krankheit und Katarakte sind beim Cattle Dog sehr selten. Glücklicherweise ist auch die Hüftdysplasie beim Cattle Dog klinisch kein großes Thema. Es ist aber sinnvoll, nur mit geröntgten Tieren zu züchten, damit sich diese Erbkrankheit nicht einschleichen kann.

ACD INFORMATION

Der Australian Cattle Dog – ein ultrakurzer Steckbrief

• Der Ursprung des australischen „Kuhhundes" ist so vielfältig wie die Geschichte Australiens. Je nach Quelle ist dieser Hund aus dem Dingo, Collie (Drover Dog aus Nordengland), Dalmatiner (heutzutage in Frage gestellt) und dem Kelpie entstanden. Seit 1903 ist der Australian Cattle Dog eine anerkannte Rasse.

• Der ACD ist ein sehr robuster, unermüdlicher, intelligenter Arbeitshund. Er ist total auf sein Frauchen oder Herrchen und seine Familie fixiert und liebt diese über alles. Meistens ist er daheim ein anhänglicher „Schmusehund" mit viel Sinn für Humor! Fremden gegenüber ist er oft sehr reserviert. Daher ist der ACD ein vorzüglicher Wachhund.

• Diese für harte Arbeit gezüchtete Rasse braucht nicht nur viel Bewegung, sondern auch eine geistige Beschäftigung. Ohne Aufgabe entwickelt der ACD unangenehme Eigenarten. Hundesport ist da die Lösung!

• Bis jetzt ist diese Hunderasse noch nicht sehr verbreitet. Das ist auch gut so, denn der ACD gehört nur in erfahrene Hände. Er muss sehr konsequent und gerecht erzogen werden. Er hat ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, und er lebt ALLES extremer aus als andere Rassen. Rüden können recht dominant sein.

• Größe: Hündinnen 43 cm bis 48 cm, Rüden 46cm bis 51cm

• Farbe: Die Fellfarbe der ACDs ist einmalig: Es gibt sie in blau, blau getüpfelt oder blau gesprenkelt (eigentlich schwarz mit mehr oder weniger weißen Stichelhaaren) mit oder ohne schwarze Abzeichen an Kopf und Rutenansatz. Lohfarbene Zeichnung an Beinen, Brust und Kopf. Es gibt sie aber auch in rot gesprenkelt mit oder ohne rote Abzeichen.

• Wesen: Ein sog. „Einmensch-Hund". Intelligent, aufmerksam, robust, lebhaft, mutig, anhänglich, extrem loyal und sehr auf den Hundeführer bezogen. Kann ein Dominanz-Streber sein! Achtung: Der ACD braucht einen erfahrenen, aktiven, konsequenten und intelligenten Hundehalter, der mit der überschäumenden Energie dieser Hunde umgehen kann!

WUFF STELLT VOR

Die Autorin und ihr Buch

Es ist das Verdienst der Autorin, das erste deutschsprachige Buch über den Australian Cattle Dog verfasst zu haben. Liest man das für WUFF verfasste Rasseporträt, dann wird man auch an das Buch hohe Erwartungen stellen können.

• Australian Cattle Dogs – von Eva Holderegger Walser
160 Seiten, 300 Fotos u. Illustrat.
ISBN 3-033-00889-5
€ 25,– + Porto (siehe Website: www.cattledog.ch) erhältlich bei: eva@cattledog.ch

• Eva Holderegger wohnt mit ihrem Mann und ihren Tieren im Züricher Unterland, nahe der deutschen Grenze. Mit ihren Hunden ist sie aktiv in Agility und Obedience. In ihrer Certodog-zertifizierten Zuchtstätte „Silverbarn" züchtet sie in kleinem Rahmen Cattle Dogs. Dank ihrer medizinisch-therapeutischen Ausbildung liegt ihr die langfristige Gesundheit dieser Rasse sehr am Herzen.

• Kontakt zur Autorin: Tel.: 0041/448 58 09 94, Mail: eva@cattledog.ch

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