Aufgedeckt: Massenzucht im Burgenland

Von Andrea Specht und Gerald Pötz

Mammi – ich will einen Kommissar Rex. So, oder ähnlich lautet oft der Wunsch zahlreicher Kinder gegenüber ihren Eltern. Oft ist dies aber auch der Anfang eines langen Leidensweges, denn der Deutsche Schäferhund ist kein typischer „Anfängerhund". Und so landen Jahr für Jahr Hunderte Schäferhunde und deren Mischungen in den Tierheimen.
Der leider noch sehr verbreitete Weg zum Hundewelpen führt über eine Anzeige in einer Tageszeitung zum unseriösen Hundevermehrer. Ein Anruf, eine nette Stimme, tolle Versprechungen. Der Welpeninteressent fährt hin, sieht die putzigen Wollknäuel und verfällt fast in einen tranceähnlichen Zustand. Das Gehirn schaltet ab, der Verstand lässt aus und alle Sinne sind nur mehr auf die Kleinen gerichtet.

Apathisch und aggressiv
Ringsum die scheinbar durstenden Elterntiere, teilweise im eigenen Kot stehend, bei Minusgraden in den unisolierten Hütten zusammengerollt. Die rund vierzig verwahrlost wirkenden Hunde sind zum Teil apathisch, zum Teil hochaggressiv. Wir befinden uns in der Zuchtstätte „von der Schilfmühle". Die Züchterin Adelheid Müller findet trotz dieser offensichtlichen Zustände ihrer Zuchtstätte immer wieder Käufer für ihre Welpen. Frau Müller ist eine nett und sympathisch wirkende ältere Dame, die ihr Geschäft versteht. Auf unsere Frage, wie viel so ein Welpe bei ihr kostet, antwortet sie: „Wie viel wollen Sie ausgeben? Meine Hunde kosten zwischen 6.000 und 14.000 Schilling" (= 436 – 1.017 €). Wir geben zu erkennen, dass wir keine Ahnung von Welpenpreisen haben und sagen, dass wir mit etwa 10.000 (= 727 €) gerechnet hätten. „Da werden wir sicher was finden", antwortet die Hundeproduzentin und zeigt uns Welpen in allen Altersklassen. Die ängstlichen Welpen verkriechen sich panisch in die Hütten, als wir uns ihnen nähern …

Probleme vorprogrammiert
Was wir dort mit eigenen Augen sehen: Die Hunde wachsen in einer reizarmen Umgebung auf, erfahren keine Sozialisierung und haben kaum Kontakt zu Menschen. Wenn ein solcher Hund – der seine ersten sechs Lebensmonate dort verbracht hat – an einen Wohnungsplatz in der Stadt verkauft wird, sind Probleme vorprogrammiert. Im Kasten auf dieser Seite wird über das Schicksal eines solchen „Müller-Hundes" berichtet. Bei den unzähligen Würfen der Züchterin bleiben natürlich immer Hunde über, denn die meisten Käufer suchen nur einen Welpen. Die Frage, was mit den übrig gebliebenen Hunden geschehe, bleibt offen. Sogar ein Gastwirt im Ort meinte gegenüber WUFF: „Die Frau Müller ist ja eine nette Frau, aber was sie mit den vielen Hunden macht, würde mich schon interessieren".

Die Blutlinie macht’s
Nun wollen wir von der Züchterin noch wissen, was den Unterschied zwischen den billigen und den mehr als doppelt so teuren Welpen ausmache. Die Antwort lautet: „Es kommt auf die Blutlinie an." Da gäbe es große Unterschiede. Dass alle Hunde HD-frei seien und Papiere hätten, sei selbstverständlich. Wir lassen uns die Papiere zeigen. Es sind Papiere eines Clubs namens „Deutscher Schäferhunde Zucht- und Sportverein Österreich". Und der Sitz dieses Vereins ist ident mit der Wohnadresse von Frau Müller …
Hunde mit Papieren gelten in der Öffentlichkeit als reinrassig und sind überdies teurer zu verkaufen. So züchtet Frau Müller unter dem Dachverband einer „Internationalen Kynologischen Union", abgekürzt IKU. Der „von und zu" Name des Hundes und ein Stempel mit dem Aufdruck „Hochzucht" beeindrucken jeden Hundeneuling. Wie sollte er sich ohne Vorinformation auch mit Hundeverbänden auskennen, und die Seriosität von Ahnentafeln beurteilen können?

Beim Trinkwasser gespart
Obwohl die Hunde äußerlich nicht abgemagert wirken, fehlt es ihnen an etwas ganz Wichtigem: An ständig verfügbarem Wasser. Bei unserem Besuch stellen wir fest, dass alle Wasserschüsseln leer sind. Als wir Frau Müller darauf ansprechen, meint sie nur, dass es hier zur Zeit kein Wasser gäbe und sie es mit dem Schubkarren von der nahe gelegenen Gendarmeriestation holen müsse. Das sei aber mit ihren 70 Jahren sehr mühsam und so müsse man mit dem Wasser „halt sparsam umgehen" … In den Zwingern liegt zwischen den Kotbergen etwas Trockenfutter am Boden. Trockenfutter, bei dem Hunde bekanntermaßen besonders viel Wasser benötigen, damit es nicht zu gesundheitlichen Schäden kommen kann! Abgesehen vom schrecklichen Gefühl eines starken Durstdranges ohne Zugang zu Wasser.

Angebissene Ohren
Die älteren Hunde, die sich offensichtlich bereits aufgegeben haben, schleichen nur mehr still an der vorderen Zwingerseite monoton hin und her. Andere beißen in die Zwingergitter, als wir ihnen unsere Handrücken zum Beschnuppern hinhalten. Einige Hunde haben angebissene Ohren. Möglicherweise stammen diese von Raufereien oder aber von gegenseitigem „Anknabbern". Glaubt man den Verhaltensexperten, dann ist das ein typisches Zeichen einer Verhaltensstörung, wie sie bei nicht artgerechter Haltung auftreten kann.

Ergebnis Verhaltensstörung
Wir wundern uns nun nicht mehr, warum in letzter Zeit vermehrt bei Hundetherapeuten und Tierärzten verhaltensgestörte „Müller-Hunde" auftauchen. Denn das war ja auch der Grund, warum wir auf diese Züchterin aufmerksam geworden sind. Neben dem schrecklichen Eindruck, den wir dort vor Ort gewonnen haben, wirkt die Information, dass eine 6-monatige „Müller-Hündin" wegen schwerer Hüftdysplasie eingeschläfert werden musste (siehe Kasten auf Seite 7), nur mehr als letzte Bestätigung dessen, was wir mittlerweile wissen.

Tierschutz versagt
Der Fall Müller ist ein klassisches Beispiel, wie man in Österreich den Tierschutz umgehen kann. Diese Züchterin verfügt nämlich bereits über eine lange Vorgeschichte. Schon vor 20 Jahren, als Frau Müller noch bei ihrem Wohnsitz in Wiener Neustadt (Niederösterreich) züchtete, kam sie immer wieder in Konflikt mit dem niederösterreichischen Tierschutzgesetz. So wurden damals bereits einmal die Hunde beschlagnahmt und gegen Frau Müller angeblich ein Hundehalteverbot verhängt. Aufgrund der österreichischen Gegebenheiten, dass Tierschutzgesetze Landessache sind, galt dieses angebliche Hundehalteverbot nur in Niederösterreich. Was war leichter, als in ein anderes Bundesland zu ziehen? Gesagt, getan. Nachdem Gras über die Sache gewachsen war, mietete sich Frau Müller im burgenländischen Siegendorf bei Klingenbach einen ehemaligen Tennisplatz und baute dort ihre Zuchtanstalt erneut auf. Rostige Baustahlgitter dienen als Zwingerwände, die Erde leuchtet rot – vermischt mit dem Tennissand. Zugekotete Holzpaletten dienen als Liegeflächen, dazwischen wieder eine Mischung aus Kot und Erde. Gerade beim Eindruck eines so gravierenden Falles von Vernachlässigung werden daher die Rufe nach einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz wieder laut.
Der nahe gelegene Gendarmerieposten – eine Flüchtlingssammelstelle -, von dem Frau Müller angeblich ihr Wasser holt, der betreuende Tierarzt – falls es überhaupt einen gibt -, die Bewohner des kleinen Ortes; für alle ist das Grundstück mit den Hundezwingern einsehbar. Offenbar hat bis heute Niemand die Missstände angezeigt, oder es ist ohne Konsequenzen geblieben. Sind bereits viele Menschen so abgestumpft, dass sie ein Tierelend in diesem Ausmaß, wie es sich uns bot, einfach übersehen können?
Wir haben die Züchterin um eine Aussage zu den Vorwürfen ersucht, um ihr in gebotener journalistischer Sorgfalt Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Lesen Sie im anschließenden Kasten die Stellungnahme der Hundzüchterin Adelheid Müller.

Aufgrund dessen, was wir in dieser Zuchtstätte sahen und erlebten, und das wir als in höchstem Masse tierschutzrelevant ansehen, mussten wir jedenfalls handeln. Die entsprechenden Maßnahmen sind bereits in die Wege geleitet worden. Mehr darüber im nächsten WUFF.

>>> WUFF – HINTERGRUND

Gehn’s halt vor Gericht:
Hochgradige HD bei junger Hündin „von der Schilfmühle"
Erfahrungen einer ehemaligen „Müller-Kundin"

Sehr geehrte Wuff-Redaktion! Ich möchte Ihnen vom Leidensweg meiner Schäferhündin „Walentina von der Schilfmühle", genannt „Tina", berichten. Da wir unsere alte Schäferhündin im Juli 2001 einschläfern lassen mussten, nahmen wir am selben Tag über ein Zeitungsinserat mit Frau Adelheid Müller Kontakt auf. Sie hatte in Siegendorf bei der Zuckerfabrik junge Schäferwelpen, und in unserer Verzweiflung über den Tod unserer alten Hündin kauften wir Tina noch am selben Tag.
Abgesehen davon, dass Tina nicht geimpft und laut unserem Tierarzt leicht unterernährt war, hatten wir unseren Sonnenschein ins Herz geschlossen. Wir bezahlten an Frau Müller öS 10.000,- (726,73 €) und sie versprach, in den nächsten Tagen per Post den Kaufvertrag zu schicken, den wir aber nie erhielten.
Mit etwa vier Monaten begann unsere Tina leicht zu hinken. Wir dachten zunächst, es seien Wachstumsstörungen, oder ähnliches. Ein bisschen später begann Tina mit dem Hinterlauf einzuknicken. Als die rechte Hinterhand immer kräftiger wurde, aber sie auf der linken Seite keine Muskeln entwickelte, ahnten wir Fürchterliches. Am 8. Nov. 2001 wurde unsere Tina unter Narkose geröntgt. Als wir Tina abholen wollten, schüttelte unser Tierarzt nur den Kopf. Von Weinkrämpfen geschüttelt, mussten wir Tina einschläfern lassen, da es für sie keine Hilfe mehr gab. Die Diagnose lautete: Hochgradige Hüftgelenksdysplasie (HD).
Als wir Frau Müller telefonisch verständigten und ihr vorwurfsvoll die Geschichte erzählten, dass Tina wegen schwerer HD eingeschläfert werden musste, meinte sie nur: „Wenn Sie vor Gericht gehen wollen, können Sie das ruhig machen …"
Ernestine Nachtnebel

>>> WUFF – HINTERGRUND

"Müller-Schäfer" Tenngo:
Von der Schilfmühle ins Tierschutzheim

Viel Geld bezahlte das Ehepaar Purgal für den sieben Monate jungen Dt. Schäferrüden Tenngo von der Schilfmühle. Doch bereits elf Tage später saß der Teenie-Rex im Tierschutzheim Krems. Verhaltenstherapeutin Andrea Dite von der Veterinärmedizinischen Uni Wien hatte um seine Aufnahme ersucht. Der Grund: Tenngos Besitzer konnten nicht mehr. Sie waren mit den massiven Verhaltensproblemen ihres Hundes total überfordert.
Der Anruf von Andrea Dite im Tierschutzheim Krems ließ nicht unbedingt Freude aufkommen. Ohnedies randvoll und jetzt noch ein offensichtlich schwerer Fall ist kein Highlight im Tierheimbetrieb. Doch das Schicksal des Kleinen und die Alternative, anderswo ohne Therapie in einem Zwinger zu versauern, ließen Vernunft und Zweifel schnell dahinschmelzen … Tenngos Geschichte ist schnell erzählt. Erworben für stolze 12.000 Schilling (= 872 €) bei Frau Adelheid Müller aus Wr. Neustadt mit dem idyllischen Zwingernamen „Von der Schilfmühle", sollte er seinen enthusiastischen, aber unerfahrenen Besitzern in erster Linie Freude bereiten. Verwundert zwar, dass die Züchterin den Rüden aus dem Zwinger richtiggehend herauszerren musste, luden die stolzen Käufer den vierbeinigen Familienzuwachs dennoch in ihren PKW und traten die Heimreise nach Wien an. Denn aufkommende Zweifel der Hundeneulinge bezüglich dieser extremen angstvollen Widerspenstigkeit des Rüden hatte die Züchterin Müller laut Herrn Purgal mit der Erklärung, „Das ist nur jetzt, weil er nicht weg will", zerstreut. Doch es war nicht „nur jetzt" und am Verhalten des Tieres änderte sich nicht nur nichts, im Gegenteil, seine Verzweiflung steigerte sich bis zur völligen Verweigerung.

Völlig gestörter Hund
Der Hund bewegte sich nicht mehr vom Fleck, zitterte und verfiel bei jeder Berührung in eine Art Angststarre. Tenngo musste überallhin getragen werden. Er urinierte und löste sich ausschließlich im Haus, das er auf keinen Fall verlassen wollte. In ihrer Verzweiflung kontaktierten Herr und Frau Purgal Tiertherapeutin Andrea Dite und stellten Tenngo an der Uniklinik Wien vor. Auch Prof. Hermann Bubna-Littitz wurde zugezogen. Beide stellten massive Verhaltensauffälligkeiten fest, verfassten Gutachten (siehe Kasten Seite 10) und klärten die Hundehalter über notwendige therapeutische Maßnahmen auf. Es folgte ein Telefongespräch von Herrn Purgal mit der Züchterin, in dem er das Verhalten des Hundes schilderte. Der Hund ließe sich nicht streicheln, ginge nicht an der Leine, verrichte sein Geschäft nur im Haus usw., sodass anzunehmen sei, dass mit dem Hund etwas nicht stimme. Herr Purgal erwähnt im Gespräch auch, dass er eine Therapeutin von der Uni konsultiert habe. Und auf alles weiß die Gesprächspartnerin einen Rat: Einen Therapeuten brauche er nicht, der rede ja nur, vielmehr benötige er einen von ihr empfohlenen jungen Mann, der den Hund „in die Hand nehme". Vielleicht ginge er dann schon nach zwei Tagen an der Leine. Herr Purgal warf ein, dass er keinen jungen Mann benötige, sondern einen gesunden Hund. Die Züchterin bezeichnete dann die Wünsche des Käufers als überzogen, und meinte, dass der Hund noch „zu jung zum Arbeiten" sei. Doch Herr Purgal wollte nicht mit dem Hund arbeiten, sondern er wollte nur, dass er zu einem halbwegs normalen Verhalten kommt. Auf den Kaufpreis von immerhin 12.000 Schilling angesprochen, beschwört die Züchterin dann im Gespräch, „normal geht er eh" – und verweist neuerlich auf den jungen Mann, der besser sei als ein Therapeut, und nur wenig koste.

Hält sich bedeckt
Auf die Frage des Käufers, was denn der Hund ihrer Meinung nach habe, hält sich die Frau bedeckt, sie könne nicht hellsehen. „Bei mir war der Hund immer normal", beteuerte sie, „aber dann hat er halt gemerkt, dass er jetzt an die Leine kommt." Mittlerweile genervt erwiderte Herr Purgal: „Ich kann doch nicht ohne Leine mit ihm gehen". Dann urgiert er noch die versprochenen Papiere und den ausständigen Kaufvertrag. Da erwähnt die Züchterin plötzlich ein „Futtergeld", das noch dazukäme (?) und verspricht die baldige Zusendung mittels Einschreiben. Eine Frage hat Herr Purgal noch, warum denn der Rüde keine Tätowierung aufweise. Auch da hat die Befragte eine passende Antwort parat. Das sei Schnee von gestern. Das gäbe es nicht mehr, denn heute müsse der Käufer und nicht der Züchter den Hund chippen lassen und die Nummer selbst in die Impfpapiere eintragen. Dann werde die Nummer vom Impfpass in die Papiere übertragen. Basta.
Dazu kommt es nicht mehr, denn Herr Purgal kapituliert nach weniger als zwei Wochen. Als unbedarfter Hundeanfänger ist er einfach überfordert. Fairerweise muss man anfügen, dass eine Therapie im reizüberfluteten Großstadtmilieau für Tenngo ohnedies ein sehr schwieriges Unterfangen gewesen wäre. Der Rüde hatte ja bislang außer seinem Zwinger in der Einöde vermutlich nichts kennen gelernt. Im eher ruhigen Tierschutzheim Krems würden sich seine Verhaltensprobleme viel leichter behandeln und lösen lassen. Es kommt übrigens tatsächlich noch ein eingeschriebener Brief von der Züchterin, doch für dessen Behebung hätte Herr Purgal nochmals 2000 Schilling (= 145 €) bezahlen müssen. Das lässt er dann doch sein …

Ein gutes Ende
Für alle Leser, die Tenngos Schicksal nicht kaltgelassen hat, die frohe Nachricht am Schluss. Schilfmühlen-Patient Tenngo hat sich in den drei Monaten im Tierschutzheim so gut erholt und so positive Fortschritte gemacht, dass er noch vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe seinen neuen Besitzern übergeben werden konnte. Seine Therapie ist abgeschlossen. Tenngo hat sein Schneckenhaus endgültig verlassen, spielt und tobt wie andere Artgenossen seines Alters und hat genug Selbstbewusstsein gesammelt, um neugierig auf fremde Menschen zuzugehen und neue Eindrücke zu verarbeiten. Für Tenngo war das Tierschutzheim eine Chance, die er für sich nutzen konnte. Geholfen haben ihm dabei seine Jugend und seine engagierten Trainer im Tierschutzheim Krems.

>>> WUFF – HINTERGRUND

Schwarz auf Weiß: Das Gutachten
Das Gutachten erstellte A. Univ. Prof. Dr. H. Bubna-Littitz, Leiter der Tierpsychologischen Beratungsstelle, Institut für Physiologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, A-1210 Wien.

Gutachten über den Hund „Tenngo von der Schilfmühle" von Herrn und Frau Purgal
Vorgeschichte
Am 3. Dezember 2001 wird mir der Deutsche Schäferhund Tenngo (Rüde, schwarzbraun, geb. 3.4.2001) an der Veterinärmedizinischen Universität Wien vor dem Gebäude HA in Beisein des Besitzerehepaares und der Hundetrainerin Frau Andrea Dite vorgestellt. Der Hund wurde am 18. November von der Hundezüchterin Adelheid Müller, angeblich zum Preis von ATS 12.000, gekauft. Zum Kaufzeitpunkt war der Hund 7 Monate alt.

Gutachterliche Stellungnahme
Der Hund liegt in Bauchlage bei meinem Eintreffen am Boden. Er lässt sich nur unter Leinenzug zum Aufstehen bringen. Auch Fortbewegung ist nur unter Leinenzug möglich. Die Ohren sind meist seitlich gestellt, der Schwanz wird tief getragen. All dies sind Zeichen von Angst. Der Hund kann von mir gestreichelt werden, zeigt aber auch dabei die Zeichen der Angst. Die Vorderpfoten sind von Speichel durchtränkt: Auch dies ist ein Hinweis auf Angstzustände. Auch bei der Untersuchung zeigt der Hund vermehrte Speichelbildung. Bei den wenigen Schritten, die der Hund macht, ist der Rücken nach oben gekrümmt. Die Bewegungen der Hinterextremitäten sind unsicher. Beim Stehen werden die beiden Hinterfüße weit unter den Körper gestellt.
Eine Angstsymptomatik, wie sie der Hund Tenngo zeigt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit bedingt durch eine unsachgemäße Aufzucht: Hunde, die isoliert von Umweltreizen aufgezogen werden, sind sehr oft der Reizflut der alltäglichen Umwelt nicht gewachsen und zeigen extreme Angstsymptomatik. Die beobachtete Unsicherheit der Hinterextremitäten beim Gehen geben zu der Vermutung Anlass, dass der Hund nicht nur unter Reizdeprivation gehalten wurde, sondern auch unter Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Durch eine klinische Untersuchung sollte abgeklärt werden, ob die beobachteten Bewegungsstörungen nicht durch Fehlentwicklung des Skelettes infolge mangelhafter Ernährung des Hundes aufgetreten sind.

>>> STELLUNGNAHME

Adelheid Müller bezieht zu den Vorwürfen Stellung

Die in Ihrem Schreiben angeblichen Missstände sind nicht zutreffend. Die Hundehaltung wird laufend kontrolliert und ersuche ich, diesbezüglich die Amtstierärztin Frau Dr. Welcher zu kontaktieren. BH Eisenstadt-Umgebung, 02682/706-0.
Bezüglich Trinkwasser – die Wasserleitung befindet sich über der Straße und außer im Winter ist fließendes Wasser vor den Zwingertüren. Auch im Winter ist die Trinkwasserversorgung unbeschränkt und problemlos durchführbar.
Alle Hundehütten sind isoliert. Die Hütten der Firma H. sind original nicht isoliert, meine wurden isoliert. Bemerken möchte ich, dass zehn der Hundehütten beheizbar (elektrisch) sind. Die Zwinger werden laufend und regelmäßig gereinigt.
Bei der Zuchtstätte zu wohnen ist nicht möglich, da im verbauten Gebiet wegen Lärmbelästigung dies untersagt ist. Ein Gartenhaus auf dem Areal der Hundehaltung, in welchem ich auch nächtigen konnte, musste laut Behörde entfernt werden.
Betreffend Hundehalteverbot, besteht keines, dies bezieht sich auf das Jahr 1982, also vor 20 Jahren, längst verjährt, ein Vorhalten werde ich strafrechtlich verfolgen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Adelheid Müller

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