Aktive Bewegungstherapie

Besitzer, deren Hunde an arthrotischen Gelenkveränderungen leiden, neigen dazu, ihr Tier zu schonen, d.h. sie schränken die Bewegung des Tieres bewusst ein bzw. geben der Bewegungsunlust der Hunde nach. Genau dies aber unterstützt das Krankheitsgeschehen, denn von der Bewegung eines Gelenkes hängt die Ernährung der dazugehörigen Strukturen ab. Die für den reibungslosen Ablauf notwendige Gelenkflüssigkeit (Synovia) wird von dem Gelenkknorpel bei Belastung bzw. Bewegung produziert und durch die Bewegung auch entsprechend im Gelenk verteilt. Es ist dadurch verständlich, dass inaktive Gelenke schnell Folgeerkrankungen aufweisen. Ein nicht optimal ernährter Gelenkknorpel verliert seine Stabilität, die Gleitfähigkeit des Gelenkes verringert sich und es kommt zu Reparaturprozessen durch den Körper. Diese bilden sich innerhalb und außerhalb des Gelenkes in Form von knöchernen Zubildungen, die wiederum die Gesamtsituation im Gelenk drastisch verschlechtern, die Beweglichkeit nimmt ab und der Teufelskreis seinen Lauf. Knirschende, z.T. knackende Gelenke mit starker Einschränkung der Beweglichkeit sind die Folge.

Krankengymnastik
Auch in der Veterinärmedizin hat sich der Begriff der Krankengymnastik im Laufe der Jahre „eingebürgert" und beinhaltet oftmals kombinierte Anwendungen aus Massage (s. letzte beiden Ausgaben WUFF) und aktiven oder passiven Behandlungsformen, welche den oben beschriebenen Teufelskreis unterbrechen sollen. Neben der Auswahl der effektivsten Behandlungsform stellt sich schnell die Frage, welche Bewegungen man dem Tier denn überhaupt abverlangen kann?

Es gilt hierbei, dass nur Bewegungen aus dem natürlichen Grundbewegungsrepertoire der Tiere diagnostisch wie auch therapeutisch genutzt werden. Beim Hund (wie auch beim Menschen) zählen zu diesen Grundbewegungen folgende 14 Arten:

Natürliche BewegungenKörperteilBewegungsrichtung  1Kopf und Hals Zur Seite 2Kopf und HalsNach unten 3Kopf und HalsNach oben 4VorderbeinNach vorne 5VorderbeinNach hinten 6VorderbeinZur Seite 7Vorderbein Zur Körpermitte 8HinterbeinNach vorne 9HinterbeinNach hinten 10HinterbeinZur Seite 11HinterbeinZur Körpermitte 12KörperGekrümmt 13KörperGestreckt 14KörperSeitlich gekrümmt

In der Fachsprache werden für die verschiedenen Bewegungen Namen aus dem Lateinischen gewählt. So heißt die Beugung Flexion, die Streckung Extension, das Nach-vorne-Führen einer Gliedmaße Protraktion, das Rückwärts-Führen Retraktion.

Wird ein Bein seitlich vom Körper weggeführt, spricht man von einer Abduktion, während das Heranführen der Extremität in Richtung Körpermitte als Adduktion bezeichnet wird.

Nun muss man „nur" noch sein Tier soweit bringen, genau die notwendigen Bewegungen auch durchzuführen. Wie einfach ist es doch beim Menschen: Der hebt seinen Arm oder sein Bein nach mündlicher Anleitung in alle geforderten Richtungen, aber auch er freut sich über ein Lob durch den Therapeuten. Und genauso muss auch das Tier motiviert werden. Insbesondere die Bewegungen von Kopf und Hals lassen sich durch Hilfsmittel wie Spielzeug oder Leckerchen ohne weiteres und auch ohne Kraftausübung am stehenden oder sitzenden Tier durchführen.

Alle weiteren Bewegungsarten sind im Rahmen gezielter Bewegungsabläufe von dem Tier abzuverlangen, und auch hier ist der „Motivationshappen" im Sinne der Kooperation des Vierbeiners nicht zu unterschätzen. Es ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass die Therapie über einen langen Zeitraum Halter und Hund begleiten wird, und somit ist es besonders wichtig, dem Tier die Arbeit schmackhaft und erfreulich zu gestalten.

Je nach Therapieziel lassen sich folgende bewegungstherapeutische Maßnahmen durchführen:

Geh-Übungen 
• als Slalomparcours, hierfür können gezielt Hindernisse aufgebaut werden, deren Zwischenabstände an die Tiergröße und dessen Erkrankungsbild angepasst sind, es sind jedoch mit etwas Fantasie auch natürliche Hindernisse wie Bäume zu nutzen. Die Tiere werden in Bögen um diese Hindernisse geführt, und es werden hierbei u.a.die Rückenmuskulatur und das Koordinationsvermögen des Tieres geschult. (Bild 2)




• ohne Nutzung von Hindernissen als Ersatz des Slalomtrainings durch gezieltes Laufen von Achtertouren mit unterschiedlichem Durchmesser.

• als Cavalettiparcours, darunter versteht man das Überwinden von Hindernissen, welche in der Höhe an die Tiergröße und das Krankheitsgeschehen angepasst werden müssen. (Bild 3)





• auf weichem Untergrund wie z.B. Sand, Schnee etc.

• in Form von Bewegung auf schiefen Ebenen sind vorzüglich zum Training der Muskulatur von Vorder- und Hintergliedmaßen geeignet. Im langsamen Schritt durchgeführt ist das Bergabgehen gezieltes Training für die Vorderhand, das Bergaufgehen für die Hinterhand. (Bild 4 )






Steh-Übungen
• auf unsicherem Untergrund, hierzu können weiche Schaummatten genauso Verwendung finden wie Balancierscheiben oder Kindertrampoline (Bild 5). Die Tiere werden hierbei in ihrem Gleichgewichtssinn gefordert und müssen dieses mit kleinen Ausgleichsbewegungen erhalten und fördern.








Bewegung im Wasser
Der Vorteil dieser Trainingsform liegt im Wasserauftrieb und der daraus entstehenden Reduktion des Eigengewichtes des Körpers. Schmerzende Gliedmaßen werden entlastet und die verschiedenen Gelenke können bewegt werden. Es zählt hierzu einerseits das Schwimmen, jedoch ist das Laufen im Wasser die idealste, koordinierte Bewegungsform. Unter natürlichen Bedingungen (Strand, Sandkuhle …) können die Tiere am Rand entlang geführt werden, es ist dabei aber auf die Beschaffenheit des Untergrundes zu achten, der möglichst eben sein sollte.

Die Therapie auf dem Unterwasserlaufband (Bild 6) ermöglicht darüber hinaus auch das gezielte Führen erkrankter Gliedmaßen, um koordinierte Bewegungsabläufe (wenn möglich) wieder herzustellen. Neben der optimalen Ernährung der Gelenke kommt es gezielt zum Muskelaufbau, der nicht nur eine Bewegungsnormalisierung, sondern auch eine Gelenkstabilisierung nach sich zieht, wie sie z.B. bei Hunden mit Hüftgelenkdysplasie (HD) anzustreben ist.


Was ist nun von Seiten des Tierbesitzers zu beachten?

Grundsätzlich gilt: Niemals überfordern!
Das heißt, ein dem Tier und seinem Gesamtzustand angepasster Therapieplan (evtl. auch Vorsorgeplan bei einem gesunden Hund, denn warum erst erkranken lassen, wenn Krankengymnastik im Vorfeld bereits gesundheitsfördernd ist?) ist zusammen mit dem Therapeuten auszuarbeiten. Hierbei sind natürlich auch „Tabus" anzusprechen, d.h. es muss dem Besitzer am Ende klar sein, welche Bewegungen denn überhaupt nicht gesundheitsfördernd für sein Tier sind, denn nur so kann er sie (größtenteils) umgehen.

Die oben genannten Therapiemaßnahmen können in verschiedenen Kombinationen mehrmals täglich durchgeführt werden, jedoch sollten die Einzelmaßnahmen nicht länger als 15 Minuten in Anspruch nehmen (auch die Konzentrationsfähigkeit von Mensch und Hund spielt hierbei eine Rolle).

Bei der Durchführung der Therapie sind der menschlichen Fantasie kaum Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, gezielte Maßnahmen in das Alltagsleben von Mensch und Hund einzufügen. Waldspaziergänge eignen sich extrem gut für Slalomwege zwischen den Bäumen (auch Parkuhren in der Stadt sind nicht zu verachten!!!), Hindernisarbeit über Bruchholz und unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten sind dort ohne Probleme aufzufinden. Es soll natürlich ernsthaft und gezielt gearbeitet werden, aber es spricht nichts dagegen, dies für den Hund und seinen Besitzer so angenehm wie möglich zu gestalten.

WUFF-GEWINNSPIEL

 


Das große Physio-Gewinnspiel

Ein Gewinnspiel des Vierbeiner Reha-Zentrums zusammen mit dem Berggasthof Johannishögl in Piding für WUFF-Leser.

In dieser und den nächsten 6 Ausgaben des Hundemagazins WUFF wird über die einzelnen Methoden der Physikalischen Medizin bzw. Physiotherapie berichtet. Zu jedem Artikel wird eine Frage gestellt. Von drei angebotenen Antworten (A, B oder C) ist nur eine richtig. Am Ende der WUFF-Serie werden alle 12 Lösungen an das Hundemagazin WUFF eingesandt.

Frage Nr. 6:
Wie nennt man das Heranführen der Gliedmaße in Richtung Körpermitte?
A Retraktion
B Abduktion
C Adduktion

Die Antwort (Buchstabe A, B oder C) notieren Sie bitte auf dem Kupon aus Heft 11/06, Seite 26, oder zum Downloaden unter www.wuff.at im Menü Service > Tipps & Infos (zum Ausschneiden und Aufbewahren).

Erst wenn Sie alle 12 Lösungen gefunden haben, senden Sie den Kupon an WUFF, Kennwort Physio, Adresse siehe auf dem Kupon.

Einsendeschluss ist der 31.1.2008


Die Preise

• 1. Preis: 7-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund im Berggasthof Johannishögl, Piding, inkl. Frühstück. Plus: Eine 7-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund.
• 2. Preis: 4-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund (s.o.) und eine 4-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund (s.o.).
• 3. Preis: 2-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund (s.o.) und eine 2-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund (s.o.).

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen! Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist nicht an den Kauf von WUFF gebunden.


 

WUFF STELLT VOR


Die Autoren

• Dr. med. vet. Susanne Hartmann
c/o Vierbeiner Reha-Zentrum GmbH, Dr.-Marc-Str. 4, D–34537 Bad Wildungen, Tel.: +49 5621 802880

• Dr. med. vet. Andreas Zohmann
c/o Vierbeiner Reha-Zentrum GmbH, Salzburger Str. 30, D–83451 Piding, Tel.: +49 8651 762700

www.vierbeiner-rehazentrum.de

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