Achtung Tierschutz-Dramaqueen – Meine Meinung

Von Rosa Hackl

Dramaqueen – das ist ein umgangssprachlicher Ausdruck aus dem Englischen kommend und bezeichnet Menschen, die regelmäßig überzogen emotional und ich-bezogen reagieren. Das kann liebenswert sein, zum Beispiel, wenn die Dramaqueen noch sehr klein ist, zum Beispiel im Grundschulalter. Das kann aber nervig werden, wenn sie – schon in die Jahre gekommen – immer noch dieses Verhalten zeigt.

Tierschutz scheint die älteren „Dramaqueens" magisch anzuziehen
Man sollte eigentlich ­meinen, dass Tierschützer rund um die Uhr ausgelastet sind, denn immerhin gibt es sehr viele Tiere, die Schutz brauchen, und die meisten Tierschützer haben auch eigene Tiere zu versorgen. Das aber kostet viel Zeit. Jeder ­Hundehalter weiß, wie viel Zeit auch nur ein oder zwei Vierbeiner in Anspruch nehmen. ­Tierschützer haben meist mehr als einen oder zwei Hunde, zwischen 20 und 40 Pfoten tapsen bei vielen herum. Das mag der Grund sein, warum man von ­echten Tierschützern im Netz ­selten etwas liest, denn sie haben einfach keine Zeit. Sie sind mit der Rettung von Tieren beschäftigt oder mit der Versorgung der eigenen Lieblinge.

Und dann gibt’s die Tierschützer, die man dauernd im Internet trifft. Man fragt sich, wann die schlafen oder ob die sich heimlich geklont haben, denn liest man, was sie alles tun, dann ist das unvereinbar mit den Onlinezeiten. Wobei im Zeitalter des Smartphones …

Und dann gibt es, last but not least, die „Tierschutz-Dramaqueens". Die sind nicht nur dauernd im Netz, sie brauchen auch dauernd Aufmerksamkeit. Schon vor dem ersten Kaffee posten sie: „Haaast Du schoooon gehöööört?" Hat man ­meistens noch nicht, schon gar nicht vor der ersten ­Tasse mit dem heißen schwarzen Inhalt. Tippt man dann die Antwort „nein" in die Tasten und hatte noch keinen Kaffee, so ist das ein eklatanter Fehler, denn so ganz ohne schafft man es nicht, dem Tierschutz-­Gossip zu folgen, der aber auf das unbedachte „nein" nun in jedem Fall folgt. Wer mit wem nicht kann und warum, wer wen wann wo und wie beleidigt hat, wer gerade auf einer der 1001 schwarzen Listen gelandet und daher völlig unmöglich ist, wer gerade wen recherchiert und warum, mit wem man noch reden darf, wen man besser nicht kennt und wen man unbedingt entfreunden oder befreunden muss. Wie gesagt, ohne ­Kaffee eindeutig nicht machbar.

Während andere noch missmutig die Zähne putzen, hat die Tierschutz-Dramaqueen schon den ersten ausge­büxten Hund, mindestens 10 Vierbeiner, die Plätze suchen, 2-3 Fotos, wo Tiere gequält werden, und einen supertollen, sowie einen supermiesen Verein gepostet. Denn Tierschutz ist auch Verteilen von Information, was ja zweifellos stimmt, aber wenn ungefiltert und flutartig gepostet, eher zur Desinformation verkommt.

Die Energie einer Tierschutz-Dramaqueen ist meist ein „Duracell-Hase hoch 10", denn neben dem Posten betreut sie mindestens noch 3 Geheimgruppen, ist Mitglied in über 100 Gruppen und hat immer mehr als ein PN-Fenster offen. Man fragt sich ernsthaft, wann sie ihren Kaffee trinkt oder ihre Vierbeiner füttert.

Treffsicher findet sie ein Thema, das „Like-vielversprechend" ist, dem widmet sie dann ihre geballte Energie. Das kann viel sein, vom entlaufenen Vierbeiner über gequälte Vierbeiner bis zu skandalträchtigen Vereinen. Ist das Thema gewählt, dann widmet sie sich dem mit voller Hingabe. So lange, bis sie genügend Leute davon überzeugt hat, dass die was tun müssen. Denn selbst hat sie nicht die Zeit dazu, sie muss ja ihre Gruppen, ihre Chats, ihre Pinnwand betreiben. Geht’s nicht ganz ohne ihre aktive Teilnahme, versucht sie die so kurz wie möglich zu halten, mit dem Argument, dass sie auch eigene Tiere hat, um die sie sich schließlich kümmern muss.

Ist das Projekt erfolgreich abgeschlossen, dann vermeldet sie das sofort auf ihrer Pinnwand, wenn’s geht mit Bild und vielen Herzen. Geht das Projekt allerdings in die Hose, dann fallen ihr 1000 widrige Umstände ein und schuld sind immer die anderen. Dann gibt’s statt Herzen weinende Smileys – was würden Tierschutz-Dramaqueens ohne Smileys tun …

Wenn ihr allerdings jemand ihren „verdienten" Erfolg streitig macht oder leise Kritik äußert, die nicht in das Konzept der widrigen Umstände passt, dann zeigt sie ihre Krallen und hat plötzlich Haare auf den Zähnen. Sie gründet sofort eine Geheimgruppe, um über den frechen Kritiker zu recherchieren und um sich den wohlverdienten Trost und Mut zusprechen zu ­lassen. Gefolge hat sie meist genug. Manche ­Tierschützer lieben ­Drama, sie lieben bewegende Bilder, aufwühlende Postings, ­nervenzerfetzende Geschichten. Die Tierschutz-Dramaqueen hat das im Repertoire, sie weiß, was ihr Publikum will …

So manche Tierschutz-Dramaqueen hat als echter Tierschützer angefangen, hat die Höhen und Tiefen, die dieses Leben mit sich bringt, miterlebt. Sie ist vielleicht irgendwann als ehrlicher Tierschützer zerbrochen an der Realität, denn die ist hart. Viele Tiere, viel Leid, und nicht immer kann man helfen. Sowas kann Menschen brechen, sie der Realität entfremden. Manche reagieren darauf, indem sie sich eine eigene Realität schaffen oder die vorhandene übersteigern.

Das ist nicht gut für den Tierschutz, denn er wird damit zu einer ­verzerrten, traurigen Komödie. Es führt zu Zwist und Streit, viel Zeit und Energie geht verloren, wenn man um des Kaisers Bart streitet. Auf der ­Strecke bleiben dabei die Tiere, die zweifellos Hilfe brauchen. Auf der Strecke bleibt aber auch der Mensch. Denn wenn einen nur noch das Drama am Leben erhält und die Realität in den ­virtuellen Raum wechselt, dann verliert man sich. Bricht vielleicht zum zweiten Mal daran.

Tierschützer brauchen viel Bodenhaftung, sie ­müssen sich erden, sie müssen das Drama meiden, denn sonst verlieren sie sich selbst.

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