In Angola gehen die Menschen mit Hunden viel besser um als in anderen afrikanischen Ländern. In Namibia, wo Paule kastriert wird, wollen Beamte dauernd Geschenke, und in Südafrika sind Hunde in Hotels und auf Campingplätzen unerwünscht.
Heutzutage ein Visum für Angola zu ergattern, ist eine große Herausforderung. Wir haben sie glücklicherweise gemeistert. Wir müssen nicht nur 150 Euro pro Person zahlen, sondern auch mehrere Bittschriften in mehreren Sprachen an die Botschaft schicken, zusammen mit einem aktuellen Kontoauszug, um zu beweisen, dass wir uns einen Aufenthalt in Angola leisten können. Schon an unserem ersten Tag in diesem großen vom Bürgerkrieg gebeutelten Land stellen wir fest, dass die Frage nach unseren finanziellen Mitteln durchaus berechtigt war: Die Kosten für Essen und Übernachtung steigen ins Unermessliche. Als wir uns die 500 US-Dollar pro Nacht für ein Hotel in der modernen Hauptstadt Luanda nicht leisten können, erhalten wir die Erlaubnis, im Auto auf dem bewachten Parkplatz übernachten zu dürfen. Wir sind dafür sehr dankbar. Allerdings sind Hunde unerwünscht, und so müssen wir Paule die ganze Nacht hindurch verstecken, wenn wir nicht rausgeworfen werden wollen. Paule macht super mit, und wir sind erleichtert.
In den nächsten Tagen kommen wir im Süden des Landes bei Einheimischen unter. Die Menschen sind sehr offen und herzlich, aber sehr arm. Wir fragen uns, wie sie sich überhaupt ernähren können, kosten doch 2 Kilogramm Kartoffeln schon 10 US-Dollar. Die meisten Familien, bei denen wir bleiben, haben eigene Hunde und gehen mit diesen auffallend liebevoll um. Das haben wir in Westafrika schon ganz anders erlebt. Auf den Straßen fallen uns allerdings besonders viele überfahrene Hunde auf. Vielleicht liegt das an den relativ neu gebauten Straßen, auf denen die Fahrer sehr schnell fahren können, vielleicht aber auch daran, dass das Leben in diesem Land, in dem viele Jahre Krieg geherrscht hat, weniger hoch geschätzt und der Tod allgemein allgegenwärtiger und akzeptierter ist. Jedenfalls scheint es die Fahrer offensichtlich nicht zu stören, über Hunde und andere Tiere hinwegzurasen.
Namibia begrüßt uns heiß und schwül
Der Grenzübergang gestaltet sich schwierig: Die namibischen Beamten sind herrisch und korrupt. Immer wieder muss ich die Frage nach Geschenken abwehren. Wir wundern uns, sind wir doch davon ausgegangen, dass jetzt ab Namibia alles anders wird: Wir brauchen kein Visum, kommen in ein hochtouristisches Land und sprechen die Sprache(n) des Landes (Englisch und auch Deutsch). Während ich mich an der Grenze um die Einreiseformalitäten kümmere, bleibt Loyal mit Paule im Auto. Paule passt es gar nicht, dass ich den Landy verlassen habe. Er ist unruhig und macht grummelnde Geräusche. Loyal versucht, ihn zu beruhigen. „Mit wem sprechen Sie?“, fragt ihn eine Frau vom Zoll und tritt nahe ans Auto heran. „Mit unserem Hund“, antwortet Loyal wahrheitsgemäß. Nun macht Paule auch noch seine „Wohooo“-Geräusche, die sich nicht überhören lassen. „Der Hund kommt hier auf keinen Fall rein!“, ist sich die Frau sicher. „Warum nicht?“, meint Loyal, „Wir haben alle Papiere!“ „So! Er kommt hier nicht rein! Aber die Papiere können Sie mir ja trotzdem mal zeigen!“ Loyal reicht ihr Paules Impfausweis. Die letzte Auffrischungsimpfung ist nur 2 Wochen her. Hinter dem Datum hat der Arzt das gleiche Datum für 2014 notiert – dann ist die nächste Impfung fällig. Der Impfausweis ist auf Französisch. Die Beamtin versteht gar nichts. Loyal weist auf die Daten hin: „Sehen Sie, das ist die Erlaubnis für Namibia, die ist genau ein Jahr gültig!“ Die Frau liest erneut, versteht immer noch nichts, reicht dann aber den Ausweis mit den Worten zurück: „Ja, wenn das so ist, dann kommt der Hund wohl doch hier rein!“ Loyal ist sehr erleichtert!
Die nächsten Tage sind für uns Entspannung pur. Wir genießen die gute Infrastruktur, das tolle Essen und den Kontakt zu anderen Reisenden. In den letzten Wochen und Monaten sind wir nur einmal anderen Overlandern begegnet. Hier in Namibia können wir uns zum ersten Mal mit anderen austauschen. In der Hauptstadt Windhuk bleiben wir auf dem Parkplatz eines Hostels und genießen die fast durchgängige Stromversorgung und das Internet. Beides erscheint uns als großer Luxus.
Paule wird in Namibia kastriert
Gleich am ersten Tag machen wir uns auf den Weg zu einer Tierärztin. Wir wollen klären, ob wir noch nachträglich die offizielle Einreiseerlaubnis für Paule beantragen können und uns gleichzeitig das Einreiseformular für Südafrika ausstellen lassen. Die Ärztin Minty ist sehr nett und erweckt gleich unser Vertrauen. Die Praxis unterscheidet sich in der Ausstattung und Hygiene nicht von deutschen Tierarztpraxen. Als wir ihr von Paules Aggressionsanfällen nach dem Kauen eines Knochen berichten, rät sie uns, Paule frühzeitig kastrieren zu lassen. Loyal und ich überlegen nur kurz und melden ihn dann für die gleiche Woche zur OP an. Uns erscheint Namibia das geeignete Land, um diese OP durchzuführen und auch die nachfolgende Heilung zu garantieren.
Am OP-Morgen selbst ist mir sehr mulmig zumute. Eigentlich will ich unseren kleinen Begleiter morgens gar nicht mehr in der Praxis abgeben. Ich muss regelrecht mit den Tränen kämpfen. Den ganzen Tag über sind Loyal und ich nervös. Wir hoffen, dass alles gut gegangen ist. Um vier Uhr nachmittags holen wir Paule ab. Er ist von der Narkose etwas benommen, ansonsten aber wohlauf. Wir sind sehr erleichtert. Minty hat Paule nicht nur kastriert, sondern ihm auch Blut abgenommen, um den Tollwutantikörpertest durchzuführen, den wir für die Einreise nach Deutschland brauchen. Der Test muss mindestens drei Monate vor der Einreise durchgeführt werden. „Leider können wir die Untersuchung nicht hier vor Ort machen, sondern ich muss das Blut nach Südafrika schicken. Dort werden sie das Zertifikat ausstellen und an eure Adresse in Deutschland schicken“, informiert uns die Tierärztin.
In den nächsten Tagen ist Paule sehr ruhig und schläft viel. Die Wunde heilt sehr schnell. Immer wieder vergisst Paule, dass er eigentlich Schmerzen hat, und beginnt, sich unbändig zu freuen, wenn er Loyal oder mich sieht. Das führt allerdings nur dazu, dass er seine Wunde anspannt und Schmerzen hat. Dann jault er. Wir wissen gar nicht, wie wir ihn schnell genug vom Freuen abhalten können, um das Jaulen danach zu verhindern. Auch das Gassigehen wird zur Strapaze, weil Paule Schmerzen hat.
Nach ein paar Ruhetagen in Windhuk fahren wir weiter nach Swakopmund an die Küste des Landes. Hier wird es abends und in der Nacht oft empfindlich kalt. Das Thermometer fällt nicht selten unter zehn Grad. Im Winter kann es hier sogar schneien. Zum ersten Mal seit unserer Abreise kramen wir unsere Jacken und warmen Jeans hervor. Paule leidet sichtbar unter dem Klimawechsel. Schließlich kaufen wir ihm in einem Tiershop ein kleines Hundejäckchen. „Das ist ja echt peinlich!“, stöhnt Loyal, „Hier haben viele Menschen nicht einmal so schöne Sachen und wir kleiden unseren Hund an!“ Immer, wenn ich Paule die Jacke in den nächsten Tagen anziehen will, protestiert Loyal: „Das ist ja total peinlich! Wenn du ihm die jetzt anziehst, dann lässt du ihn aber bitteschön auch im Auto. Was sollen denn die Leute hier denken?“ Paule selbst scheint das neue Kleidungsstück als angenehm zu empfinden. Trotzdem hält es ihn nachts nicht davon ab, zu uns auf die Schlafstelle zu springen und sich zwischen uns zu kuscheln. Er weiß, wo es am wärmsten ist.
Einreise in Südafrika
Die offizielle Einfuhrerlaubnis für Hunde nach Südafrika bekommen wir beim staatlichen Tierarzt in der Hauptstadt. Die Erlaubnis besteht aus einem Blatt Papier mit Stempel – Paule ist bei der Ausstellung gar nicht anwesend. Generell ist es wohl sehr schwer, Hunde nach Südafrika einzuführen. In den meisten Fällen müssen sie in eine mindestens vier Wochen lange Quarantäne. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden Hunde, die von Namibia aus eingeführt werden. Es darf lediglich nicht ausdrücklich erwähnt werden, dass der Hund nicht aus Namibia ist. Beim Grenzübergang selbst will der Beamte allerdings nicht einmal diese Einreiseerlaubnis sehen. Er findet Paule sehr süß und winkt uns durch. Wir sind sehr erleichtert.
Die Landschaften Namibias und Südafrikas sind überwältigend. Leider können wir aus Sicherheitsgründen in Südafrika nicht wild in der Natur campen, wie wir es wiederholt in Namibia gemacht haben. In Südafrika sind überall Schilder aufgestellt, die vor Überfällen etc. warnen. Auch bekommen wir in Südafrika zum ersten Mal auf unserer Reise Probleme, mit Paule einen Übernachtungsplatz zu finden. Wild campen scheidet aus, die Hotels akzeptieren in der Regel keine Hunde und auch auf den meisten Campingplätzen sind Hunde nicht erlaubt. An manchen Tagen sind wir bis sehr spät abends unterwegs und bangen, irgendetwas zu finden. Mit Hunden als Begleiter sollte man um das Urlaubsland Südafrika einen großen Bogen machen. Übrigens sind nicht nur Hunde in Südafrika unerwünscht: Es gibt auch sehr viele Hotels, die Kinder erst ab zwölf Jahren akzeptieren. Man muss erst ein „kinderfreundliches Hotel“ suchen, das als solches auch speziell im Reiseführer genannt wird. Trennung scheint in diesem Land in jeder Hinsicht weiterhin ein großes Thema.
In Cape Town suchen wir einen Tierarzt auf, um die Fäden aus Paules Wunde ziehen zu lassen. Alles ist gut verheilt. Wir treffen den Veterinär für zwei Minuten, dann sind die Fäden draußen und wir dürfen gehen. Am Empfang wird uns die Rechnung präsentiert: Wir müssen mehr als 50 Euro bezahlen! Das erscheint uns sehr teuer, aber was sollen wir machen?
Aufgrund der schwierigen Übernachtungssituation wollen wir Südafrika möglichst bald den Rücken kehren. In Port Elizabeth haben wir Kontakt zu Jonas, einem Deutschen, der dort für die Hilfsorganisation „masifunde“ arbeitet. Wir fühlen uns bei ihm so wohl, dass wir eine ganze Woche bleiben. Aufgrund der hier noch guten Internet- und Strommöglichkeiten beschließen wir, unsere Rückkehr nach Deutschland zu planen. Wir ändern unseren Plan, bis nach Kairo zu fahren und dort das Auto zu verschiffen. Zu unsicher scheint uns die politische Lage zur Zeit in Ägypten. Da wir einen guten Kontakt zu einem Verschiffungsagenten in Port Sudan haben, wollen wir von dort unseren Landy über das große Wasser nach Griechenland schicken und selbst von Khartum aus hinterherfliegen. Wir buchen den Flug und melden Paule für den Transport in der Flugzeugkabine an. „Dafür braucht ihr aber eine akzeptable Transportbox“, informiert uns meine Freundin Sabine, die als Stewardess für Lufthansa arbeitet. Nun beginnt die große Suche nach einer solchen Box beziehungsweise einer Reisetasche. Die Anforderungen sind europäisch genau: Höhe, Breite und Länge der Tasche darf nicht überschritten werden, sie muss außerdem wasserfest sein. Der Hund sollte darin stehen, sich umdrehen und hinlegen können. Wo bekommt man in Afrika solch eine Tasche her? Wir fragen bei Tierärzten und Tierhandlungen nach. Wir landen sogar in einem kleinen Yorkshireladen in einem Wohnviertel, wo man neben Hundewindeln auch Kinderwagen für seinen Vierbeiner bekommt – nur eben keine Transportbox fürs Flugzeug. Schließlich finden wir einen kleinen Rucksack, in dem Paule stehen und liegen kann und der den angeforderten Maßen entspricht. Überzeugt sind wir nicht, aber wir haben keine andere Wahl und kaufen die Tasche. Ob das wohl gut gehen wird? Wir haben da unsere Zweifel …