Erlaubnispflicht für Hundetrainer – Der umstrittene Paragraph 11 TierschG in Deutschland

Von Mag. Sabintheres Grabner

Während es für Hundetrainer in Österreich keine behördliche Prüfung gibt, um ihren Job ausüben zu dürfen, sorgt in unserem Nachbarland eine Änderung des Tierschutzgesetzes für Unmut und Chaos. Eine staatliche Genehmigung zum Betrieb von Hunde­schulen hätte bahnbrechend sein können, aber die Durchführung der Erlaubnispflicht für die gewerbsmäßige Ausbildung von Hunden wird von vielen Hundetrainern in dieser Form nicht akzeptiert. Soll in Zukunft die reine Willkür das Schließen oder Weiterbestehen einer Hundeschule sichern? Oder werden allgemeine Prüfungs­standards eingeführt?

Bis zum 1. 8. 2014 durfte sich jeder Mensch Hundetrainer nennen, ohne eine Prüfung auf einheitlich hohem Niveau abgelegt zu haben. Eigentlich ziemlich fahrlässig, wenn man bedenkt, dass oft verhaltensauffällige Hunde mit ihren Haltern Rat und dringende Hilfe bei einem Trainer suchen, um eine Lösung für den gemeinsamen Alltag in der Gesellschaft zu finden. Mit unseren Kindern gehen wir ja auch nicht zu selbst ernannten ­Heilern, sondern zu einem Arzt, der das Recht auf seine Nieder­lassung durch ­Prüfungen an der Universität erlangt hat und dessen Kenntnisse geprüft wurden.

Deutschland und seine Bürokratie
Durch die Änderung des deutschen Tierschutzgesetzes vom 13. Juli 2013 ist am 1. August 2014 eine Erlaubnispflicht für Hundetrainer (§11) in Kraft getreten. Jeder, der gewerbsmäßig Hunde ausbildet, deren Ausbildung durch den Tier­halter anleitet oder sich als Verhaltens­therapeut um verhaltensauffällige Hunde kümmert, braucht zur Ausübung seines ­Berufes die behördliche Genehmigung. ­Diese Gesetzesänderung ist generell begrüßenswert. Die bundes­weite Regelung könnte für mehr Qualität in den Hundeschulen sorgen. Vielleicht würden auf diese Weise selbsternannte „Gurus und ­Flüsterer" und Trainer mit tierschutzwidrigen Methoden einfach nicht mehr ins „Geschäft" kommen. ­Offizielle Zertifizierungen, die durch Ausbildungen und Prüfungen einen Qualitäts­standard sichern, stehen derzeit neben selbst gebastelten Zertifikaten, die völlig wertlos sind. Deshalb ist es dringend notwendig, dass Hundetrainer ein Ausbildungsberuf wird, der mit einer Prüfung und einem staatlich anerkannten Zertifikat abschließt.

Eine Farce
Doch so hoffnungsvoll dieser neue Absatz im Paragraph 11 von vielen Hundetrainern und -haltern erwartet wurde, so schnell ist diese Hoffnung auf ihn wie eine Seifenblase auch wieder zerplatzt. Die Umsetzung des Gesetzes wird von vielen Hunde­experten auf das Schärfste kritisiert. Zukünftig sollen die staatlichen Veterinär­ämter die Erlaubnispflicht nach eigenem Ermessen erteilen – egal wie. Einigen Hundeschulen geht ein guter Ruf voraus und sie bekommen ganz einfach die Zulassung. Andere Trainer müssen einen ­Computertest, der hauptsächlich medizinische Fragen zur Grundlage hat, absolvieren – und scheitern. In Bayern werden sogar Vorbereitungskurse für ein erfolg­reiches Abschließen der Zulassungsprüfung angeboten, die ebenfalls sehr kostspielig sind.
Chaos und Verunsicherung machen sich in einer ganzen Berufs­gruppe breit. Es gibt keine einheitlichen Durchführungsbestimmungen, geschweige denn eine Prüfungsordnung. Jedes Bundesland gibt seine eigene Empfehlung an die Veterinärämter heraus. Die meisten erkennen ausschließlich eine Zertifizierung durch die Tierärztekammer oder ­Qualifikationen über den BHV (Berufsverband für Hundeerzieher und Verhaltensberater) an. Doch viele Hundetrainer haben sich ihr Wissen über andere Ausbildungen angeeignet und bei ihnen scheint die Erlaubnispflicht vollkommen willkürlich gehandhabt zu werden. Einige Hundetrainer besitzen bereits eine Zulassung, anderen wurde bereits mit der Schließung ihrer Hundeschule gedroht, was einem Berufsverbot gleichkommt und Existenzen den Boden entzieht. Es wurde auch keine Übergangsfrist nach dem 1.8.2014 vorgesehen, sodass viele Schulen ­einfach schließen müssen, bis die ­Prüfungen absolviert sind.

Arbeitsgemeinschaft gegründet
Langjährige Hundetrainer und ­Experten haben sich zu einer Arbeits­gemeinschaft (AG-BU-TierschG – http://www.agbu11.de) zusammengetan und kämpfen nun für eine faire Umsetzung des Gesetzes. Es darf nicht sein, dass langjährige Hundeschulen, die gute Arbeit leisten, teure Tests machen müssen, um ihre Zulassung weiter behalten zu können. Kritisiert werden auch die Inhalte der Prüfungen, die augenscheinlich nur bestimmte Trainingsmethoden wie zum Beispiel Klicker zulassen. Doch Training bedeutet nicht immer nur einen einzigen Weg zu verfolgen. Solange die Art des Handlings tierschutzkonform bleibt, sollte sie auch als Alternative weiterhin Bestand haben. Ein gewisses Maß an Sachkunde ist natürlich Voraussetzung, aber nicht das Propagieren einzelner Trainingsmethoden. Gerade Hunde und Menschen sind so unterschiedlich, dass auch hier die Wege des Trainings unterschiedlich sein sollten. Die Vielfalt der bislang auf dem Markt befindlichen Ausbildungsrichtungen muss gerade im Interesse des Tierschutzes und der hilfesuchenden Hundehalter erhalten bleiben.
Beim Tierschutzgesetz handelt es sich um ein Bundesgesetz mit gravierenden Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es sind nicht nur ca. 30.000 Hundeschulinhaber und deren Existenz betroffen, sondern auch deren Kunden, denn 8,3 Millionen Menschen haben in Deutschland schließlich einen Hund.
Ein Gesetz sollte klar und deutlich regeln, was nicht erlaubt ist. Gemäß § 1 des deutschen Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Nähere Ausführungen hierzu macht § 2, der besagt, dass derjenige, der ein Tier hält oder betreut, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen muss, die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken darf, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, sowie über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss.
Dadurch steht eindeutig fest, was im Training nicht erlaubt ist und auch mit Strafe geahndet wird. Was aber durch die Änderung des §11 passiert, erklärt der langjährige Hunde­trainer Thomas Baumann ganz deutlich: „Es steht außer Frage, dass durch die Neuregelungen in § 11 TierschG eine sehr gute Möglichkeit besteht, das Berufsbild des Hundetrainers erheblich aufzuwerten. Doch lässt sich neben einer fehlenden Einheitlichkeit in der behördlichen Umsetzung derzeit nicht der Verdacht ausräumen, dass in einer Art ,Aufräumaktion‘ vielfach versucht wird, anders denkende und anders arbeitende Hundetrainer aus dem Weg zu schaffen. Selbst wenn diese neben jahrelanger Berufserfahrung auch ohne Klicker als erfolgreich gelten und sich auch unter tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten nie etwas haben zu schulden kommen lassen. Dieses Vorgehen kann und darf aber nie die Zielstellung von § 11 sein."
Erfahrene Hundetrainer mit langjähriger Berufspraxis wehren sich derzeit gegen die stattfindende Behördenwillkür. Da aber nicht alle Behörden mitmachen, werden tatsächlich auch Trainer durchgewunken, ohne die vorgesehenen Qualifikationen über BHV oder Tierärztekammer zu haben. Darin liegt eine weitere offensichtliche Ungerechtigkeit.

WUFF hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auch zu den heftigen Vorwürfen der Behördenwillkür befragt. Christine Bauer, Sprecherin des Ministeriums: „Inwieweit bereits bestehende Ausbildungs- und Prüfungsstandards bei der Erteilung der Erlaubnis anerkannt werden, liegt grundsätzlich im Ermessen der Genehmigungsbehörden. Um aber einen möglichst einheitlichen Vollzug der Regelung in den Ländern herbeizuführen, wurden von einer Länderarbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Vollzugshinweise für das Erlaubnisverfahren erarbeitet. Vom Vorhandensein der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten kann insbesondere ausgegangen werden bei Tierärzten mit entsprechender Erfahrung sowie bei Absolventen entsprechender Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote von öffentlich rechtlichen Körperschaften mit Abschlussprüfung in Theorie und Praxis. In diesen Fällen kann die Behörde entscheiden, auf die Durchführung des Fachgesprächs zu verzichten. Als erforderliche Sachkunde für eine Erlaubnis gelten Kenntnisse und Fähigkeiten über die Biologie des Hundes, die Aufzucht, Haltung, Fütterung und allgemeine Hygiene sowie über häufige Erkrankungen einschließlich medizinischer Prophylaxe/Versorgung. Relevant sind außerdem Kenntnisse über einschlägige tierschutzrechtliche Bestimmungen. Im Hinblick auf die Ausbildung und das Training werden u.a. Kenntnisse und Fähigkeiten über das Lernverhalten und die Kommunikation des Hundes, über tierschutzgerechte bzw. tierschutzwidrige Erziehungsmethoden sowie über die Angst-/Aggressionsvermeidung in der Hundeausbildung gefordert."
Doch auch dieses offizielle Statement lässt die Vermutung weiterhin bestehen, dass bestimmte Personen ohne Prüfung eine Erlaubnispflicht erhalten und andere nicht. Dies deswegen, weil alles im eigenen Ermessen der Ämter liegt.
Ist damit der Plan einer bundesweiten einheitlichen Prüfung gescheitert? Hat das Ministerium den Kontakt zur Praxis nicht gesucht und auch die Kommunikation mit allen Beteiligten vernachlässigt? Kann die Verunsicherung der Hundetrainer und Halter durch eine neu überarbeitete Prüfung zur Erlaubnispflicht wieder genommen werden? WUFF bleibt dran und berichtet weiter von den Vorkommnissen rund um die Gesetzesänderung im §11 TierschG und wie die Hundetrainer in Zukunft ihre Arbeit fort­führen dürfen.

WUFF-Information
Deutsches Tierschutzgesetz Paragraph 11, Absatz 1, Satz 1, Nummer 8, Buchstabe f
Mit dem dritten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes wird eine Erlaubnispflicht für die gewerbs­mäßige Ausbildung von Hunden vorgeschrieben. Das Änderungsgesetz ist am 13. Juli 2013 in Kraft getreten, die Erlaubnispflicht gilt seit dem 1. August 2014. Seit diesem Zeitpunkt bedarf derjenige, der gewerbsmäßig für Dritte Hunde ausbildet oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anleitet, der behördlichen Erlaubnis. Diese wird von den für den Vollzug des Tierschutzgesetzes nach Landesrecht zuständigen Behörden (i.d.R. den Veterinärämtern) erteilt.

WUFF-Hintergrund
Die derzeitige Situation in Österreich

In Österreich bescheinigt das zuständige Bundesministerium für Gesundheit, dass sich jeder Hundetrainer an die Verordnung über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden (BGBl II Nr. 56/2012) zu halten hat. Demnach lauten die Grundsätze der Hundeausbildung:

§ 2. (1) Die Ausbildung des Hundes muss tierschutzkonform erfolgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass keine Maßnahmen zur Anwendung kommen, die gemäß § 5 TSchG vom Verbot der Tierquälerei erfasst sind.
(2) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf Wert zu legen, dass
1. ein gutes Sozialverhalten der Hunde gegenüber Menschen und anderen Hunden und eine geeignete Gewöhnung an ihre Lebens- und Trainingsumgebung gefördert werden,
2. die Ausbildung altersgemäß ist und den körperlichen Möglichkeiten und Lernvoraussetzungen des Hundes entspricht,
3. auf rassespezifische Eigenschaften und individuelle Eigenschaften des Hundes angemessen eingegangen wird.
(3) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf zu achten, dass sie auf den Grundlagen der lerntheoretischen Erkenntnisse aufbaut und Methoden der positiven Motivation der Vorzug vor aversiven Methoden gegeben wird.
Zusätzlich steht es jedem Hundetrainer frei, im Rahmen einer kommissionellen Prüfung bei der Koordinierungsstelle „Tierschutzqualifizierte/r HundetrainerIn" sein Wissen und praktisches Können bzgl. der Ausbildungsinhalte unter Beweis zu stellen. Die Kommission besteht aus drei unabhängigen Sachverständigen und setzt sich aus einem umfangreichen theoretischen und praktischen Teil zusammen. Voraussetzung, um die Prüfung ablegen zu können, ist der Nachweis praktischer Erfahrung im Training von Hunden von zwei Jahren nach den Grundsätzen des § 2 (siehe oben), Ausschließungsgründe sind im § 4 geregelt (z.B.: Verurteilung wegen Tierquälerei). Nach erfolgreicher Absolvierung der Prüfung darf der Trainer das Gütesiegel „Tierschutzqualifizierte/r HundetrainerIn" führen und wird in einer Liste veröffentlicht. Das Gütesiegel „Tierschutzqualifizierte/r HundetrainerIn" ist somit ein Qualitätssiegel für einen tierschutzkonformen Umgang und für modernes, auf positiver Verstärkung basierendes Hundetraining, so das Ministerium.
Kritisch zu betrachten ist hier ebenfalls, auf welchen Grundlagen das Gütesiegel vergeben wird. Jetzt ist es noch freiwillig, aber wie wir im Nachbarland gesehen haben, kann schnell eine Gesetzesänderung zur Verpflichtung führen. Hoffen wir, dass Österreich aus den Fehlern der anderen lernt und die Kommunikation mit ­vielen Experten sucht, um eine befriedigende Lösung für alle zu schaffen. 

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