Verhaltensprobleme durch Schmerzen oder Krankheit

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund". WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tier­psychologin, akademisch geprüfte Kynologin und Hunde­trainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr ­Alltagsproblem mit Ihrem Hund , kurz formuliert und mit 1 bis 2 Bildern.

In dieser Ausgabe geht es um eine Verhaltens­veränderung eines Hundes, die möglicherweise durch Krankheit verursacht ist.

Liebe Frau Adler!
Unser Gordon Setter Rüde „Carlos" ist 9 Jahre alt und wir leben seit jeher mit ihm zusammen. Er liebte bis vor kurzem ausgiebige Streichel-Einheiten. Jedoch hat sich dies kürzlich geändert: nun ist es so, dass er sich nicht mehr am Rücken streicheln lassen möchte, besonders im hinteren Bereich beginnt er manchmal sogar zu knurren. Warum mag er plötzlich keine Berührungen mehr von mir? Ich hoffe, Sie können uns Tipps geben!

Herr Rothmann


Lieber Herr Rothmann!
Ich finde es gut, dass Sie sich über diese Veränderungen Gedanken machen und sich Tipps holen. Wie bei älteren Menschen, finden auch bei Hunden Veränderungen im Körper statt, die durch das Alter ausgelöst werden. Manchmal kommt es vor, dass Krankheiten zu einem verminderten Wohlbefinden führen. Wenn diese Krankheiten Schmerzen verursachen, können plötzliche Verhaltensänderungen auftreten.

Diese können unterschiedlichste Ursachen haben. Es gibt bspw. Hunde, welche aufgrund von Zahnschmerzen beginnen, den eigenen Kopf gegen Berührungen zu verteidigen. Oder Hunde, die mit permanentem Kopfschütteln zu vermitteln versuchen, dass sie Ohrenschmerzen haben. Zudem gibt es eine große Palette an Ursachen am Bewegungsapparat, die für Einschränkungen und Schmerzen verantwortlich sein können. Es kann zum Beispiel passieren, dass ein Hund, der „Kreuzweh" hat, nicht mehr so ausgiebig mit Artgenossen ­spielen möchte. Dieses Verhalten kann sogar so weit gehen, dass alle anderen Hunde weggebissen werden und kein Kontakt mit Artgenossen mehr möglich ist, weil Berührungen generell Schmerzen bereiten. So eine Abwehrhaltung kann aufgrund von Schmerzen ausgelöst werden und sich dann über das erlernte Verhalten so festigen, dass man später im Training – obwohl der Hund nach erfolgreicher Behandlung keine Schmerzen mehr hat – viel Aufwand erbringen muss, um den Hund zu lehren, dass es keinen Grund mehr gibt, alle anderen Hunde wegbeißen zu müssen.

Für den Hund sind dies Beeinträchtigungen in der Lebensqualität und daher sollte man bereits bei dem kleinsten Verdacht einer Krankheit/Verletzung einen vertrauten Tierarzt aufsuchen, damit man Folgebeschwerden entgegenwirken kann.

Ich rate Ihnen dringend, Carlos’ Bewegungsapparat und Rücken von einem Fachtierarzt bzw. anschließend von einem Chiropraktiker untersuchen zu lassen. Es kann sein, dass er am Rücken Schmerzen hat und daher ­keine Berührungen mehr möchte. Daher würde ich nun das Rücken­kraulen so lange unterlassen, bis genau bekannt ist, ob Carlos unter Schmerzen am Rücken leidet. Weiß man nach der Diagnose, dass es schmerzhafte Stellen gibt, so ­empfehle ich Ihnen, den Tagesablauf Ihres Hundes aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Es können hier durchaus Umstellungen notwendig werden. Zum Beispiel kann es dazu kommen, dass Carlos kein Sitz mehr zeigen kann, weil dies Unwohlsein verur­sachen könnte.

Sprechen Sie hier genau mit Ihrem Tierarzt ab, wo die Schmerzen liegen und welche Bewegungen eingeschränkt sind. Selbst mit verordneten Schmerzmitteln sollte man diese Bereiche schonen und den Schmerzpunkt nicht durch Trainingsübungen aktivieren.

Damit wünsche ich Ihnen und ­Carlos, noch viel gemeinsame und wohl gefühlte „Senioren"-Zeit,

Ihre Yvonne Adler

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