So geht’s! – Training mit Sichtzeichen

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund". ­WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und Hundetrainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund — kurz formuliert und mit 1-2 Fotos. In dieser Ausgabe geht es um das spezielle Training mit Sichtzeichen, im konkreten Fall bei einer gehöreingeschränkten Hündin. Schritt für Schritt erklärt Yvonne Adler, wie es geht …

Liebe Frau Adler! Unsere Irish T­errier Dame Hazel ist vier Jahre alt und bereits seit zwei Jahren bei uns. Sie ist ganz eine liebe, aber beim Heranrufen haben wir noch immer Probleme. Wir waren schon in einigen ­Hundeschulen, doch erst jetzt fanden wir nun mit einem gewissenhaften Trainer ­heraus, dass Hazel nur mehr sehr eingeschränkt hören kann. Natürlich haben wir dies nun alles medizinisch untersuchen lassen. Wir fragen uns jetzt, ob Hazel jemals auf Kommando kommen wird, wenn wir sie nicht rufen ­können. Ich hoffe, Sie können uns helfen! ­Familie Pozdana.

Liebe Familie Pozdana! Es war ein wichtiger Schritt, den eingeschränkten Gehörsinn zu erkennen und ­medizinisch abklären zu lassen. So eine Information ist für ein Training entscheidend! Unsere Hunde lernen auf verschiedenste Arten, unter anderem sind sie „Sichtjäger" und reagieren stark auf Bewegungen. Deshalb eignet sich eine Kommunikation mit Sichtzeichen hervorragend für das Training mit gehörlosen Hunden.

Zu Anbeginn ist das Wichtigste, dass Hazel ein „Belohnungszeichen" lernt. Denn nur so können Sie später Ihrem Hund zeigen, dass das, was sie tut, von Ihnen erwünscht und richtig ist. Hier können Sie beispielsweise für „fein" das Sichtzeichen „Daumen hoch" antrainieren. Selbst wenn Ihr Hund nicht hören kann, können Sie ruhig „fein" dazu sagen, da dies ja auch über Ihre Stimmung mit übertragen wird. Auch wenn Sie sich freuen, erkennt das Ihr Hund anhand Ihrer Emotion.

Sie beginnen mit dem Training in kleinen Schritten: „Daumen hoch" = Leckerchen. Dies müssen Sie zu Beginn oft wiederholen, damit Hazel es verinnerlicht. Erst wenn dieses Zeichen sitzt, kann man mit dem Aufbau eines Abrufkommandos starten. Zusätzlich würde ich ab sofort, wenn Hazel von sich aus mit Ihnen Kontakt aufnimmt, beispielsweise durch ein Hochschauen, sofort mit „Daumen hoch" bestätigen und Leckerchen geben. Wenn Hazel lernt, dass es sich auszahlt, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, hilft Ihnen das ungemein im Alltag. Denn ein Abrufen von einem Hund mit eingeschränktem Gehörsinn mittels Sichtzeichen setzt voraus, dass Hazel zu Ihnen schaut – sonst bekommt sie ja nicht mit, wenn man sie rufen möchte!

Wenn Sie eine genaue Diagnose haben und Frequenzbereiche ­kennen, die Ihre Hündin vielleicht noch hören kann, könnten Sie mit einer speziellen Pfeife (welche auf unterschiedlichste Frequenzen einstellbar ist) das Abruftraining beginnen. Das Abrufen mittels spezieller Pfeife könnte somit eine Möglichkeit sein, dass Hazel, auch wenn sie Sie nicht ansieht, das Signal mitbekommt.

Sie beginnen im besten Fall dann das Kommando mit der Pfeife als Hör­zeichen und einem gleichzeitigen Sichtzeichen aufzubauen. Das Sichtzeichen sollte gut erkennbar sein. Zum Beispiel strecken Sie Ihren Arm gerade nach oben. Dies üben Sie zunächst bei ganz kleiner Distanz in gewohnter Umgebung ohne viele Ablenkungs­reize. Sobald Hazel das richtige Verhalten zeigt und auf Sie zukommt, sofort „Daumen hoch" und wenn sie bei Ihnen angekommen ist, Belohnung.

Damit der Hund aber auch später in jedem Fall zuverlässig kommt, wenn man ihn ruft, muss das ­Kommando sehr souverän, öfter und ­konsequent mit der notwendigen positiven ­Verstärkung in verschiedensten Si­tuationen geübt werden. Es muss sich „lohnen", zu kommen! ­Deshalb sollten Sie sich auch für Hazel in Zukunft interessant machen und jeden selbständigen Blickkontakt unbedingt bestärken.

Und dann heißt es nur noch: „Üben macht den Meister". Zunächst sollte in ablenkungsarmer Umgebung (zu Hause) und in kleinen Teilschritten trainiert werden. Dann kann die Ablenkung mit dem Lernfortschritt gesteigert werden. Achten Sie ­darauf, dass Sie hier nicht zu schnell ­vorgehen und/oder bereits am Anfang zu große Ablenkungen einbauen, da das den Erfolg schmälern kann und Frust bei Hund und Halter entstehen kann. Üben Sie nur ab und zu über den Tag verteilt, das bringt oftmals mehr als exzessives Training. Ich wünsche Ihrer Familie und Hazel, dass Sie die Umstellung des Trainings auf die Besonderheit Ihrer Hündin mit ­Bravour meistern!
Ihre Yvonne Adler

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