Über den gesunden Menschenverstand in der Hundeerziehung

Von Elisabeth Cech

Natürlich gibt es Unterschiede in der Hunde- und Menschenwelt, die man sich aneignen muss, will man seinen Hund artgerecht aufziehen. Aber die Frage: „Was soll ich tun? Mein Welpe knabbert an den Computerkabeln“, zeigt deutlich, dass hier jemand nicht nachgedacht hat. Na, selbstverständlich müssen die Räume, in denen sich der Hund aufhält, hundesicher gemacht werden. Genauso wie man Räume kindersicher macht, wenn man einen quirligen, höchst neugierigen menschlichen Knirps daheim hat.

Angeborenes Verhalten oder Lernleistung
Es ist dem Hund viel weniger angeboren als die meisten Besitzer glauben. Zum Beispiel ist es Hund nicht angeboren, zu „kommen, wenn Mensch ruft“ … Auch stundenlanges „alleine zu Hause bleiben“ nicht. Solches muss in kleinen Lernschritten geübt werden. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn das Wort „Pfui“ bei einem Welpen nicht die erhoffte Reaktion hervorruft. Sogar Kindern gesteht man zu, dass sie zuerst die Sprache lernen – wieso sollen Hunde ein eingebautes Sprach- und Kommando-Modul haben?
Selbständige Nahrungsaufnahme ist hingegen angeboren. Daher ist es nicht notwendig, den Hund von Hand zu füttern oder dabei zu sitzen, weil er „halt so ein schlechter Fresser“ ist. Das Fressverhalten wird sich dadurch sicher nicht verbessern.

Notwendige Bedürfnisse
Natürlich sollen die Gelenke von jungen Hunden nicht überstrapaziert werden. Die gängige Frage „Wie viele Stiegen darf mein Hund steigen“ beantwortet sich bei auch nur geringem Nachdenken von selbst. Selbstverständlich soll man nicht 3x täglich die Stufen des Stephansdoms rauf und runter laufen, aber immer „ein paar Stuferln mehr“ werden im Laufe eines Junghunde-Daseins wohl möglich sein. Beim Leonberger, der mit einem Jahr noch ins Auto gehoben wird, ist der allgemeine Ratschlag vom „Nicht-Stufen-Steigen & Springen-Dürfen“ wohl missverstanden worden.

Was macht ein Hund den lieben langen Tag?
Fressen, Schlafen, Ruhen, Laufen, Schnüffeln, Koten, Urinieren, ev. Markieren, Sozialkontakte Pflegen, Zuwendung Geben und Bekommen. Zum Nachdenken regt folgendes Sonntags-Szenario einer Familie mit Hund an: Vormittag beim Baum vorm Haus pinkeln, dann sofort ins Auto steigen, lange Fahrt zu Verwandten, dort Ruhe geben müssen, Pinkeln im vorhandenen Garten – alles andere ist verpönt, Fahrt zurück, Heurigenbesuch mit Gang um die Ecke zum Häufchen machen … Spätestens jetzt ist dem Hund wirklich langweilig geworden und er beginnt unruhig zu werden und zu winseln. Sofort ist die gesamte Familie hellwach. Er wird gestreichelt und beruhigt, ein eventueller Krankheitsausbruch wird besorgt in Erwägung gezogen.

Was ist falsch gelaufen?
Die notwendigen Bedürfnisse des Hundes wurden einfach nicht bedacht, aber auf das aufmerksamkeitsfordernde Verhalten des Hundes ist man sofort eingegangen. Etwas Nachdenken und ein Spaziergang mit Schnüffeln und Herumtoben hätte jeden in der Familie zufriedengestellt. „Menschen mit Hausverstand kennen nicht nur die Notausgänge, sondern auch die Noteingänge.“

Mit diesem Zitat von Ernst Ferstl verbleibt für heute Ihre
Elisabeth Cech-Harrer
Leiterin des Dog·College
Hundeerziehung & Verhaltensberatung

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Frage & Antwort

Elisabeth Cech-Harrer ist Leiterin des Dog College Tattendorf (Niederösterreich, nahe Wien) und Expertin für Hundeerziehung & Verhaltensberatung.

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