Bellen, heulen oder knurren – Der Hund und sein akustisches Repertoire

Von Daniela Poschmann

Bei Hunden ist es wie fast überall im Tierreich: Die hörbare ­Kommunikation steht im Vergleich zur nonvokalen eher im Hintergrund. Dennoch verfügen sie über zahlreiche Lautäußerungen, die – auch je nach Zusammenhang – richtig gedeutet werden wollen, um eine gute Mensch-Hund-Beziehung möglich zu machen.

Obwohl Hunde eher nonvokal miteinander ­kommunizieren, also über Mimik, Gestik und Geruch, bringen sie auch immer wieder verschiedene Laute hervor. Sie bellen, knurren und heulen in unterschiedlichen Tonlagen. Insofern unterscheiden sie sich nicht von ihren Vorfahren, den Wölfen. Die domestizierten Vierbeiner haben allerdings im Laufe der vergangenen rund 14.000 Jahre dazu gelernt und den Menschen nicht nur als Rudelmitglied akzeptiert, sondern sich ihm auch „sprachlich“ angepasst und ihr kommunikatives Repertoire dementsprechend erweitert.

Von klein auf lernen sowohl Wölfe als auch Hunde, dass sie mit bestimmten Lautäußerungen ihre körperlichen Signale unterstützen können. Wobei sich die beiden Arten darin unterscheiden, dass Wölfe sich wesentlich mehr mimisch verständigen als Haushunde. Laut dem Verhaltensbiologen Norbert Sachser aus Münster gibt es dafür eine einfache Erklärung: „Wer in der Natur zu laut ist, der wird gefressen. In Gegenwart des Menschen ist es umgekehrt. Wer Futter will, der muss sich bemerkbar machen.“ Doch ob Wolf oder Hund, viele ­Signale sind gleich geblieben. Knurrt das Tier beispielsweise, während es eine steife Haltung einnimmt und das Fell aufstellt, verstärkt es seine Drohung. Umso länger und tiefer es knurrt, ­desto ernster und entschlossener ist es auch, zum Angriff überzugehen. Denn tiefe Töne haben eine drohende oder zumindest bestimmende Wirkung, hohe eher eine beschwichtigende oder freundliche. Wuffen ist dagegen ein abgeschwächtes Bellen, das zum Beispiel zur Warnung dient, wenn sich ein Fremder nähert.

Dieses Wissen sollte sich jeder Hunde­halter zunutze machen und Befehle daher in einem ruhigen und tiefen Ton aussprechen und Lob stattdessen in höherer, freundlicher Lage. Neben dem Klang unterscheiden Hunde auch die Tondauer, die Lautstärke sowie die Anzahl der Wiederholungen. Ist die „Sprache des Tieres“ einmal gelernt, steht einer gut funktionierenden Mensch-Hund-Beziehung nichts mehr im Weg. Allerdings ist das nicht so einfach wie es klingen mag. Es gilt zu beachten, dass jeder Hund individuell ist. Sowohl in der Wahl seiner akustischen und gestischen Signale, als auch schlichtweg in der Tonlage seiner Stimme. Folglich unterscheidet sich das Bellen und Heulen von Tier zu Tier und von Rasse zu Rasse. Zudem sind einige Rassen wie etwa Beagle und Terrier dafür bekannt, mehr als andere zu bellen. Allerdings haben es ja auch die Vierbeiner geschafft, den Menschen und seine Ausdrucksweisen einigermaßen zu verstehen. Sonst würden sie wohl jedes gut gemeinte Lächeln als zähnefletschende Drohgebärde ansehen. Daher nun ein paar Tipps zur leichteren Interpretation der hundlichen Lautäußerungen.

Welches ist eines der ersten ­Geräusche, das ein Welpe vernimmt?
Das ist das Schmatzen seiner saugenden Geschwister im kuscheligen Nest. Der Welpe verbindet es automatisch mit einem satten, wohligen Gefühl, weshalb das Geräusch sehr beruhigend auf ihn wirkt. Auch der Mensch kann sich diese Eigenart zunutze machen. Wer etwa einen verun­sicherten und ängstlichen Hund hat, kann selber anfangen zu schmatzen, wodurch er ihm Freundlichkeit und Entspannung signalisiert. Im späteren Hundeleben gilt Schmatzen zudem als Beschwichtigung unter Artgenossen, um die eigene Unterlegenheit zu demonstrieren. Schmatzen ist also wie so viele hundliche Laute weit tiefgründiger als oft gedacht.

Das Heulen
Der wohl bekannteste Laut, den man mit Wölfen assoziiert, ist das Heulen. Anders als von vielen Filmen vermittelt, heulen sie aber nicht nur bei Vollmond, sondern in erster Linie, um ihr Rudel zusammenzurufen beziehungsweise um ihr Rudel auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht haben sie es bei der Jagd verloren oder sind aus irgendwelchen Gründen auseinander getrieben worden. Auf bis zu sechs Kilometern Entfernung können sie das Heulen eines Kameraden noch hören. Führt das Geheule nicht zum gewünschten Erfolg, schlägt das Tier eine andere Tonart an, und das Heulen geht in ein Fiepheulen über, was weitaus leiser ist und trauriger klingt. Bleibt es trotz allem weiterhin allein auf weiter Flur, kommt es zum nächsten Stadium: dem Bellheulen. Dies kann über Stunden und sogar mehrere Tage lang anhalten. Ebenso wie man es vom besten Freund des Menschen kennt, der niemals aufhört auf sein Herrchen zu warten, geben die Wölfe nicht die Hoffung auf, dass sie eines Tages gehört werden und zu ihrem Rudel zurückfinden. Aus diesem Grund heult auch so mancher Hund, wenn er allein zuhause ist.

Forscher vom „Wolf Science Center“ im niederösterreichischen Ernstbrunn haben übrigens im vergangenen Jahr eine weitere Entdeckung in puncto Heulen gemacht: Wölfe heulen verschieden stark, je nachdem welches Rudelmitglied fehlt. Handelt es sich dabei um ein Alpha- oder Beta-Tier, in der Hierarchie also weit oben, ertönt das Geheul lauter. Auch fällt die Suche nach dem Vermissten lautstärker aus, wenn die emotionale Bindung zwischen den Tieren über das eigentliche Maß an Rudelzusammengehörigkeit hinausgeht – oft ergeben sich enge Freundschaften und es bilden sich regelrechte Cliquen in einem Rudel. Das fanden die Wissenschaftler heraus, indem sie einzelne Tiere von den anderen trennten, das Geheul der Zurückgebliebenen aufnahmen und vor und nach dem Experiment Blutproben der tierischen Probanden nahmen, um deren Stresspegel zu messen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Mit Stress hatte das Heulen wenig zu tun. Somit widerlegten sie die bis dato gültige Annahme, dass die akustischen Äußerungen der Wölfe lediglich trieb- oder stressgeleitete Reaktionen seien und keine wirkliche Bedeutung hätten.

Es gibt auch Situationen, in denen Wölfe beziehungsweise Hunde gemeinsam heulen, manchmal auch zusammen mit den Zweibeinern. Damit bestätigen sie ihre Zusammengehörigkeit sowie ihr Territorium. Geheult wird in freier Wildbahn aber auch, um bestimmte Verhaltens­weisen zu synchronisieren. Bevor etwa das Rudel zur Jagd aufbricht, beginnt meist ein ranghoher Wolf zu heulen, um seine Kameraden einzustimmen und zusammenzurufen. Schließlich fallen alle in das Geheul mit ein.

Jaulen, wimmern und winseln
Sind die Tiere noch im Welpensta­dium, jaulen sie ab und an gerne ohne ersichtlichen Grund. Ähnlich wie das Menschenbaby, das gelernt hat zu schreien, um Aufmerksamkeit zu bekommen, fangen sie an zu jaulen, wenn ihnen langweilig ist oder sie Hunger haben. Lautes Gejaule ist allerdings davon zu unterscheiden und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, da es sowohl bei Welpen als auch bei ausgewachsenen Hunden ein Ausdruck von Schmerz sein kann.

Fühlt sich der Hund über längere Zeit unwohl, weil er etwa alleine ist oder den Verlust eines Rudelmitglieds zu verkraften hat, beginnt er manchmal leise zu wimmern oder zu winseln. Neben einem solchen psychischen Schmerz kann das Winseln jedoch ebenso die Folge von körperlicher Qual sein. Winselt der Hund jedoch auf eine klagende Art und Weise, drückt er damit seine Vorfreude aus, wenn es zum Beispiel nach draußen geht oder das Fressen bereitsteht.

Knurren: Drohung oder nur ­Erregung?
Knurren ist dagegen eindeutiger und wie bereits eingangs erwähnt fast immer als Drohung zu ­verstehen. Stellt der Hund das Knurren ein, heißt es aber noch lange nicht, dass er sich zurückzieht und klein beigibt. Im Gegenteil: Knurrt er zum Beispiel einen Artgenossen eine Weile lang an, ohne dass dieser sich auf den Rücken legt, den Schwanz einzieht oder andere Beschwichtigungssignale zeigt, kann es sein, dass er zwar aufhört zu knurren, aber nur, um direkt im Anschluss lautlos anzugreifen. Knurrt er dagegen nur kurz, ist er selber unsicher und nicht wirklich zum Angriff bereit. Kommt das Knurren auch während des Spielens vor, ist es schlichtweg ein Ausdruck der Erregung.

Ein weiteres Warnsignal kann das sonst so harmlose Schnaufen sein. Schnauft Bello gemeinhin beim Schnüffeln während des Spaziergangs, kann es ebenso zu dieser Lautäußerung kommen, wenn er mit seinem Gegenüber nicht einverstanden ist. Fixiert er es dabei noch oder zeigt andere Drohgebärden, ist definitiv Vorsicht angesagt.

Manchmal fängt Bello auch an mit seinen Zähnen zu klappern – soll heißen, er vollführt mehrfach schnell hintereinander Beißbewegungen in Richtung seines Gegners. Damit will er ihn entweder auf Abstand halten oder Sekunden später zubeißen. ­Häufig machen das unsichere Hunde, die schön öfter angegriffen wurden und einen Kampf vermeiden möchten.

Möchte der Zweibeiner seinen Hund wirklich verstehen, muss er also nicht nur seine Körpersprache deuten, sondern auch ganz genau hinhören. Wem das zu viel ist, der kann sich zumindest folgendes merken: Wiederholtes ­Bellen weist auf ein dringliches Anliegen hin. Legt Wuffi stattdessen einige Pausen beim Bellen ein, ist es ihm nicht ganz so wichtig. Und wie beruhigt man ihn wieder? Indem man ihn ernst nimmt. Der Halter sollte nicht in Hektik verfallen, sondern ruhig und gelassen nach der Ursache für die ­Bellattacke schauen.

Wer allerdings glaubt, man könne sich die Erkenntnis, dass Wiederholungen auf Dringlichkeit abzielen, auch in der Erziehung zunutze machen, der irrt. Möchte man seinen Hund etwa darauf konditionieren, ­herzukommen, bringt es nichts, das Kommando „Komm her“ ständig zu wiederholen. Der Hund würde den Befehl nicht als wichtig einstufen, sondern im Gegenteil, er würde abstumpfen. Daher sollte man Instruktionen nur einmal kurz und deutlich aussprechen und seinen Schüler ignorieren, sollte er nicht darauf eingehen. Dazu kommt, dass die Tiere im Gegensatz zum Menschen nicht nur viermal besser hören, sondern sich viele verschiedene Töne merken und ihnen Bedeutungen zuordnen können. Daher kann der Hund lernen, auf unterschiedliche Töne verschiedene Befehle auszu­führen, die er nicht mehr vergisst. „Auch die Stimmung eines Menschen wird vom Hund äußerst sensibel anhand der Tonlage registriert“, sagt Ute Balzar (Mobile Tierheilpraxis für Pferde & Hunde)

Hunde haben ein „Sprach“-Zentrum im Gehirn
Die Forschung gibt der Hundeverhaltenstherapeutin Recht. Anfang des Jahres entdeckten ungarische Neurowissenschaftler und Biologen (Attila Andics von der MTA-ELTE Comparative Ethology Research Group an der Eötvös Loránd Universität in Budapest), dass Hunde ebenso wie Menschen und andere Primaten ein Sprachzentrum im Gehirn besitzen, das akustische Reize mit Emotionen verknüpft. Die Spracherkennungsregionen der beiden Spezies funktionieren aber nicht nur ähnlich, sondern liegen auch an ähnlicher Position der Hörrinde. Laut Aussagen der Forscher erleichtert dies vermutlich die Kommunikation zwischen Mensch und Hund. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, haben sie die Hirnaktivität der menschlichen und tierischen Probanden mit Hilfe eines MRT-Scanners gemessen und ihnen währenddessen 200 verschiedene Töne und Stimmen vorgespielt, darunter Bellen und Lachen. Dennoch gibt Balzar zu bedenken, dass Halter daher auf den Wortlaut des Befehls achten sollten. „Schlecht ist es, gleich klingende Wörter für verschiedene Befehle zu nutzen. Der Hund ist dann verunsichert, weiß nicht mehr, was er tun soll.“ So sollte man bei einem Hund namens Fritz beispielsweise nicht das Kommando „Sitz“ verwenden, und will Bello sich partout nicht bei „Platz“ hinlegen, sondern setzt sich stattdessen, sollte man den Befehl etwa in „Down“ ändern. Um auf Nummer Sicher zu gehen, dass der Hund versteht, was man von ihm will, sollte man zu jedem Befehl eine entsprechende Geste ausführen. Das hat auch den Vorteil, dass man ihn aus einiger Entfernung noch abrufen kann.

Hecheln bedeutet mehr als man glaubt
Oft unterschätzt wird auch das Hecheln des Hundes, aus dem mehr zu lesen ist als allgemein bekannt. Natürlich dient es dem Tier als Temperaturausgleich. Ist ihm nach einem ausgiebigen Spaziergang warm, schwitzt er nicht wie der Mensch über die Haut, sondern gibt die Wärme unter anderem über die Zunge ab: Er hechelt. Ebenso hechelt er aber vor Aufregung, wenn er beispielsweise auf ein leckeres Fressen wartet oder die Leine hat klimpern hören. Das Hecheln kann aber ebenso wie das Niesen Ausdruck von negativer Erregung sein, wenn der Vierbeiner für etwas bestraft wird oder sich unsicher fühlt. Das hat jeder schon einmal erlebt, der zum Beispiel beim Gassigehen an der Leine gezerrt hat, um seinen Hund ­zurechtzuweisen. Einige Tiere haben Angst vor dem Tierarzt oder vor Gewitter und be­ginnen dann zu hecheln.

Fazit
Wie beschrieben haben die ­verschiedenen Lautäußerungen ­unserer ­Vierbeiner unterschiedliche Be­deutungen, und dies auch noch in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation. Obwohl Hunde Meister in der non­vokalen Kommunikation sind, sollte man auch ihre Lautäußerungen verstehen können, zum Nutzen einer besseren Mensch-Hund-Beziehung.

HINTERGRUND

Des Hundes liebster Laut ist das Bellen? Fehlanzeige!
„Eigentlich bellen Hunde nur in Extremsituationen, wenn Gefahr droht. Meist bleibt es beim Warn-Wuffen“, sagt die Hundepsychologin und -Trainerin Ute Balzar aus Osnabrück. Und im Grunde bellen sie auch nur in Kommunikation mit dem Menschen und selten untereinander. Dennoch gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Bellarten, und wie so oft im Leben liegen die Unterschiede im Detail:

– Wachsames Bellen dient zum Warnen der Rudelmitglieder. Entweder nähert sich ein Fremder oder es droht eine andere Gefahr. Der Hund gibt dabei klar abgrenzende Belllaute von sich in einer niedrigen Tonlage. Reagiert der Halter darauf mit Geschrei, empfindet der Hund das als Bestätigung, denkt, dass der Mensch mitbellt, und macht weiter.

– Warnendes Bellen kennzeichnet sich durch ein kurzes Wuffen mit einer anschließenden schnellen Folge von drei bis vier Belllauten in mittlerer Tonlage. Der Hund ist dabei relativ entspannt und möchte lediglich auf etwas aufmerksam machen.

– Alarmierendes Bellen zeichnet sich durch viele schnelle Laute in mittlerer Tonlage aus. Der Vierbeiner ist dabei sehr aufgeregt, da sich der Eindringling bereits auf dem Gelände be­findet und er Verstärkung braucht. Ob es sich um einen Freund oder Feind ­handelt, ist aber noch nicht geklärt.

– Defensiv aggressives Bellen sind langsame, dafür aber anhaltende Laute in tiefer Tonlage. Der Hund fühlt sich bedroht und wird sich falls nötig auch verteidigen. Der Eindringling befindet sich allerdings noch außerhalb des Reviers.

– Fängt der Hund zuerst an zu knurren und geht dann ins Bellen über, ist er ebenfalls unsicher, aber im Notfall zum Kampf bereit.

– Möchte Wuffi einen Artgenossen oder ein Kind, das ihn zum Beispiel an der Rute zieht, tadeln, bellt er tief und kurz. Es ist eine Korrektur, die zeigt: Ich fühle mich belästigt.

– Besonders Halter von jüngeren Hunden werden oft mit dem so genannten Fordernden Bellen regelrecht genervt. Dies ist gekennzeichnet durch einzelne kurze und scharfe Laute in hoher Tonlage und heißt, dass dem Hund langweilig ist, er sich unterfordert fühlt. Da er meistens solange weitermacht, bis er die gewünschte Aufmerksamkeit bekommt, hat er Frauchen und ­Herrchen schnell im Griff.

– Hüpft der Hund aufgeregt um sein Gegenüber herum, während er kurz, schnell und mehrfach bellt, will er spielen. Sein Gebell ist dabei nicht besonders energisch und eher als japsend zu bezeichnen. Um ganz sicher zu gehen, sollte man aber auch hier auf seine ganze Körperstellung achten. Eindeutiges Zeichen seiner Spielfreude sind zum Beispiel ein gebeugter Vorderkörper und ein „lachendes“ Gesicht.

– Zur Begrüßung bellt der Hund ­­­ein- bis zweimal in mittlerer bis hoher Tonlage. Manchmal hört er vor lauter Freude kaum wieder auf. Das lässt sich unterbinden, indem man ihn erst begrüßt, wenn er sich be­ruhigt hat.

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