Wenn die Wurmkur zum Tode führt

Von dogodu-Redaktion

An diesen Gendefekt und seine Folgen erinnert der Gießener Ökotrophologe Joachim Geyer in einer tierärztlichen Fachzeitschrift (Dr. J. Geyer et al. : Multiple Medikamentenüberempfindlichkeit bei Britischen Hütehunden; kleintier konkret 2006; 3: 16 – 20). Gleichzeitig macht der am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Gießen tätige Forscher darauf aufmerksam, dass Hundebesitzer nicht auf die erste Unverträglichkeitsreaktion warten müssen, um zu wissen, ob ihr Tier von dem so genannten MDR-1-Defekt betroffen ist. Gemeinsam mit Kollegen hat der auf die Erforschung biochemischer Transportvorgänge spezialisierte Wissenschaftler einen DNA-Test entwickelt, mit dem sich die verantwortliche Genvariante zuverlässig nachweisen lässt.

Joachim Geyer plädiert außerdem dafür, den Test auch bei Zuchttieren einzusetzen. Nur so lasse sich eine gezielte Zuchtstrategie verfolgen. Sie senke die Zahl der Tiere mit MDR-1-Defekt langfristig, argumentiert der Forscher. Besonders problematisch ist der MDR-1-Defekt deshalb, weil er die Tiere für eine ganze Reihe von pharmazeutischen Wirkstoffen empfindlich macht. Diese können dann nur in geringer Dosierung oder aber überhaupt nicht eingesetzt werden. Am bekanntesten ist die Überempfindlichkeit gegenüber dem gängigen Antiparasitikum (Wurmmittel) Ivermectin. Tiere mit MDR-1-Defekt werden daher auch häufig als Ivermectin-überempfindlich bezeichnet: Das für gesunde Tiere gut verträgliche Mittel tritt stärker als gewöhnlich in das zentrale Nervensystem über. „Dadurch kommt es zu Koordinationsstörungen, Zittern, Erbrechen, vermehrtem Speichelfluss, Koma und im Extremfall zum Tod des Hundes", erklärt Joachim Geyer.

Mithilfe des neu entwickelten Gentests konnten die Gießener Forscher auch die Vermutung bestätigen, dass der Defekt nicht bei allen Hunderassen auftritt. Obwohl sie Hunde aus 30 verschiedenen Rassen untersuchten, fanden sie den MDR-1-Defekt nur bei Hunden der Rassen Collie, Shetland Sheepdog, Australian Shepherd, Wäller, Bobtail, Border Collie und Weißer Schäferhund. Bei diesen ist der MDR-1-Defekt jedoch zum Teil recht häufig: Etwa jeder dritte Collie ist davon betroffen, jeder vierzehnte Australian Shepherd, aber nur einer von 300 Border Collies.

Von vielen Wirkstoffen ist noch gar nicht bekannt, wie MDR-1-defekte Hunde auf sie reagieren. In jedem Fall ist es jedoch hilfreich, per Gentest frühzeitig in Erfahrung zu bringen, welches Tier die problematische Genvariante in sich trägt. Entsprechend vorsichtig können Medikamente dosiert werden – und im Idealfall kann man auf eines der wenigen Präparate zurückgreifen, die nachweislich auch für überempfindliche Hunde sicher sind.

– Weitere Informationen und Ansprechpartner auf folgender Website:
www.vetmed.uni-giessen.de/pharmtox/mdr1_defekt.html

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