Deutsche Boxer – einst und heute

Von Gerald Pötz

Eines vorweg: Ich liebe Boxer! Und weil mir das menschenfreundliche und lustige Wesen dieser Rasse so besonders gefällt, habe ich seit vielen Jahren mit dem Gedanken gespielt, mir einen Boxer zu nehmen. Doch ein Hund besteht ja nicht nur aus seinem Wesen, sondern soll auch zu einem passen und – ganz wichtig – gesund sein. Und hier liegt der Knackpunkt: Ich habe jeden Boxer-Besitzer, dem ich begegnet bin – und das waren nicht wenige –, angesprochen, vor allem auch in Bezug auf die Gesundheit. Die Antworten lauteten von „Die Tierarztkosten schlagen sich schon ordentlich zu Buche", oder „Das ist jetzt mein dritter Boxer in 15 Jahren – ich hab’ genug!", bis hin zu strengen Warnungen befreundeter Tierärzte. Ich denke nicht, dass mich alle befragten Boxer-Besitzer angelogen haben. Warum auch, es wäre doch viel schöner, von seinem Hund sagen zu können, dass er gesund und langlebig ist.

Boxer unmodern?
Woran liegt es, dass der Deutsche Boxer immer kurzlebiger und „kränker" wird? Liegt es daran, dass der Boxer seit Jahrzehnten im Hundesport und Diensthundebereich „out" ist und heute nur mehr auf „Schönheit" gezüchtet wird? Ich frage mich oft, wann eine Rasse ihren Höhepunkt erreicht hat und ob die heroischen Vorsätze der Klubs, das „Verbessern der Rasse", nicht mehr als ein Hobby sind, oder ob die Zucht wirklich mit gesetzten Zielen und Fachwissen betrieben wird?

Wohin gehst du, Boxer?
Der Standard des Deutschen Boxers hat sich im Laufe der Jahrzehnte kaum verändert – doch der Hund ist nicht mehr derselbe. Ist es vielleicht so, dass das Idealbild eines Rassehundes nur in den Köpfen einiger Richter und Züchter existiert? Denn offensichtlich ist ein niedergeschriebener Rassestandard nicht in der Lage, langfristig eine Rasse gesund, agil und mit rassetypischem Wesen zu erhalten. Der Boxer wurde über die Jahre immer zarter, kurzlebiger, und die Schnauzen wurden bei vielen Linien fast weggezüchtet. Die abfallende Rückenlinie (hier geht es nicht nur um eine temporäre „Schaustellung" im Ausstellungsring) und die schmale Taille machen den einen oder anderen Boxer zur Karikatur seiner Rasse.

Und die Weißen …
Jetzt werden einige Funkionäre entnervt stöhnen – „Bitte nicht wieder mit den Weißen anfangen; die haben wir schon fast ausgerottet", lese ich in den Gedanken einiger „Farb-Rassisten". So einfach ist das nicht. Als WUFF 1996 das erste Mal erschien, war einer der ersten Einsätze der gegen das Töten sog. „überzähliger" Welpen beim Dobermann und gegen die Ausmerzung gesunder weißer Boxerwelpen wegen des „Farbfehlers". Ich frage mich, warum die Boxerklubs den Weißen so ausschließen. Die Gene kann man nicht verleugnen, und der – hauptsächlich weiße – Bulldog zählt nun einmal zu den Vorfahren des Boxers. Die weißen Boxer haben übrigens eine geringere Krankheitsanfälligkeit und in der Regel einen stämmigeren Körperbau als ihre farbigen Artgenossen. Es gibt außerdem viel mehr weiße Boxer als man glaubt – oft werden sie nämlich noch immer getötet! Dies ist nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen, sondern nach dem Tierschutzgesetz auch verboten. Darüber hinaus verkleinert man damit den genetischen Pool.

Fehler Farbenzucht?
Meine Erfahrung resultiert u.a. aus zehn Jahren WUFF-Tätigkeit und intensiven Beobachtungen auch der Rassehundezucht. Es scheint mir so, dass die Rassen, bei denen eine mehr oder weniger strenge Farbenzucht betrieben wird, sich nicht verbessern, sondern teilweise sogar verschlechtern. Beispiel American Staffordshire Terrier: Bei dieser Rasse sind nahezu alle Farben erlaubt, und es gibt einen großen Genpool. Diese Rasse hat praktisch keine Erbkrankheiten und ist bis ins hohe Alter topfit. Sie werden in der Regel 15 Jahre alt und sterben meist nach einem nur kurzen Leiden.Nur Träumereien?Ich lebe weder fernab der Realität noch bin ich Tagträumer. Für mich muss ein Boxer eine „Erscheinung" sein, die Begeisterung hervorruft. Ich will laut ein „belissimo cane" ausrufen können. Ja, das wäre ein Boxer, aber die Realität sieht heute anders aus. Zarte Rehlein, die bei zu freudigem „Stummeln" (seit dem Kupierverbot Schwanzwedeln) in ihrer zarten Taille fast abzubrechen drohen. Hunde, die im Ausstellungsring beim Fixieren ihres vierbeinigen Gegenübers wie ein Geodreieck dastehen. Manche in ihrer persönlichen Ansicht festgefahrene Richter und Züchter mögen das schön finden. Aber ich will keine durch einen übertriebenen Standard gezeichnete Karikatur sehen, sondern einen gesunden, schönen und freundlichen Hund.

Seinerzeit …
Es war einmal – 1886. In der zweiten Auflage von Alfred Brehms „Illustriertem Tierleben" bezeichnete er den Urboxer als Bullenbeißer bzw. Bulldog. Diese beiden Rassen wurden häufig miteinander gekreuzt. Die Engländer konzentrierten sich eher auf das Bulldogaussehen, und die Deutschen zielten auf einen gebrauchs-tüchtigen Hund ab. 1895 taucht die Bezeichnung „Deutsche Bulldogge" auf, und der Hund wird so beschrieben: „Eine große, wohlgestaltete, rasch bewegliche und energische Bulldogform, welche landläufig populär als Boxer bezeichnet werde". Der bekannte Bulldoggen-Züchter Richard Strebel hatte um die Jahrhundertwende eine Bulldoggen-Hündin aus seiner Zucht verkauft, weil sie ihm zu leicht und windig erschien. Sie stammte aus einer fast rein weißen Bulldoglinie. Ausgerechnet diese Hündin wurde zur Stamm-Mutter einer neuen Boxerlinie.

Back to the roots
1897 wurde der Deutsche Boxer Club gegründet, und eines seiner ersten Ziele war: Weg vom Bulldogtyp. Die am Anfang der Rassegeschichte zulässigen Farben Schwarz und Weiß wurden 1925/1926 verboten. Leider hat sich dieser Trend zu weit ins andere Extrem fortgesetzt. Ein kleines Stück in Richtung zurück zu den Wurzeln würde dem Boxer gut tun. Mir hat bis heute noch niemand eine logische Begründung geben können, warum die weißen Boxer aus der Zucht ausgeschlossen werden. Weil es 1925 so festgelegt wurde? Aus Nostalgie? Aus Angst, einen Boxer zu züchten, der wieder ein markantes und stämmiges Auftreten hat wie seine Urahnen? Aus Angst vor zu viel Weiß? Deutsche Boxer: Wo sind sie geblieben – wo sind sie hin?

Diese kritische Betrachtung und persönliche Meinung soll Sie zum Nachdenken anregen. Lassen Sie mich Ihre Meinung und Ihre Erfahrungen zu diesem Thema wissen, wobei es nicht nur um den Deutschen Boxer geht. Schreiben Sie mir an poetz@wuff.at oder per Post an die Redaktion (WUFF, A-3034 Maria Anzbach) und legen Sie ein oder zwei Fotos von Ihrem Hund bei.

LESER-MEINUNG


Dunkel macht schlank?
Sehr geehrte WUFF-Redaktion! Sie schreiben, dass man wenige Boxer sieht und dass diese nur „Rehlein" seien. Ich bin nun 44 Jahre lang Boxerbesitzer. In all’ den Jahren war der Boxer nie ein „Modehund" – im Gegenteil, jetzt sieht man leider sehr wenige. Ich bin beim österreichischen Boxerklub und komme dadurch mit vielen Boxern zusammen. Bei Zuchtschauen (Ausstellungen) schwankt die Meldezahl zwischen 60 und 120 Boxern. Aber es ist ganz selten, dass man dabei ein „Rehlein" findet. Viele Boxerhalter sind immer bedacht, dass sich die Linien nicht in die Breite verwaschen. Wenn so ein Boxer im Ring steht, bekommt man einen langen Arm, wenn er anzieht. Es ist eine bekannte Tatsache, dass Dunkel schlank macht. Deshalb wirken gestromte Boxer immer etwas graziler.

Ein Boxer ist ein mittelgroßer Hund, aber diese plastische Struktur unter seinem gestromten, gelben oder weißen Fell ist nicht aus Pappe. Dass der Boxer kein Modehund ist, würde ich vielleicht damit erklären, dass er auf Grund seines Temperaments schwieriger zu führen ist als z.B. ein Retriever. Aber wenn jemand mit Hunden umgehen kann, dann hat er im Boxer schlechthin den idealen Familienhund. Freundlich zu Kindern und Jedermann, doch kompromisslos beim Bewachen von Haus und Auto. Und auf Grund seines Körpers und der schwarzen Maske auf jeden Fall Respekt einflößend.

Heinz Rosenberger
… denn was wär´ ein Leben ohne Boxer?
www.herosboxer.com

LESER-MEINUNG


Will keine „Rehlein" mehr …
Liebe WUFF-Redaktion!
Seit meiner Kindheit bin ich der Rasse des Deutschen Boxers verfallen. Seit vier Jahren besitze ich so ein „Rehlein". Ich möchte sie nicht missen, denn auch durch diese kuriosen Züchtungen der Neuzeit haben die Deutschen Boxer – Gott sei Dank – eines nicht verloren, ihren tollen Charakter. Jedoch muss ich zugeben, dass unsere vorherigen Boxer stämmigere Tiere waren, auch die Hündinnen. Wenn man so ein Tier haben möchte, muss man über die Grenzen fahren, entweder nach Italien oder Tschechien. Ich finde es sehr schade, dass man diese tollen Hunde so „zurück" gezüchtet hat. Jedoch glaube ich, dass dies mehrere Gründe hat. Einer davon ist sicherlich, dass sehr viele Besitzer mit diesen kräfigen Hunden nicht mehr zurecht kamen. Schade eigentlich, denn durch diese „Rehlein-Zucht" hat man den Tieren nichts Gutes getan. Denn durch den kleinen Kopf haben sie automatisch einen kleineren Fang, eine zu kurze Nase (meiner Hündin mussten mit 7 Wochen die Nasenlöcher operativ vergrößert werden, ihre Schwester hat an heißen Tagen sehr große Probleme mit dem Atmen) und noch einiges mehr. Bei unseren früheren, stämmigen Boxern war dies alles kein Problem. Vielleicht sollte man doch wieder zu der Urspungszüchtung zurückkehren und die Hundehalter genauer auswählen und nicht einem älteren, nicht mehr so mobilen Menschen einen jungen, aktiven und quirligen Boxer verkaufen. Ich werde trotzdem dieser tollen Rasse treu bleiben.
Eine WUFF-Leserin (Name d. Red. bekannt)

LESER-MEINUNG


Was ist nur aus dem Boxer geworden!
Mit Begeisterung habe ich der WUFF-Vorschau entnommen, dass Sie sich u.a. mit dem Deutschen Boxer beschäftigen werden (Wo sind sie geblieben?). Ja, wo sind sie wirklich geblieben? Als Boxerbesitzer und -liebhaber (mittlerweile das 4. Boxermädel in unserer Familie) leiden wir schon seit langem mit dieser Rasse mit und vor allem daran, was aus dem einstigen sportlichen Gebrauchs- und Familienhund geworden ist. Nach dem Tod unserer 3. Hündin im März 2004, die an einer starken Allergie litt und auch wesensmäßig nur mehr teilweise dem entsprach, was so einen Boxer ausmacht (der sprichwörtliche Mut des Boxers fehlte ihr), wollten wir zuerst gar keinen Hund mehr. Da dies für mich nicht lange auszuhalten war, machten wir uns auf die Suche nach einer gesunden Leistungszucht – und sei es am Ende der Welt. Mit viel Spürsinn und der Hilfe boxerverständiger Menschen kamen wir auf einen deutschen Zwinger, der wieder versucht, gesunde, wesensfeste, starke und für den Hundesport geeignete Boxer zu züchten. Eine Hündin ist davon im Sommer 2004 bei uns gelandet – ein temperamentvolles, starkes, liebenswertes und auch schönes Energiebündel mit Supercharakter, das uns täglich fordert und für das Agility zu den Lieblingsbeschäftigungen zählt. (Da wir nicht mehr zu den Jüngsten gehören, wünsche ich mir an so manchen Tagen besagtes ruhiges, zartes Rehlein!) Aus diesem Zwinger (www.boxerwache.de) kamen schon einige Welpen nach Österreich. Es ist mir ein Anliegen, Informationen weiterzugeben, vielleicht kann man mit vereinten Kräften diese liebenswerte Rasse wieder ihren ursprünglichen Standards annähern.

Christiane Leitner + Boxermädel Cheyenne

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