Tiersuchhunde – Wie speziell ausgebildete Spürhunde helfen können entlaufene Haustiere zu finden

Von Uwe Lukas und Monika Wirfs

Tiersuchhunde sind speziell für die Suche nach Tieren ausgebildete Spürhunde, die in der Lage sind, auch noch nach Stunden die Spur eines entlaufenen Tieres aufzunehmen und zu verfolgen. Welcher Spezies dieses Tier angehört ist egal, es muss allerdings ein Fell oder Borsten haben. Da das Geruchsmuster eines ­Tieres so einzigartig ist wie der Fingerabdruck eines Menschen.

Die Grundvoraussetzung für den Einsatz eines Tiersuchhundes ist das Vorhandensein eines sogenannten Geruchsmusters des vermissten Tieres. Das kann bspw. eine Fellbürste, ein Halsband, die Liegedecke oder ein Spielzeug sein. Wichtig dabei ist zu beachten, dass möglichst kein anderes als das gesuchte Tier mit dem Gegenstand Kontakt hatte. Auch sollte dieser Gegenstand von möglichst wenigen Menschen angefasst worden sein, um das Geruchsmuster nicht zu verfälschen. Der sogenannte Individualgeruch eines Tieres, an dem sich die Spürhunde während der Suche orientieren, ist so einzigartig wie der Fingerabdruck eines Menschen.

Tipp zum Bereitstellen eines Geruchsmusters: Nehmen Sie eine saubere Plastiktüte (z. B. Müllbeutel, gelber Sack etc.) und greifen Sie den Gegenstand durch diese Tüte hindurch an, und zwar so wie Sie einen Kothaufen Ihres Hundes entfernen würden. Halten Sie den Gegenstand in diesem Plastikbeutel gut verschlossen für die Suchhundeteams bereit. An verschiedenen Fallbeispielen wird nun dar­gestellt, wie die Hilfe der Spürhunde bei der Suche nach einem ­vermissten Tier aussehen und zum Einsatz ­kommen kann.

Die direkte Suche
Eine Mischlingshündin hat sich beim Spazierengehen losgerissen, um einem Hasen hinterher zu jagen. Mit der Schleppleine am Geschirr entschwand die Hündin den Blicken ihres Frauchens. Zunächst wartete die Hunde­führerin einige Zeit an der Stelle, an der die Ausreißerin entlaufen war, ob sie nicht doch wieder auftauchen würde. Danach suchte sie etwa eine halbe Stunde lang allein nach ihrer Hündin. Da auch ihre Suche erfolglos blieb, alarmierte sie die Suchhundegruppe Vulkaneifel und bat um Hilfe bei der Suche nach ihrer Hündin. Innerhalb von nur wenigen Minuten wurde die Hündin vom ersten angesetzten Suchhund bereits aufgespürt. Sie hatte sich ganz in der Nähe mit ihrer Schleppleine unter einem Haufen übereinanderliegender Äste und kleiner gefällter Bäume verfangen und offenbar auch nicht auf das Rufen ihres Frauchens reagiert. Ohne ­Einsatz des Suchhundes wäre die Hündin in dem mit Sträuchern und Bäumen dichtbewachsenen Gelände wohl nicht so schnell gefunden worden.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit für Tiersuchhunde ist auch die Suche nach einem Tier, das bspw. bei einem Unfall verletzt oder von einem Jäger an­geschossen wurde und in Panik flüchtete. Einfach hinterherlaufen und das Tier auf eigene Faust suchen ist meist wenig erfolgversprechend, da die Tiere sich im Regelfall verstecken und nicht auf das Rufen reagieren, wenn sie verletzt sind oder sich anderweitig in einer misslichen Lage befinden. Dies gehört zum natürlichen Verhalten eines Hundes, der Feinde in so einer Situation nicht auf sich aufmerksam machen will.

In der falschen Richtung gesucht
Zwei Tage lang schon war eine Katze in Simmerath bei Aachen vermisst. Mit dem Einsatz der Suchhunde ­konnte das Gebiet eingeschränkt ­werden, in dem die Katze vermutet wurde. Die Besitzer hatten ihre entlaufene Katze nämlich in der falschen Gegend vermutet und daher dort gesucht. Sie waren erstaunt ­darüber, wo die Hunde die Spur der Katze anzeigten und verfolgten, wo sie doch dachten, dass ihr einjähriges Kätzchen auf der entgegengesetzten Seite des Ortes auf Streifzug gegangen war. Als die Besitzer das von den ­Suchhunden eingekreiste Gebiet absuchten, ­fanden sie ihr Kätzchen nur zweihundert Meter von zu Hause entfernt auf einem kleinen Baum sitzend.

Der Hund hält sich nicht mehr im vermuteten Gebiet auf
An einem Freitagabend war eine sechsjährige Dackelhündin nur etwa dreihundert Meter von zu Hause entfernt im luxemburgisch-französischen Grenzgebiet bei Mondorf-Les-Bains ihrem 16-jährigen Frauchen entlaufen. Die Hündin lief in ein für Menschen undurchdringbares Gebüsch hindurch. Vermutlich war sie hinter einem Hasen her.

Alle drei am Sonntagvormittag ein­gesetzten Spürhunde zeigten unmissverständlich an, dass sich die Hündin nicht mehr in unmittelbarer Um­gebung befand. Sie verfolgten die Spur der Hündin auf den Wegen, auf denen sie in den Tagen zuvor ­Gassi gegangen war. Weiterhin zeigten die Suchhunde eine Wiese an, auf der sich die Ausreißerin befunden haben musste, wo sie auch von einer ­Reiterin gesehen worden war. Von dieser ­Wiese führte ein kleiner Weg zurück zur Straße und zu einer kleinen Obstplantage. Vor dieser Obstplantage endete die Spur. Aufgefundene Auto­spuren ließen ­vermuten, dass die ­Hündin in einem Auto wegtransportiert worden war. Ob sie angefahren und verletzt ­wurde, oder einfach so mitgenommen ­wurde, ließ sich nur mutmaßen. Sicher ist nur, dass sich das Tier zur Zeit des ­Sucheinsatzes nicht mehr in der unmittelbaren Gegend aufge­halten haben kann und schon kurz nach dem Davonlaufen mit einem Fahrzeug weggeschafft worden sein muss.

Wäre die Hündin noch längere Zeit in dem Gebiet umhergelaufen, hätten die Suchhunde dies angezeigt. Aber keiner von den drei eingesetzten Spürnasen hatte auch nur im geringsten Anzeichen dafür gegeben, dass die Hündin auf den Wiesen und im angrenzenden Wald noch unterwegs war.

Nach drei Tagen wieder zu Hause
Ein dreijähriger Rüde hatte sich zusammen mit einer Hündin vom Grundstück des Besitzers entfernt. Der Besitzer lief zwar sofort hinterher, verlor die beiden Tiere jedoch schnell aus den Augen. Nach zwei Stunden kehrte die Hündin zurück, von dem Rüden fehlte jede Spur. Die Such­hunde wurden dort angesetzt, wo die beiden Ausreißer das Grundstück bei Mendig in der Eifel verlassen hatten.

Die zwei eingesetzten Hunde verfolgten die Spur des Rüden über fast vier Kilometer durch einen Reiterhof, zwei Geflügelhöfe, Wiesen, Felder und ein Waldstück bis zum Nachbarort Ettringen. Die Halter konnten es nicht glauben, dass ihr Hund hier sein könnte, denn sie waren mit ihm noch nie in dieser Gegend gewesen. Vor einem Basaltsteinwerk am Ortsrand wurden die Hunde noch einmal abwechselnd eingesetzt. Als die Suchhunde ihre Leistungsgrenze erreicht hatten, musste die Suche an diesem Tag abgebrochen werden. Man plante, am nächsten Tag die Suche beim Basaltsteinwerk fortzusetzen. Doch dazu kam es nicht mehr. Die Besitzer konnten ihren Hund am nächsten Morgen vor dem Basaltsteinwerk von einem dort beschäftigten Arbeiter in Empfang nehmen.

Happy End nach dreimonatigem Irrlauf
Eine weitere Möglichkeit für den Einsatz von Tiersuchhunden ist das Verfolgen von Hunden, die nur ­mittels Hilfe von Betäubungsmitteln eingefangen werden können. Die Suchhunde werden auf die Spur des Tieres angesetzt, nachdem diesem mit Blasrohr, Betäubungsgewehr oder über sein Futter entsprechende Medikamente verabreicht wurden. Der Einsatz von Betäubungsmitteln erweist sich oft als sehr problematisch, da bei Hunden, die eingefangen werden sollen, die Wirkung der Medikamente durch den hohen Stresslevel beeinträchtigt wird. Allerdings darf man die Mittel auch nicht zu hoch dosieren, da sie sonst für das Tier lebensbedrohlich sein können.

Drei Monate lang irrte ein ­entlaufener Australian-Shepherd-Rüde in einem ca. 40-Quadratkilometer umfassenden Streifgebiet zwischen Blankenheim und Adenau in der Eifel herum. Immer wieder wurde der Hund gesichtet. Man beschloss, den Rüden zunächst „anzufüttern". Im März 2013 gelang es endlich, ihn über mehrere Tage zu festen Zeiten zu füttern und an ein Geruchsmuster von ihm zu gelangen, das für die lang geplante Einfangaktion durch die Spürhunde benötigt wurde. Als schließlich von einer Tierärztin Betäubungsmittel in das Futter gemischt wurden, dauerte es trotzdem noch ganze zwei Tage, bis der Hund eingefangen werden konnte. Zwar wurde er beim Verfolgen ­seiner Spur mit den Suchhunden immer ­wieder gesichtet, lief jedoch immer wieder weg und ließ niemanden an sich heran. Erst am zweiten Tag gelang es, den völlig erschöpften Hund einzufangen. Sofort tierärztlich versorgt konnte festgestellt werden, dass sich der etwa zweijährige Rüde in erstaunlich gutem Allgemeinzustand befand. Temperatur und Kreislauf waren in Ordnung. Er hatte leichtes Übergewicht. Sein Fell war nicht verfilzt und er hatte nur zwei Zecken als mitreisende Gäste. Mittlerweile nehmen der Rüde und seine neue Halterin an einer Aus­bildung zum Tiersuchhundeteam teil.

Der Einsatz von Betäubungsmitteln im Futter sollte übrigens dem Einsatz von Blasrohr und Betäubungsgewehr beim Einfangen von entlaufenen Tieren vorgezogen werden, da die Gefahr eines zusätzlichen Traumas für den Hund wesentlich geringer ist. Lebendfallen bringen erfahrungsgemäß oft nicht den erwünschten Erfolg, weil die meisten Hunde einfach nicht hineingehen. Auch besteht nach dem Einsatz dieser Fallen die Gefahr, dass die Hunde nie wieder eine Box (Auto oder Kennelbox im Haus) betreten. Beim Einfangen von Katzen sind Lebendfallen hingegen ein hervorragendes Hilfsmittel.

Grenzen für den Einsatz von ­Tiersuchhunden
Natürlich sind dem Einsatz von Tiersuchhunden auch Grenzen gesetzt. Der wichtigste Aspekt ist die Dauer der vergangenen Zeit zwischen dem Verschwinden eines Tieres und dem Einsatzbeginn der Hunde. Idealerweise sollten nicht mehr als drei Tage vergangen sein. Unter günstigen Witterungsverhältnissen sind auch schon mal fünf Tage möglich. Danach sind einfach nicht mehr genug Geruchs­partikel vorhanden, an denen sich die Tiersuchhunde orientieren können.

Ein weiteres Problem stellen die Freigänger unter den Katzen dar. Katzen, die tagein und tagaus durch ihr Revier streifen, hinterlassen einfach zu viele Spuren, wodurch es oft nicht möglich ist, die frischeste Spur auszuarbeiten und zu verfolgen.

Reine Wohngebiete, wie sie in ­vielen Städten zu finden sind, stellen unter Umständen ein kaum ­lös­bares ­Problem dar. Stellen Sie sich eine Reihenhaussiedlung vor, ein ­Garten neben dem anderen, vielerorts schmäler als 10 Meter und jeder ­säuberlich eingezäunt. Für Katzen ist dies natürlich kein Problem, sie ­springen über die Zäune, schlüpfen durch Lücken usw. Mit Suchhunden hat man da kaum eine Chance. Die Hunde werden an jedem Zaun in ihrer Sucharbeit unterbrochen und hören irgendwann ganz auf zu suchen. Auch ist es fast unmöglich sämtliche ­aneinandergrenzenden Grundstücke mit den Hunden betreten zu dürfen. Oft müssten die Hunde durch Wohnungen geführt werden, um in die Gärten zu gelangen. Vielleicht regnet es zu diesem Zeitpunkt auch noch und viele weitere Umstände mehr ­sprechen dann gegen einen Einsatz der Tiersuchhunde, denn wer lässt schon gerne fremde und dazu noch nasse Hunde durch sein Wohnzimmer spazieren?

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