Der Wäller – Liebenswerter Allrounder für aktive Menschen

Von Anne-Katrin Schwettmann

Der Wäller verdankt seine Entstehung eigentlich einem wohl­geratenen Briard-Mischling. Karin Wimmer-Kieckbusch züchtete lange Jahre die Rasse Berger de Brie, auch Briard genannt. Schließlich musste sie feststellen, dass sie sich mit den Entwicklungen in der Hundezucht damals (ca. 1980er, frühe 1990er Jahre) nicht anfreunden konnte. Sie wollte Wesensfestigkeit und Gesundheit in der Zucht von ­Hunden den Vorrang geben, was ihrer Meinung nach mehr und mehr zugunsten Schönheit und Ausstellungstiteln verloren ging.

Ein „wohlgeratener" Briard-Mischling gab der ­ehemaligen Briard-Züchterin Karin Wimmer-Kieckbusch den Anstoß für ihre Überlegungen, eine ambitionierte Idee in die Tat umzusetzen. Sie wollte einen Hund züchten, der möglichst viele gute Eigenschaften eines Familien- aber auch Sporthundes in sich vereinigte. Sie suchte eine Rasse, die im Wesen und Arbeitsverhalten gut zum Briard passen könnte und gleichzeitig einen großen Genpool mitbrachte, um die Gesundheit der Hunde zu erhalten. Sie fand diese Eigenschaften im Australian Shepherd, seinerzeit in Deutschland noch relativ unbekannt und auch erst 2007 von der FCI (Dachverband der Rassehunde) anerkannt. Seinen Namen hat der Wäller durch den damaligen Wohnsitz von Karin Wimmer-Kieckbusch, der im Westerwald lag. Mundartlich nennen sich die Bewohner des ­Westerwaldes untereinander Wäller. Und so sollte auch die neue Kreuzung heißen.

Von der Idee zur Tat
1994 fiel der erste Wurf Wäller und 1995 wurde der 1. Wäller-Club Deutschland e. V. gegründet. ­Seitdem wird nach einem wissenschaftlich ­fundierten Zuchtprogramm, das auf 8 nicht miteinander ­verwandten Linien basiert, gezüchtet. Jede Linie baut auf einer ­Ursprungsverpaarung von Aussie und Briard auf, ein ­Rotationsprinzip verhindert ein enges Verwandtschafts­verhältnis der ­Paarungspartner. Die Rasse Wäller ist von den großen Zuchtverbänden (VDH, FCI) nicht anerkannt. Dies wird vom 1. Wäller-Club Deutschland e. V. allerdings auch nicht angestrebt. Es werden Wäller x Wäller, Wäller x ­Aussie, Wäller x Briard oder zur Schaffung einer neuen Linie auch Briard x Aussie miteinander verpaart. Daher gibt es Größen-Varianzen von 52–60 cm bei den Hündinnen und 60–65 cm bei den Rüden.

Es sind alle Farbvarianten, inkl. ­merle (1), mit oder ohne Abzeichen, Scheckungen oder Tüpfelungen, erlaubt und erwünscht. Das Gleiche gilt für Augen- und Nasenfarben. Jeder Wäller ist ein Unikat. Je nach Vererbung ist der Wäller mit einem mehr oder weniger üppigen Haarkleid ausgestattet. Seit 2014 werden zwei voneinander getrennte Schläge des Wällers gezüchtet. Da ist einmal der bärtige, wie der Name schon sagt, mit einem Schnauzbart versehene Wäller und auf der anderen Seite der bartlose Typ, der inzwischen schon viele Anhänger gefunden hat. Auch innerhalb dieser Typen variiert die Haarlänge und Üppigkeit des Fells. Es gibt Wäller mit starker Unterwolle, die die Fellpflege etwas aufwändiger werden lässt. Das ist vor allem bei den Hunden der Fall, bei denen sich der Briard erblich stärker durchsetzt. Das Idealbild ist festes Ziegenhaar und wenig Unterwolle.

(1) Merle: Das Tierschutzgesetz untersagt die ­Verpaarung zweier Träger des Merle-Gens. ­Welpen einer solchen Verpaarung können taub und/oder blind geboren werden. Trägt nur ein Elternteil das Gen, sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu befürchten. Das Merle-Gen verursacht die unregelmäßige Aufhellung der Grundfarbe und sorgt damit für eine charakteristische Fellzeichnung einiger Hunderassen.

Die meisten Welpen sind kleine Überraschungseier, deren Aussehen sich im ersten Lebensjahr stark ändert. ­Vor allem Welpen mit dem Merle-Faktor sehen nahezu jeden Monat anders aus, und ein schoko-braun geborener Hund kann später durchaus hellbraun sein. Wenn man sich also für einen Wäller als Familienmitglied interessiert, sollte man sich von den Äußerlich­keiten nicht zu sehr beeindrucken ­lassen. Sie sind eher nebensächlich.

Die Würfe fallen im 1. Wäller-Club Deutschland e. V. ausschließlich in Hobbyzuchten, mit den Hündinnen als Familienmitglieder. Die Zucht mehrerer Rassen oder parallele Würfe sind verboten. Um zur Zucht zugelassen zu werden, muss ein Wäller einige gesundheitliche Untersuchungen (Röntgen auf HD, MDR1-Test (2) und erbliche Augenerkrankungen) über sich ergehen lassen. Außerdem muss er an einer vereinsinternen Zucht­zulassung teilnehmen. Diese Prüfung ist vom Land Nordrhein-Westfalen als Wesenstest anerkannt. Eins muss er nicht: irgendwelche Titel auf Ausstellungen erlangen. Auch der angehende Züchter muss belegen, dass er sich kundig gemacht hat, und ein vereins­internes Seminar besuchen, sowie einen Sachkundetest ablegen.

(2) MDR1: Kann Unverträglichkeit bestimmter ­Medikamentenwirkstoffe verursachen.

Die Züchter im 1. Wäller-Club Deutschland e. V. werden intensiv betreut. Das fängt schon bei der Planung des Deckens an. Die Zuchtleitung sucht die passenden Rüden für die jeweilige Hündin, schlägt diese vor und genehmigt dann den Deckakt. Dadurch wird die Verpaarung zweier Hunde, die nah verwandt sind, ausgeschlossen. Auch die Verpaarung zweier Merle-Gen-Träger oder MDR1-Gen-Träger kommt somit nicht vor. Im Alter von ca. 7 Wochen werden die Welpen von geschulten Zuchtwarten begutachtet. Dazu gehört ein erster kleiner Wesenstest, der vor allem dem Züchter helfen soll, seine Welpen in die richtigen Familien zu geben.

Die Verpaarung zweier Hütehundrassen bringt naturgemäß einen Hütehund hervor. Die ehemaligen Arbeitsgebiete von Aussie und Briard ähneln sich in vielen Bereichen und unterscheiden sich dennoch ein wenig. Auf jeden Fall hat man mit einem ­Wäller einen Hund, der gerne und schnell lernt. Zum Glücklichsein braucht der Wäller Beschäftigung für die Beine und den Kopf. Es ist auf jeden Fall kein Hund für Couchpotatoes, zwei Gassigänge am Tag reichen nicht aus. Er eignet sich nahezu für alle Hundesportarten, und auch im Therapie- oder Rettungshunde-Bereich finden sich bereits einige Exemplare. Der Wäller wird wahrscheinlich nie der Experte in einem Bereich sein, aber er ist offen für alles und macht meist willig mit, ein Allrounder ohne ein Workaholic zu sein. Eine Gefahr birgt sein sehr niedliches Aussehen als Welpe. Diesem kleinen Wuscheltier kann man nur schwer böse sein. Und so kann es ein Wäller ziemlich schnell schaffen, seine Menschen ein Stück weit in seinem Sinne zu „erziehen".

Liebevolle Konsequenz ist hier das Zauberwort
Es gibt ein paar Eigenschaften, die speziell der Briard mitbringt. Da wäre einmal die sogenannte Reserviertheit gegenüber fremden Menschen. Damit sich diese Veranlagung nicht gänzlich zur Handscheue auswächst, sollte mit diesen Hunden besonders dahin gehend gearbeitet werden, Berührungen zumindest gelassen zu dulden. Ein gewisser Schutztrieb wird ebenfalls dem Briard nachgesagt. Er war ursprünglich schließlich auch ein Bewacher seiner Schafherde. Die Lösung dafür muss wieder mal der Mensch leisten und seinem Hund deutlich, aber liebevoll klarmachen, dass es nicht nötig ist, den Paket­boten zu attackieren, verbellen reicht. Des Weiteren wird dem Briard eine ­gewisse Sturheit zugeschrieben, deren Ursprung ebenfalls im ehemaligen Arbeitsgebiet des Briards zu finden ist. Er musste teilweise selbstständig handeln, und dafür war Mitdenken erforderlich. Diese Eigenschaft hat sich in manchen Hunden erhalten, und so ist es dem Briard ein Graus, stereotype Übungen immer und immer wieder zu wiederholen. Schafft man es aber das Training abwechslungsreich und spannend zu gestalten, wird der Hund gerne mitarbeiten.

Daneben bringt es das lange Haar mit sich, dass ein Briard und eben auch einige Wäller es ein wenig schwer haben, von Artgenossen „verstanden" zu werden. Es liegt auf der Hand, dass ein Hund ohne langes Fell im Gesicht eine viel deutlichere ­Gesichtsmimik zeigen kann als z. B. der Wäller. Missverständnisse können da schon vorkommen. Man kann als Halter zumindest die Augen freischneiden, der Wäller muss schließlich auf keine Schönheitsausstellung.

Der Aussie wiederum bringt eine gewisse Bellfreudigkeit mit. Das ist einleuchtend, wenn man bedenkt, dass dieser Hütehund auch mit Hilfe seiner Stimme versucht, seine Schäflein im Zaum zu halten. Diese Bell­freudigkeit zusammen mit territorialem Verhalten kann bei empfindlichen Nachbarn ein Problem sein, welches bearbeitet werden sollte.

Man muss sich bewusst sein, dass der Wäller eine Kreuzung aus zwei Hütehundrassen ist und mehr oder weniger stark ausgeprägte Rassemerkmale beider Rassen in sich trägt. Er ist ein robuster Hund, der fast alles mitmacht, der glücklich ist, überall mit seiner Familie zusammen zu sein, sich für alle Hundesportarten eignet und bei entsprechender Prägung und Erziehung ein guter Kinderkumpel ist. Wenn man selber aktiv und bereit ist, sich einige Zeit pro Tag seinem Hund zu widmen, bekommt man mit einem Wäller einen vitalen, gesunden, sportlichen, leicht erziehbaren Hund, der ein hohes Lebensalter erreichen kann, nicht selten 13 Jahre und mehr.

Aber Obacht, jeder Hund aus einer Aussie-Briard-Verpaarung oder aus dessen Nachfahren darf sich Wäller nennen. Den Original-Wäller aus kontrollierter Zucht bekommt man ausschließlich im 1. Wäller-Club Deutschland e. V. (www.waeller-club.de)

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