Schutzhund stellt und verbellt.

Verbot von Beiß- und Angriffstraining für Hunde

Von dogodu-Redaktion

Erfolg für den Tierschutz oder ein Angriff auf den Hundesport?

Am 15. April 2025 tritt in Österreich eine neue Verordnung in Kraft, die es Privatpersonen untersagt, ihre Hunde im Schutzdienstsport auszubilden. In der Verordnung heißt es: „Die Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken (Schutzhundeausbildung) sowie sonstige vergleichbare Ausbildungen und sportliche Aktivitäten von Hunden, die ein gegen den Menschen oder gegen von Menschen getragene Gegenstände gerichtetes Angriffsverhalten oder gegen den Menschen gerichtetes Beißtraining beinhalten, sind verboten.“

Diese Entscheidung wurde von Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch kurz vor dem Ende seiner Amtszeit getroffen und hat bereits heftige Reaktionen ausgelöst. Während Tierschutz-Organisationen die neue Regelung als großen Erfolg feiern, spricht der Österreichische Kynologenverband (ÖKV) von einem „Frontalangriff“ auf den Hundesport. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe der Verordnung, die Reaktionen darauf und die möglichen Auswirkungen auf die Hundeausbildung.

Das Verbot und seine Hintergründe

Hunde sind treue Begleiter des Menschen und leisten wertvolle Dienste, sei es im privaten Umfeld oder im Einsatz für Polizei, Militär und Rettung. Dennoch geriet die sogenannte Schutzhundeausbildung zunehmend in die Kritik. Bereits das Bundestierschutzgesetz verbietet Maßnahmen, die das Aggressionspotenzial von Tieren erhöhen. Dass die Schutzhundeausbildung im Sinne einer hundesportlichen Ausbildung dennoch weiter betrieben wurde, rief Tierschützer und die Medien – allen voran die Tageszeitung Krone – auf den Plan.

Nach jahrelangen Forderungen hat der „grüne Minister“ Rauch nun in letzter Minute gehandelt: Ab Mitte April ist die Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken (Schutzhundeausbildung) für Privatpersonen verboten. Dies gilt auch für den Gebrauchshundesport, in dem das Beißen in Schutzärmel oder ähnliche Praktiken Teil des Trainings sind. Ausgenommen von dem Verbot sind Diensthunde von Polizei, Militär, Zoll und Bergrettung, deren spezielle Ausbildung weiterhin erlaubt bleibt. Auch das Spielen mit Seilen, Bällen oder Frisbees bleibt gestattet, solange es nicht als Beißtraining missbraucht wird.

Johannes Rauch sieht in der Regelung einen wichtigen Schritt für den Tierschutz: „Ich bin überzeugt, dass ein Verbot des Beiß- und Angriffstrainings den Tieren und allen Menschen in unserem Land zugutekommt.“ Für bereits laufende Ausbildungen gelten Übergangsfristen: Trainings, die in den letzten sechs Monaten vor Inkrafttreten begonnen wurden, dürfen noch bis zum 1. September 2025 fortgeführt werden, allerdings ohne weiteres Beißtraining.

Die Reaktionen der Tierschutzorganisationen

Die neue Regelung stößt bei Tierschutzorganisationen auf breite Zustimmung. Die Tierschutz-Allianz, zu der unter anderem Vier Pfoten, Gut Aiderbichl und der Verein Pfotenhilfe gehören, bezeichnet das Verbot als „absoluten Erfolg für den Tierschutz“. Auch die Grünen Wien lobten die Entscheidung: „Das ist gut für den Schutz von Menschen und verringert auch noch Tierleid“, betonte die Tierschutzsprecherin Jennifer Kickert.

Kritik des Österreichischen Kynologenverbandes (ÖKV)

Auf der anderen Seite steht der Österreichische Kynologenverband (ÖKV), der die Verordnung scharf kritisiert. Der Präsident des ÖKV, Philipp Ita, spricht von einer „grünen Allmachtsverordnung“, die ohne parlamentarischen Prozess und entgegen wissenschaftlicher Expertenmeinungen durchgesetzt wurde. Er wirft Minister Rauch vor, mit dieser Verordnung seine NGO-Freunde zu begünstigen und eine traditionsreiche und international anerkannte Hundesportart zu zerstören.

Besonders kritisch sieht der ÖKV die Auswirkungen auf die Hundezucht und die Ausbildung von Gebrauchshunden für lebensrettende Einsätze. Diese Hunde werden durch gezielte Selektion und Trainingsmethoden vorbereitet, die nun durch das Verbot erschwert oder unmöglich gemacht werden könnten. „Statt echten Tierschutz zu betreiben, vergreift sich Rauch an den Falschen: jenen, die mit Wissen, Fachverstand und Verantwortung Hunde ausbilden“, betont Ita.

Der Verband kündigte an, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die Verordnung zu stoppen. „Das ist keine demokratische Verordnung, das ist übelste Machtdemonstration“, so der ÖKV-Präsident.

Tierschutz oder Symbolpolitik?

Die Debatte um die neue Verordnung zeigt deutlich die Spannungen zwischen Tierschutzorganisationen und Hundesportverbänden. Während die einen die Regelung als wichtigen Fortschritt für den Tierschutz sehen, sprechen die anderen von Symbolpolitik ohne fachliche Grundlage. Kritiker bemängeln, dass die Verordnung zwar den Hundesport einschränkt, jedoch wenig gegen das eigentliche Problem des illegalen Welpenhandels und skrupelloser Hundevermehrer unternimmt. Auch bei „Hinterhoftrainern“, die in keinem Verein eingetragen sind und Hunde tatsächlich scharfmachen wird diese Verordnung nicht greifen. Stattdessen werden verantwortungsvoll arbeitende Hundesportler in Vereinen bestraft.

Zudem bleibt fraglich, ob das Verbot tatsächlich zur gewünschten Verringerung von Beißattacken führen wird. Schließlich ist aggressives Verhalten bei Hunden oft das Resultat von fehlender Sozialisierung, falscher Haltung oder traumatischen Erlebnissen – Faktoren, die durch ein reines Trainingsverbot kaum beeinflusst werden.

Ausblick: Was bedeutet die Verordnung für die Zukunft?

Die neue Regelung könnte weitreichende Folgen für die Hundesport-Szene in Österreich haben. Rund 500 Hundesportvereine und zahlreiche Hundetrainer sehen ihre Arbeit bedroht. Auch die Ausbildung von Rettungs- und Diensthunden könnte indirekt betroffen sein, wenn wesensstarke Hunde aufgrund der eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten nicht mehr gezüchtet werden können.

Auf politischer Ebene bleibt abzuwarten, ob die kommende Regierung die Verordnung rückgängig macht oder anpasst. Die klare Botschaft von Minister Rauch an seine Nachfolger lässt vermuten, dass das Thema noch lange nicht vom Tisch ist: „Eine Aufhebung des Verbots entspricht einer Mitschuld an möglichen weiteren Opfern von Beißattacken und unnötigem Tierleid!“

Ob die Verordnung tatsächlich mehr Sicherheit für Menschen und mehr Tierschutz bringt oder ob sie letztlich eine überhastete Maßnahme ohne ausreichende Folgenabschätzung ist, wird die Zukunft zeigen. Klar ist nur: Die Diskussion über das richtige Maß an Hundetraining und Tierschutz ist in Österreich längst nicht beendet.

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