Oldies but Goldies: Luis, der rumänische Straßenhund

Von Martina Bartl

Hunde-Omas und -Opas sind etwas ganz Besonderes. Wir holen die grauen Schnauzen vor den Vorhang und stellen jeden Monat einen Hunde-Oldie vor. Diesmal erzählt Daniela P. die Geschichte von Luis, ihrem rumänischen Straßenhund.

Was Luis in seinen ersten sieben Lebensjahren erlebt hat, liegt im Dunkeln. Seine mehr oder weniger dokumentierte Geschichte beginnt im Jahr 2013, als er – damals vermutlich sieben Jahre alt – zusammen mit seinem gesamten Rudel in Rumänien von Tierschützern eingefangen wurde, um es vor der Tötungsstation zu retten. Der damals schon krebskranke Luis wurde in einen privaten Shelter gebracht. Während in den folgenden zwei Jahren alle Hunde aus seinem Rudel ein neues Zuhause gefunden hatten, wartete Luis noch immer auf seine zweite Chance. Die sollte er von Daniela P. bekommen: »Ich wurde 2015 durch Facebook auf ihn aufmerksam und erfuhr so, dass für ihn ein Pate gesucht wird. Ich übernahm die Patenschaft. Doch im Herbst 2015, nach zwei Monaten als mein Patenhund, entschied ich, ihn zu mir auf Pflegestelle zu holen. Er hatte aufgegeben, und der Krebs schien in großen Schritten voranzuschreiten. Das Leben des ehemaligen Rudelführers schien bald zu Ende zu gehen. Er sollte den bald eintretenden Winter nicht mehr draußen erleben müssen. Dieser Winter wäre wohl ganz sicher sein Todesurteil gewesen. Ich holte Luis zu mir.«

Das erste wundervolle Erlebnis mit dem damals vermutlich neunjährigen Luis hatte Daniela gleich bei seiner Abholung: »Luis war mein erster Rettungshund aus dem Ausland. Bei Ankunft des Hundes wurde er liebevoll vom Transporter in mein Auto verladen. Er war sehr dünn, kaum bemuskelt, krebskrank und hatte sich aufgegeben. Luis saß also gut gesichert auf meiner Rückbank. Als wir etwa 100 Meter nach Abfahrt bei der ersten Ampel stehen blieben, hat sich dieses arme Geschöpf mit aller Kraft aufgerichtet, sein Köpfchen durch die zwei Vordersitze gestreckt und einmal mir (Fahrerin) und einmal der Beifahrerin übers Gesicht geschleckt und sich danach zufrieden auf die Rückbank gelegt. Ein echter Gänsehautmoment, und wir dachten uns: Unglaublich, er bedankt sich gerade mit letzter Kraft, dass wir ihm eine Chance geben.«

Luis, der Vorbildhund

Dass Lui – wie ihn Daniela auch nennt – einstmals ein ganzes Rudel angeführt hatte, ist ihm rein äußerlich nicht anzusehen, aber »seine Aura lässt viele große, starke Hunde zurückschrecken«, erzählt Daniela. Sie beschreibt ihn als sehr ressourcensparend, als einen unauffälligen, angenehmen und von Anfang an total unkomplizierten Hund. »Lui ist mit allem und jedem verträglich und einfach nur ein Vorbildhund. Ein Hund wie aus dem Bilderbuch!«

Luis lebt bei Daniela P. im Rudel und hat auch dort (noch immer) das Sagen. »Müsste ich seine Art mit einem Wort beschreiben, würde ich ihn als seriös bezeichnen. Wäre Luis ein Mensch, würde er tagtäglich Anzug und Krawatte tragen und einen feinen Herrn abgeben. Ja, er ist unser Sir! Er benimmt sich auch so. Ein wahrer Gentleman! Wenn sich die anderen Jungs mal einen Spaß im Haus erlauben, knurrt Luis von seinem weißen Ledersofa herab, als würde er sagen: Jungs, gespielt wird draußen, nicht im Haus!«

Luis kämpft noch einmal

Im September 2021 stand das Leben von Luis noch einmal auf Messers Schneide: »Es ging ihm plötzlich sehr schlecht. Er hatte starke Schmerzen. Nach einer genauen Untersuchung mussten wir feststellen, dass Luis eine schwere Bauchspeicheldrüsenentzündung hatte. Stationär kämpfte er eine Woche lang um sein Leben. Doch unser Opa Luilu hat ein weiteres Mal sein Kämpferherz bewiesen. Sein Löwenherz, das ihn bereits viele kalte Winter in Rumänien überleben ließ, sein Wille, der den Krebs besiegte, holte ihn auch diesmal wieder zurück ins Leben. Mittlerweile ist er wieder – fast – der alte, und ist voller Lebensfreude.«

Ein kleinwenig hat sich Luis nach dieser schweren Erkrankung aber doch verändert: »Seit seinem Klinikaufenthalt sucht er noch viel mehr die Nähe zum Menschen. Wir haben das Gefühl, dass er nun für sich entschieden hat, dass es auch Menschen gibt, die auf ihn aufpassen und nicht nur er auf uns aufpassen muss. Es ist, als würde er sein Leben nun noch mehr genießen! Für Luis war es 2015 sprichwörtlich 5 vor 12, und es hat geheißen, er kommt zum Sterben für seine letzten Wochen zu mir. Sechs Jahre später gibt er uns allerdings nicht das Gefühl, dass er uns bald verlassen wird«, freuen sich Daniela und ihr Freund über den wieder vitalen Luis und wünschen sich: »Noch eine schöne gemeinsame Zeit mit unserem Luis, Lui, Lutschy, Luilu, Opa Lu, Katzi, Schwarzbär, Lucifer und wie wir dich sonst noch so liebevoll nennen!« Und wie viele Oldie-Halter weiß auch Daniela: »Oldies bringen Erfahrung mit, und haben eine Geschichte. Eine Geschichte, die einen Hund nicht immer schlecht und aggressiv werden lassen muss. Ich würde mir wünschen, dass Menschen offener gegenüber Oldies sind.«

Steckbrief

Name: Luis
Geschlecht: Rüde
Alter: ca. 15 Jahre
Rasse: Mischling (Rumänischer Straßenhund)
Lieblingsbeschäftigungen:
Mit Herrchen am Asphalt (Straßenhundtick …) spazieren gehen, in Einkaufsstraßen flanieren, ganzen Tag auf Herrchen (und Frauchen) warten.
Sonstige Vorlieben: Couchpotato, Methusalemleben, einfach das Leben genießen! Wärme, Geborgenheit – er liebt es!

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