Ein Hund kann dein Leben ändern – Von der Straße auf die Bühne

Von Frederike Spyrka

Ein Hund kann dein Leben ändern, heißt es. Tatsächlich – durch das Aufnehmen der kleinen Straßenhündin Nala aus Rumänien veränderte sich alles bei mir.

Als ich Nala das erste Mal in einer Auffangstation besuchte, war klar, dass das der richtige Hund für mich war. Nala wich nicht mehr von meiner Seite und schon bald zog sie dann bei mir und meiner Familie ein. Ich war damals 16 Jahre alt und verfügte über eine Menge an Wissen aus Hundebüchern und aus dem Internet. Doch die ersten Wochen machten mir schmerzlich klar, wie groß der Unterschied zwischen Theorie und Praxis sein kann. Ich hatte noch nie vorher einen Hund gehabt und auch niemand aus meiner Familie. Bei einem Schüleraustausch in England lebte ich in einer Familie, die zwei Hunde hatte, und danach war für mich klar, dass ich auch unbedingt einen Hund haben wollte. Einen Hund, der stets an meiner Seite bleibt, mit dem ich Abenteuer unternehmen kann. Einen Hund, mit dem ich Sport machen und die Welt entdecken kann. Einfach einen besten Freund auf vier Pfoten.

Die rosarote Brille
In meiner Vorstellung war das alles ziemlich rosarot, auch wenn ich genügend über die anderen Seiten des Hundehaltens gelesen hatte. Als Nala dann mit ungefähr einem halben Jahr bei mir einzog, stand ich schließlich vor der bisher größten Herausforderung in meinem Leben. Zu meiner Unerfahrenheit im Bereich Hunde kamen zahlreiche Probleme dazu: Nala hatte Angst vor allem und jedem, hatte gesundheitliche Probleme, und in der Zeit stieß ich sehr an meine Grenzen. Nala hatte unglaubliche Probleme damit, stubenrein zu werden, was aber auch an einer Magen-Darm-Erkrankung lag, und mehrmals in der Woche verbrachten wir den Nachmittag beim Tierarzt. Darüber hinaus wollte Nala das Haus nicht verlassen. Sie hatte noch nie in ihrem Leben ein Dach über dem Kopf gehabt und jetzt war sie so glücklich, dass man sie kaum vor die Tür bekam. Draußen hatte sie dann stets Panik. Ich konnte nicht daran denken, sie überhaupt mal abzuleinen.

Neues Selbstvertrauen
Nach ein paar Monaten hatte Nala sich dann aber ganz gut eingelebt und wir kamen im Alltag einigermaßen klar. Nur irgendetwas fehlte. Ich hatte mir das Leben mit einem Hund immer anders vorgestellt, irgendwie spannender, und Nala schien auch nicht wirklich glücklich zu sein. Um gegen die Langeweile etwas zu unternehmen recherchierte ich im Internet nach Möglichkeiten, meinen Hund zu beschäftigen. Ich fand sehr vieles interessant, wie Agility, Hundefrisbee und Turnierhundesport, aber vor allem das Trickdogging hatte es mir angetan. Ich sah Videos von Hunden, die die verrücktesten Sachen machten, aber vor allem sah es nach einer Menge Spaß für Hund und Mensch aus. Inspiriert und motiviert bestellte ich mir mein erstes Hundetrickbuch und fing an, Nala die ersten Tricks beizubringen. Nala lernte rasend schnell und konnte im Handumdrehen Dutzende Tricks. Das war toll und es machte uns eine Menge Spaß, doch nach ein paar Wochen und dann Monaten bemerkte ich noch eine andere Veränderung: Mit jedem Trick, den Nala lernte, wuchs ihr Selbstvertrauen und wir wurden immer mehr ein Team. Nala fing an, mir zu vertrauen, und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, richtig mit Nala zusammenzuarbeiten und ein richtiges Team zu sein. Nach weiteren Monaten waren die Probleme aus der ersten Zeit fast vergessen. Nala und ich unternahmen viel und ich stellte sie an die erste Stelle. Morgens war Schule angesagt, nachmittags Nala. Natürlich übten wir nicht nur Tricks. Priorität hatte immer ein großer Spaziergang, Spielen mit anderen Hunden und einfach gemeinsam etwas zu unternehmen.

Nala geht ins Fernsehen
Trotzdem lernte Nala immer mehr neue Tricks, unter anderem Skateboard-fahren. Ein Nachbar beobachtete uns häufig beim Üben und schlug vor, uns beim »tollsten Tier im Revier«, ein TV-Format, zu bewerben. Das tat ich auch und beschrieb Nalas Entwicklung und welche Tricks sie so kann. Tatsächlich war das Interesse groß und ein paar Wochen später, ein Jahr nachdem Nala bei uns eingezogen war, kam ein Kamerateam und drehte mit uns einen Beitrag. Der Beitrag wurde ein voller Erfolg und auf die nächsten Anfragen mussten wir nicht lange warten. Ein Dreh mit einem anderen Sender folgte, und im darauffolgenden Sommer waren Nala und ich Gast bei der ARD-Liveshow »Immer wieder sonntags« im Europapark. Auch im KiKa (Anm.: Kinderkanal-Sender) haben wir unser Hobby Trickdogging vorgestellt, und so lernten immer mehr Menschen in ganz Europa die kleine Straßenhündin Nala kennen.

Es geht um mehr als um Tricks
Bis heute haben wir schon mit verschiedensten Fernsehsendern gedreht, sind in mehreren Liveshows aufgetreten, hatten zahlreiche Pressetermine und Auftritte im ganzen Land. Natürlich sind Nalas Tricks schön anzusehen, aber tolle Tricks können viele Hunde. Bei uns geht es um mehr als nur um Tricks. Es geht darum zu zeigen, was aus Straßenhunden werden kann. Es geht darum, wie wichtig es ist, sich mit seinem Hund zu beschäftigen. Und natürlich geht es auch darum, nicht aufzugeben. Aller Anfang ist schwer und es hat mich sehr viele Nerven gekostet. Doch Aufgeben war keine Option. Jetzt ist Nala fünf Jahre alt und sie bereichert mein Leben in einem Maße, das ich mir nie hätte vorstellen können. Durch sie sind Hunde zu meiner großen Leidenschaft geworden und ich kann jeden Tag das tun, was ich liebe. Nala und meine Geschichte mag besonders sein, genauso besonders wie unsere Freundschaft, aber die Tricks, die ich Nala beigebracht habe, kann fast jeder Hund lernen. Alles was man braucht sind Leckerchen oder Spielzeug, viel Geduld und eine Anleitung, so wie in meinem Buch. Ich trainiere Nala ausschließlich über positive Verstärkung, was in der Praxis so viel bedeutet wie, dass ich Nala beim Tricktraining für alles, was sie richtig macht, belohne und alles andere ignoriere. Jeder Hund kann fast jeden Trick lernen, wichtig ist nur, dass man das Alter und die Fähigkeiten des Hundes beachtet. Ein alter Hund sollte nicht mehr Handstand lernen, genauso wie ganz junge Hunde noch kein »Männchen«. Außerdem ist es empfehlenswert, klein anzufangen mit leichten Tricks und sich dann erst langsam zu steigern. Schließlich geht es hier um den Spaß und darum, sich mit seinem Hund zu beschäftigen.

Das Trickdogging war bei uns der Schlüssel zum Erfolg. Generell ist es die intensive Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Hund, was einen dann zum Team zusammenschweißt, aber das Erlernen von verschiedensten Tricks hat Nala und mir am meisten Spaß gemacht. Ursprünglich war die Intention, Nala einfach nur zu beschäftigen, doch es hat sich noch so viel mehr daraus entwickelt. Damit noch mehr Hunde ein solches Happy End wie Nala erleben dürfen, machen wir uns für Straßenhunde stark. Straßenhunde sind gleich viel wert wie Rassehunde und sollten dementsprechend auch so behandelt werden. Die Straßenhunde brauchen unsere Hilfe, denn kein Hund kann etwas dafür, wenn er auf der Straße oder im Tierheim landet, und jeder Hund hat ein sicheres und liebevolles Zuhause mit einem gefüllten Napf verdient.

Um diesen Gedanken weiter zu verbreiten, fange ich bereits in den Grundschulen an, über das Thema mit den Kindern zu reden. Während eines ein- bis zweistündigen Programms zeige ich Fotos von Nala und erzähle den Kindern Nalas Geschichte. Natürlich zeigen Nala und ich auch Tricks und die Kinder dürfen selbst Nala streicheln und Tricks mit ihr machen. Zusätzlich steht noch ein anderer wichtiger Punkt im Mittelpunkt: wie es ist, als Kind oder Jugendlicher einen eigenen Hund zu haben. Als Nala bei mir einzog, war ich alt genug und verantwortungsbewusst, mich um einen Hund zu kümmern. Seit fast fünf Jahren sorge ich dafür, dass es Nala so gut wie nur möglich geht, aber dennoch hätte ich es als Schülerin nicht ohne meine Eltern geschafft, die mich immer unterstützt und sich um Nala gekümmert haben, als ich in der Schule war. Jetzt studiere ich Grundschullehramt und möchte später Zweibeinern zusätzlich zu den Vierbeinern etwas beibringen, und immer noch bin ich dankbar, dass Nala, wenn ich länger Uni habe, bei meinen Eltern versorgt wird. Nach meinem Studium möchte ich dann einen Schulhund ausbilden, der mich in die Schule begleitet. Nala durfte während verschiedener Praktika bereits viel Schulluft schnuppern, jedoch wird sie leider, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe, schon in Hunderente sein, sodass ich sie damit nicht überfordern möchte.

Ich wünsche mir …
Ich hoffe, dass Nalas Geschichte viele inspiriert, doch über die Adoption von einem Straßenhund nachzudenken, und dass wir viele Hundeleben retten können. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass ich mit meinem Buch (siehe unten) vielen Menschen Anregungen und Anleitungen geben kann, ihrem Hund selbst Tricks beizubringen und so zu einem echten Team zu werden. Mein Ziel ist es, dass mehr Menschen eine tiefe und harmonische Freundschaft zu ihrem Hund aufbauen und so die wertvolle Zeit mit dem Vierbeiner genießen können. Spaß und Freude im Umgang mit seinem Hund ist dabei das wichtigste Element. Und wer weiß, welche Straßenhunde noch so gut Skateboard fahren können wie Nala und welches Potenzial noch entdeckt werden kann?

Buchtipp

Mein Buch
Nalas und meine Lieblingstricks zusammen mit hilfreichen Tipps und Anekdoten aus unserem Leben gibt es jetzt als Buch. In dem Buch erklären wir, wie auch du deinem Hund Tricks beibringen kannst. Ob Anfänger oder Fortgeschrittener – alle kommen auf ihre Kosten. Zusätzlich zu den Trickerklärungen in dem Buch gibt es QR-Codes. Scannt man diesen Code ganz einfach mit dem Handy, kann man sich ein Video passend zu der Trickerklärung ansehen. Zu den im Buch erklärten Tricks gehören Klassiker wie Pfote-geben, Slalom laufen und Aufräumen, sowie »statische Fototricks«, zum Beispiel Männchen, Handstand und sogar Footstall. Die Tricks »in den Arm springen« oder »Skateboard-fahren« gehören zu der dritten Kategorie »bewegte Actiontricks«, wo sich alles um Bewegung dreht. Neben den Trickerklärungen und den Videos gibt es andere hilfreiche Infos, für welche Art von Hunden der Trick geeignet ist, ob du viel Platz brauchst oder eher wenig, wie schwierig der Trick ist und was du dafür brauchst. Für die meisten Tricks brauchst du keine zusätzlichen Hilfsmittel, sodass du gleich loslegen kannst. Zwischen den Trickerklärungen gibt es einige zusätzliche Seiten, auf denen ich aus unserem Leben berichte.

Pdf zu diesem Artikel: hundetricks_nala

 

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