Der American Bulldog

Von Denise Schmöhl

Sturkopf mit großem Herz

Der American Bulldog ist hierzulande eine eher ­unbekannte Rasse, obwohl sie die gesündeste Bulldog-­Art ist. Er ist ein mittelgroßer bis großer Hund, der ­seinen Sturschädel durchzusetzen weiß, wenn er nicht von ­Welpenalter an konsequent erzogen wird. Da die Rasse nicht vom Hunde-Dachverband FCI anerkannt ist, gilt es, bei der Welpenauswahl ganz besonderes ­Augenmerk auf die Auswahl des Züchters zu legen. Die American Bulldog-Expertin ­Denise Schmöhl klärt Sie auf, was bei der Auswahl und Erziehung dieser ­Hunde wichtig ist.

Der Ursprung des American Bulldog liegt im Süden der USA (Georgia/Alabama). Farmer benutzten einen mittelgroßen, kraft­vollen, kurzhaarigen Hund, um halbwildes Vieh zusammenzutreiben. Auch auf der Jagd fand der American Bulldog (damals noch unter dem Namen White English/Old Southern White, da es sich um einen grundsätzlich weißen Hund handelte) als Catchdog (Saupacker) Verwendung. Ursprünglich stand kein besonderes Äußeres im Vordergrund. Die Hunde sollten agil und stark genug sein, den Anforderungen gerecht werden und ihre Farmtauglichkeit stand im Vordergrund.

In den frühen 70er-Jahren schrieben Alan Scott und John D. Johnson den ersten Standard für den American Bulldog und begannen mit den ersten Aufzeichnungen und dem Erstellen der Ahnen­tafeln, auf denen die Abstammung unserer heutigen American Bulldogs basiert. Noch immer ist der American Bulldog ein sehr funktioneller Hund, der im Vergleich zu anderen Bulldogartigen ein robustes, ausdauerndes, agiles und relativ gesundes Tier ist. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Zucht des American Bulldogs in verschiedene Richtungen. Jeder Züchter, der an der (Re)kreation der Rasse beteiligt war, hatte unterschiedliche Prioritäten. So ist es nicht verwunderlich, dass sein Erscheinungsbild noch heute sehr unterschiedlich ist.

John D. Johnson aus Georgia wollte einen großrahmigen Hund, der leicht an einen athletischen, schlankeren, ­weißen Bullmastiff erinnert. Der Johnson/Bully-Typ ist ein kompakter Hund mit kürzerem Fang und meist schwerer als der Standard/Scott-Typ. Diese Hunde wurden hauptsächlich als Wachhunde für große Farmen benutzt. Alan Scotts Hauptaugenmerk lag und liegt auf einem leichteren Hund, mit längerem Fang, der deutlich athletischer ist. Die sogenannten „Scott-Typ/Standard-Typ“-Hunde werden noch heute in den USA zur Jagd am Wildschwein verwendet.

So entstanden die zwei Grundtypen
Der Bully-Typ (oder Johnson-Typ) und der Standard-Typ (Scott-Typ). Um der unterschiedlichen Erscheinungsform der Rasse im Ausstellungsgeschehen Rechnung zu tragen, werden beide Typen in verschiedenen Ringen gezeigt. Eine Mischform der beiden-Typen ist der sogenannte „Hybrid-Typ“ (Anmerkung: der Hybride ist ein reinrassiger American Bulldog). Diese Hunde weisen oft Merkmale des Standard-Typs als auch des ­Bully-Typs auf. Meist sind sie knochenstärker und typvoller als der Standard-Typ, aber doch agiler und ­athletischer als der Bully-Typ. Das Ziel war, die Vorzüge der beiden Typen in sich zu vereinen. Die Wiege des Hybriden stand hauptsächlich in Kalifornien.

Es gibt Züchter, die nur den Bully- oder Standard-Typ züchten. Die überwiegende Anzahl der American Bulldogs in Europa sind jedoch Hybriden. Der Hybride muss auf Ausstellungen entweder im Bully- oder im Standard-Ring gezeigt werden. Eine Übertypisierung des American Bulldogs sollte in jedem Fall vermieden werden. Weder sollte ein Bully-Typ aussehen wie ein zu groß geratener English Bulldog, noch sollte der Standard-Typ aussehen wie ein Dogo Argentino.

Gesundheit
Nach wie vor kann man den American Bulldog noch als eine relativ gesunde Rasse bezeichnen. Allerdings gibt es zwei genetische Erkrankungen (NCL – Neuronale Ceroid-Lipofuszinose und Ichthyose – eine Hautkrankheit). Wie jede große Rasse hat auch der American Bulldog mit Skeletterkrankungen wie Hüftgelenksdysplasie, Ellbogendysplasie und Spondylose zu kämpfen. Auch kann man eine Häufung von ­Kreuzbandrissen in jüngster Zeit beobachten. Da die Rasse aus überwiegend weißen Hunden besteht, kommt es mitunter zu Fällen von Taubheit. Auch eine Neigung zu Getreideunverträglichkeit bei der Ernährung ist zu beobachten. Das durchschnittliche Alter liegt zwischen 10 und 12 Jahren. Häufig sind Krebserkrankungen im hohen Alter zu beobachten. Sie sind recht unempfindlich gegenüber unterschiedlichen Witterungen, allerdings neigt der Bully-Typ etwas mehr zur Hitzeempfindlichkeit als der Standard-Typ. Kälte macht ihnen trotz des kurzen Fells wenig aus, solange sie in Bewegung sind. Fragen Sie den Züchter Ihrer Wahl nach Befunden und Auswertungen.

Das American Bulldog-Wesen
Wesensmäßig zeigt sich der American Bulldog sehr unterschiedlich. Was jedoch alle eint ist ihre Gefräßigkeit, die wohl nur beim Labrador in gleichem Maße zu finden ist. So wird vor nichts halt gemacht – ob benutzte Taschentücher oder der Inhalt des Mülleimers – der American Bulldog verspeist mit Freude alles, was ins Maul passt. Und was nicht passt, wird passend gemacht. Warnen möchte ich an dieser Stelle ­davor zu versuchen, den American Bulldog so zu füttern, dass er satt ist. Die meisten American Bulldogs haben keinerlei „Fressbremse“ und würden fressen, bis ihnen schlecht ist.
Leider sieht man sehr oft übergewichtige Vertreter der Rasse. Dass die Halter ihrem Hund damit keinen Gefallen tun, liegt auf der Hand.

Die Rasse zeigt eine hohe Toleranz im Umgang mit Kindern, oft ist es erstaunlich, wie sehr sie zwischen großen und kleinen Menschen differenzieren. Ihrer Familie gegenüber sind sie sehr loyal und neigen selten zu Dominanz im häuslichen Umfeld. Der American Bulldog liebt nichts mehr, als mit seiner Familie zu kuscheln, und versteht dabei nicht, dass man sich mit über 40 kg sehr schlecht als Schoßhund eignet. American Bulldogs verfügen über ein ausgeprägtes Territorialverhalten. Sie wachen über ihr Haus, ihre Familie, ihr Grundstück, ohne dabei übermäßig laut zu sein. Allerdings brauchen sie auch hier einen starken Familienanschluss. Für die ausschließliche Haltung im Zwinger oder als Wächter über das Grundstück ist der American Bulldog nicht geeignet!

Sie sind ihren Menschen gegenüber oft sensibel und führerweich, im Außenverhältnis zeigen sie eher die harte Schale. Rohe Behandlung verträgt der American Bulldog schlecht, allerdings verfügt er auch über eine ordentliche Portion Starrköpfigkeit und Eigensinn. Eine ­konsequente Erziehung ist notwendig, um einen erwachsenen American Bulldog führen zu können.

Der Jagdtrieb ist recht unterschiedlich ausgeprägt. Beim Standard-Typ liegt er erfahrungsgemäß etwas höher. Allerdings ist dieser Hund meist ein Sichtjäger, was die Korrektur von unerwünschtem Jagdverhalten einfacher macht. Der American Bulldog sollte von Anfang an gut auf Umwelteinflüsse, andere Tiere und Menschen geprägt werden. Gerade auch Besuche in Wildparks, an Kuh- und Pferdeweiden sind empfohlen. Das Erbe des Saupackers und Viehtreibers schlummert in vielen American Bulldogs, und der Bauer um die Ecke wird wenig Begeisterung zeigen, wenn der „dicke Weiße“ sein Vieh zusammentreiben möchte.

Verträglichkeit mit Hunden
Die Verträglichkeit anderen Hunden gegenüber ist als durchschnittlich zu bezeichnen. Meist ist der American Bulldog verträglich mit Hunden, die er vom Welpenalter an kennt. Ist er erwachsen (diese Hunde sind klare Spätentwickler und meist erst zum Ende des 3. Lebensjahres hin auch mental erwachsen), neigt er dazu, bei Pöbeleien mit anderen Hunden massiv zu werden. Er ist kein Hund, der ständig einen Streit vom Zaun bricht, aber bei Provokationen doch reagiert. Auch hier ist eine gute Erziehung von Anfang an der Schlüssel zum Erfolg. Möchte man gerne einen Zweithund oder den American Bulldog als Zweithund, sollte man darauf achten, eine Kombination von Rüde/Hündin zu nehmen. Oft zeigt der erwachsene American Bulldog gleichgeschlechtlichen Hunden gegenüber Dominanz, was ein harmonisches Miteinander erschwert.

Auch das sehr raue und körperbetonte Spiel des American Bulldogs mit Artgenossen birgt ein Konfliktpotenzial. Frei nach dem Motto: „Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist eine Gerade“, wird wenig Rücksicht auf im Weg stehende Kollegen (mitunter auch Menschen) genommen. Spielende American Bulldogs können den Nachbarn schon in Angst und Schrecken versetzen. Sie sind laut und ihr bevorzugtes Spiel ist der Ringkampf. Ein Hund für die „Hundewiese“ ist der American Bulldog in den seltensten Fällen. Seine charmante, oft clownhafte Art macht den American Bulldog zu einem Begleiter, der einem oft Gründe zum Lachen gibt. Sie reagieren auf Stimmungen und Emotionen ihrer Halter, sind wahnsinnig anhänglich und begleiten einen auch gerne zur Toilette oder sonst wo hin – Dabei-sein ist alles!

Der Pflegeaufwand ist eher gering. Das kurzhaarige Fell kann man gut mit einem Striegel kämmen. Allerdings ist die Rasse für Sauberkeitsfanatiker nicht die beste Wahl! Die meist weißen Haare finden sich überall! Bei den kurznäsigeren Vertretern mit starker Belefzung gibt natürlich es auch den „Bulldog-­Glitzer“ als Bonus dazu. Für die Familien, die einen mittelgroßen, kurzhaarigen, aktiven Begleiter suchen, der auch noch ein Auge auf Haus und Grundstück hat, ist der American Bulldog eine gute Wahl. Allerdings sollte man schon auch selbst über eine ordentliche Portion Durchsetzungsvermögen verfügen, um dem Dickkopf die Stirn bieten zu können. Vorkenntnisse und Erfahrung im Umgang mit Hunden sind absolut von Vorteil. Nie darf man vergessen, dass der kleine plattschnäuzige Kerl mit den runden Augen sich zu einem großen, sehr kraftvollen Hund entwickelt. Oft auch mit einer ordentlichen Portion Energie und „lustigen Ideen“.

Der junge American Bulldog hat auch eine Neigung zum Landschaftsgärtner und/oder Innenarchitekten. Bewegung und auch Beschäftigung sind ein gutes Mittel dagegen. Idealerweise sind die American Bulldogs Hunde von ­mittlerem Temperament. Problemlos sind sie auch als aktive Begleiter beim Joggen oder Radfahren, aber auch mal einen ganzen Tag auf der Couch verbringen können sie. Besonders bei Regen – die meisten American Bulldogs können sich für „Wasser von oben“ nur mäßig begeistern. Aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes sollte auch der American Bulldog-Halter über ein recht „dickes Fell“ verfügen. Anfeindungen wegen der Haltung eines „Kampfhundes“ sind nicht selten. Menschen, die die Straßenseite wechseln oder nach einem Maulkorb schreien, leider nicht ungewöhnlich.

Der American Bulldog ist ein sehr vielseitiger Hund. Er verfügt über eine sehr gute Nasenleistung, was ihn zu einem guten Man-Trailer macht. Auch gibt es einige American Bulldogs, die recht erfolgreich im IPO-Sport geführt werden. Selbst Therapiehunde findet man gar nicht so selten. Weight-Pulling (Gewichte-ziehen) oder Weitsprung sind Sportarten, die dieser Rasse liegen. ­Allerdings sollte man wie bei allen sportlichen Betätigungen zuerst das Tier auf eventuelle Skeletterkrankungen untersuchen lassen. Dass ihnen das „Ziehen“ liegt, merkt der Halter recht häufig auch an seinem angeleinten American Bulldog. Hier ist von Anfang an Konsequenz von Nöten, damit er leinenführig ist, sonst entwickeln sich Spaziergänge an der Leine schnell zu einem Tauziehen zwischen Hund und Halter. Sie arbeiten sehr gerne für Futter, aber noch lieber für einen Halter, der in der Lage ist, seine Freude und Zusammengehörigkeit mit seinem Hund zu teilen. Nichts macht einen American Bulldog glück­licher als echte Begeisterung, Stolz und Liebe von seinem Halter zu erfahren.

Wo bekommt man einen gesunden American Bulldog?
Da der American Bulldog keine Anerkennung über die FCI hat, wird meist über den NKC (National Kennel Club) oder andere Verbände in Amerika oder Holland gezüchtet. Das sind jedoch zumeist reine Registraturen, also erfolgt keine Überwachung der Zucht! Somit ist es jedem Züchter im Prinzip selbst überlassen, ob und in welchem Maße er Untersuchungen zur Gesunderhaltung und Prävention vornimmt. Eine Ahnentafel sagt beim American Bulldog rein gar nichts über den Gesundheitszustand der Elterntiere aus! Unabdingbar für jeden in der Zucht befindlichen Hund sind Untersuchungen auf Hüft- und Ellbogengelenksdysplasie (einige Züchter lassen zusätzlich auch die Wirbelsäule und Ellbogen röntgen). Auch die Blut­unter­suchung auf NCL (Neuronale Ceroid Lipofuszinose), eine Erbkrankheit, die insbesondere Nervenzellen schädigt und immer zum Tod führt, sowie die Untersuchung auf Ichthyose (Fischschuppenkrankheit, eine Erbkrankheit, die den Hund ein Leben lang belastet und nicht heilbar ist) sollte bei jedem Zuchthund vorliegen. Beides kann in der UNI ­Hannover getestet werden.

Von Vermehrern, die keinerlei Auswertung der Elterntiere vorweisen können, sollte man zum Wohle der Rasse und des zukünftigen Familienmitglieds die Finger lassen. Ein guter Züchter wird Ihnen sofort die Einsicht in sämtliche Auswertungen ermöglichen. Auch sollte man darauf achten, dass die Welpen mit sehr viel Bezug zu Menschen aufwachsen. Nichts ist schlechter geeignet als ein Zwinger am Ende des Grundstücks. Gute Prägung auf Menschen, der Umgang mit anderen Hunden, das Heranführen an unterschiedliche Geräusche, visuelle Reize sind maßgeblich wichtig, damit der kleine American Bulldog zu einem ausgeglichenen, nerven­starken Hund heranwachsen kann.

Es finden mehrmals im Jahr American Bulldog-Ausstellungen statt. Dort werden ausschließlich American Bulldogs gezeigt. Meist sind die ausführenden Dachverbände der NKC (National Kennel Club) oder ABNA (American Bulldog National Alliance). Hier erlangte Titel sagen sehr viel mehr aus als ein Europa-Champion auf einer Rassehundschau, auf der sämtliche Rassen ohne FCI-Anerkennung vorgestellt werden. Oft findet sich hier nur eine kleine ­Anzahl der Rasse.

Der American Bulldog im Gesetz
Zu beachten ist auch, dass das Halten des American Bulldogs in einigen Bundesländern in Deutschland, sowie in der Schweiz an bestimmte Haltungsgenehmigungen geknüpft ist. In NRW, Hessen und Bayern findet sich der ­American Bulldog auf der „Liste“, und somit muss gemäß den Verordnungen ein Wesenstest abgelegt werden. In ­Österreich steht die Rasse auf keiner „Liste“. In Deutschland veranschlagen einige Städte und Gemeinden eine ­höhere sogenannte „Kampfhunde­steuer“, die mitunter in horrenden Summen gipfelt. Teilweise ist die Einstufung als „normaler“ Hund nach einem bestandenen Wesenstest möglich, leider ist das gesetzlich nicht immer vorgesehen. Vor der Anschaffung ist auf jeden Fall angeraten, sich bei der Stadt oder Gemeinde zu informieren. Auch gibt es in jüngster Zeit vermehrt Fälle von Kontrollen, da viele ­Hunde, die unter das Landeshundegesetz fallen, fälschlicherweise als American Bulldog angemeldet wurden/werden. Hier hilft ein Rassenachweis in Form einer ­Registrierung/Ahnentafel so gut wie immer, die Rassereinheit zu ­klären.

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