Der große Hundehalterreport, Teil 1

Von dogodu-Redaktion

Die Hundehalter-Typen

Merkmale unserer Persönlichkeit spielen im Umgang mit unserem Vierbeiner eine entscheidende Rolle. In ­einer ­unabhängigen qualitativen Studie des Instituts für Markt- und Motivforschung „comrecon brand navigation“ mit WUFF als Medienpartner konnten anhand bestimmter ­Persönlichkeitseigenschaften vier grundsätzliche ­Typen von Hundehaltern identifiziert werden. Zudem ­wurde auch ein Testbogen entwickelt, mit dem eine eigene ­tendenzielle Einordnung zu einer bestimmten ­Typologie möglich ist. Im ersten Teil dieses Hundehalterreports ­werden die vier Hundehalter-Typologien beschrieben.

Hunde bereichern das Leben ihrer Menschen. Als wichtige vierbeinige Begleiter im Alltag nehmen sie in den meisten Fällen einen hohen Stellenwert als Familienmitglieder ein. Nicht nur, dass mit ihnen viel Bewegung an der frischen Luft und ein dynamischer Lebensstil verbunden ist, sie sind auch verständnisvolle Seelentröster und intelligente Freunde, mit denen Arbeit und Spiel Freude und Spaß macht. In jedem Fall ist die emotionale Bindung zum Hund sehr stark, ja, viele Hundebesitzer geben sogar an, dass ihnen ihr Vierbeiner gefühlt näher steht als manche andere Menschen. Der Grund dafür?

Hunde werden als ehrliche und treue Gefährten wahrgenommen, die einem bedingungslose Liebe entgegenbringen, während in der Interaktion mit ­Menschen Egozentrik und Vertrauens­missbrauch nicht selten vorkommen können. Ein Hund aber würde die ­eigene emotionale Verletzbarkeit ­niemals ausnutzen. Ein anderer Grund, mit einem Hund zu leben, ist für ­manche alleinstehende Menschen auch die Vemeidung von Einsamkeit.

Vier Hundehalter-Typen
Was die rationalen Gründe für die ­Haltung von Hunden betrifft, so ­scheinen sich alle Menschen ähnlich: Hunde sind liebevolle Lebensbegleiter, für deren Wohl man als Halter so gut wie alles tun würde. Spannend wird es aber, wenn wir beginnen, hinter die ­Fassaden zu blicken. In der Studie wurden die unbewussten Strukturen und Werthaltungen analysiert, durch die sich vier Persönlichkeitstypologien, angefangen von einer eher unbekümmert unreflektierten bis hin zu einer sehr reflektierten ­Haltungsweise, in ­verschiedenen Situationen der ­Lebensphase einer Mensch-Hund-­Beziehung differenzieren ließen.

Die vier Hundehalter-Typen sind:
1. Der „Großmütig-Tolerante“,
2. der „Verantwortungsbewusst-­Zielstrebige“,
3. der „Erfahren-Disziplinierte“ und
4. der „Sachkundig-Bedürfnisorientierte“.

Natürlich gilt hier wie bei jeder Typologie, dass Mischformen häufiger vorkommen als reine Typen, bei denen einfach jeder Punkt zutrifft. Dennoch kann sich jeder Hundehalter in einer bestimmten Typologie eher wiederfinden als in einer anderen. Und schließlich wird es auch noch einen weiteren Hundehaltertyp geben, der hier aber deswegen nicht vorkommen kann, weil er nämlich niemals an einer solchen Studie teilnehmen würde, um sich mit anderen auszutauschen.

Im Folgenden werden die vier Typo­logien einzeln vorgestellt, sowohl beschreibend als auch in Form einer Grafik, welche sie nach ihren Motiven und Bedürfnissen (obere Ebene der ­Grafik), ihren Einflüssen (mittlere Ebene) und ihren Auswirkungen (untere Ebene) übersichtlich darstellt.

1. Der „Großmütig-Tolerante“ Hunde­halter
Dieser Typus projiziert eigene Bedürfnisse gerne auf den Hund. Bezeichnend für den „Großmütig-Toleranten“ sind daher die Bedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit, Harmonie und auch Bequemlichkeit, die sich dem Hund gegenüber in einem sehr gutmütigen und unreflektierten Umgang offenbaren. Den eigenen Bauchgefühlen wird mehr vertraut als irgendwelchen Ratgebern, woraus auch eine stärkere Neigung zur Vermenschlichung des Hundes resultieren kann. Humane Gefühle und Gedanken werden auf den Hund projiziert, was sich zum Beispiel in einer nicht besonders konsequenten Erziehung zeigt.

Aus Sorge vor Konflikten und um den Hund positiv und sicher an sich zu binden, neigen sie zur Verhätschelung. Der Vierbeiner soll auf möglichst unkomplizierte Weise schlichtweg ein schönes Leben haben und Liebe erfahren. So fällt schon mal gerne eine Milchschnitte oder etwas vom All-you-can-eat-Buffet ab, weil sie „den lieben Augen nicht widerstehen“ können. „Solange es dem Hund schmeckt, bin auch ich ­glücklich“ ist die Bewusstseinshaltung von „Großmütig-Toleranten“. Das Motiv der Bequemlichkeit zeigt sich insbesondere in mangelnder Bereitschaft – meist aus Unkenntnis – in der Auseinandersetzung mit den arttypischen (Rasse-)Eigenschaften und spezifischen Bedürfnissen des Hundes. „Ich ärgere mich, dass mein Dackel im Wald immer abhaut“, „Mein Border Collie ist ständig so unruhig und unausgeglichen“, „Ein Hund kann ernsthaft Schnupfen oder Husten bekommen?“ oder „Ich finde industriell hergestelltes Futter sehr gesund“ sind gängige Aussagen dieser Hundehalter. Aufgrund des vorherrschenden Unwissens über mögliche Erkrankungen und der mangelden Auseinandersetzung in Bezug auf Hundeernährung findet gleichzeitig eine Abschiebung der Verantwortung an Experten statt. Es herrscht teilweise blindes Vertrauen zu Tierarzt oder Hundetrainer. Eine Notwendigkeit zur Informationsbeschaffung oder Weiter­bildung wird nicht gesehen.

„Sitz!“, „Platz!“ und „Bleib!“ kann der Vierbeiner bereits – zumindest manchmal –, das reicht für „Tolerante“ vollkommen aus. Unliebsame „Ticks“ und potenziell optimierbare Verhaltensweisen des Hundes werden schöngeredet oder gänzlich ausgeblendet. „Der Hund soll sich einfach nur wohlfühlen.“ Das geht so lange gut, solange der Hund gesund ist und auch sonst keine Probleme bereitet. Diese selbst geschaffene Sicherheit einer „heilen“ Welt wird daher versucht von äußeren, negativen Einflüssen abzuschirmen. Kritik am eigenen Verhalten stellt eine Bedrohung dar, vor der man sich und den Hund schützt.

 

2. Der „Verantwortungsbewusst-Zielstrebige“ Hundehalter
Dieser Typus ist ständig auf der Suche nach dem „Richtigen“. Die Mensch-Hund-Beziehung des „Verantwortungsbewusst-Zielstrebigen“ ist durch die Bedürfnisse nach regel­mäßiger und aktueller Neuheit, Neugier, Perfektionismus und Eigenverantwortung geprägt. Diese Menschen wollen mit ihrem Vierbeiner alles auf eigene Faust richtig – bis hin zu ­perfekt – ­machen und sind dabei sehr offen für alles Neue. Sie suchen nach ­Ratschlägen, Tipps und Tricks von Erfahrenen und Experten, was sich ins­besondere am Anfang der Hunde­haltung zu einer enthusiastischen Suche ausprägen kann. „Leinen habe ich schon sehr viele gekauft und ausprobiert, ich könnte ein Geschäft aufmachen.“ Gerne sind sie bereit, sich theoretisches Wissen über Besonderheiten der Spezies Hund anzueignen.

Nach eigenem Ermessen wird viel bei der Erziehung und Ernährung ausprobiert, denn „es gibt immer etwas zu optimieren“. Die eigenen Einstellungen und Handlungsmuster werden revidiert, wenn neue oder überzeugendere Argumente auftauchen. Wenn die Schulmedizin beim Hund an ihre Grenzen stößt, dann werden gerne auch Bachblüten, Kinesiologie oder Schüsslersalze ausprobiert. Wenn man bemerkt, dass in „Billigfuttermarken Zucker enthalten ist, der dem Hund nur vorgaukelt, dass es ihm schmeckt“, dann wird probiert, auf teurere Marken umzusteigen. Schmeckt das nicht, wird die Ernährungsweise auf „Barf“ (Bones and raw food) umgestellt – und so weiter. „Ich habe schon Vieles bei der Ernährung ausprobiert.“

Im Zentrum steht dabei aber nicht in erster Linie das Ziel, ein tiefliegendes Verständnis für den Vierbeiner aufzubringen. Das viele Ausprobieren von Erziehungsmöglichkeiten oder Fütterungsmethoden resultiert vielmehr daraus, dass Unzufriedenheit mit dem bisherigen Verhalten oder der Gesundheit des Hundes besteht. Erst, wenn bereits Probleme zu erkennen sind, wird nach einer Lösung gesucht, um die eigenen „Fehltritte“ als Verantwortlicher zu berichtigen. Der Drang nach Perfektionismus lässt dabei jedoch ganz klar kein eigenes Versagen zu. Die Situation wird vielmehr ausgeblendet oder schöngeredet – denn man hat ja eigentlich versucht, sein Bestes zu geben.

3. Der „Erfahren-Disziplinierte“ Hundehalter
Er kennt seinen Weg und den des Hundes. Menschen, deren Einstellungen und Handlungen dem „erfahren-disziplinierten“ Typ zugeordnet werden, neigen stark zu demonstrativen Selbstdarstellungen und der übertriebenen Darstellung ihres Hundes. Dabei lieben sie es, im Mittelpunkt zu stehen und bewundert zu werden. Zum Beispiel genießen sie es, bei Ausstellungen und Hunde­sport-Wettbewerben mitzumachen, wobei das Ziel immer der erste Platz ist. „Wir machen mit, um zu gewinnen“, so ein „Disziplinierter“. Hier steht der Mensch ganz zentral im Mittelpunkt der Beziehung.

Die persönlichen Bedürfnisse nach Leistung, Kontrolle und Anerkennung zielen in der Hundehaltung auf den in­direkten Zweck ab, aufgrund der eigenen Kompetenzen die Dinge im Leben im Griff zu haben. Denn dafür wird Bewunderung erwartet. Das Training mit dem Hund gewinnt dadurch eigentlich die Bedeutung, Kontrolle über diesen zu gewinnen. Der Hund muss so bald wie möglich wissen, wer das Sagen hat und „wer der Rudelführer im Haus ist“. Umso besser der Hund bei Wettbewerben abschneidet, desto mehr zeigt sich die eigene Kompetenz des Hundebesitzers, diesen im Griff zu haben.

Diese überzeugten Typen von Hundehaltern nehmen beim Thema Erziehung und Ernährung des Hundes am liebsten keine Hilfe von außen an und möchten im Umgang mit dem Hund alles selbst „checken“. Sie wissen es selbst am ­besten. So sind sie von ihrer eigenen Kompetenz überzeugt. Sie lassen sich nicht gerne von anderen etwas sagen – Kritik oder gutgemeinte Ratschläge sowie Kontrollverlust über den Hund stellen eine Bedrohung dar. Kontroll­verlust bedeutet Machtverlust und könnte das eigene Ego demütigen. Um solche Situationen zu vermeiden, wird eine Exklusivität zwischen sich und dem Hund gelebt. Das zeigt sich zum Beispiel im Kauf von teuren Markenprodukten oder ­exklusiven Accessoires.

4. Der „Sachkundig-Bedürfnis­orientierte“ Hundehalter
Dieser Typus ist empathisch mit dem Hund und seinen Bedürfnissen. Der „Sachkundig-Bedürfnisorientierte“ zeigt von allen Typen durchschnittlich die meiste und längstjährige Erfahrung mit Hunden auf. Oft werden mehrere Hunde gehalten. Diese Menschen versuchen, eine artgerechte und ganzheitliche ­Beziehung zwischen Mensch und Tier zu leben. Vorsorge, Moral, Balance und Stabilität sind die obersten Handlungsmotive in der Mensch-Hund-Beziehung. Sie pflegen eine aufgeklärte, reflektierte und integrative ­Bewusstseinshaltung, die man auch als systemischen ­Denkansatz bezeichnen kann. Sie ­versuchen, Zusammenhänge im Leben zu erkennen und aus jeder Erfahrung und jedem Einfluss von Außen zu ­lernen. „Man muss seine eigenen Bedürfnisse und Anforderungen mit denen des Hundes abgleichen“ oder „Hunde werden von so vielen Menschen wie Dinge behandelt, die man einfach weggeben kann, wenn man sie nicht mehr braucht“ sind Aussagen, die man oft von „Sachkundig-Bedürfnisorientierten“ hört. Gerne engagieren sie sich etwa für Tierschutzorganisationen und versuchen gesellschaftlich etwas zu bewegen. ­Aneignung von theoretischem Fach­wissen über arttypische Eigenschaften, wie etwa Calming Signals, ist bereits vor der Anschaffung des Hundes im Programm.

Ausgewogene, gesunde Fütterung – vorwiegend Barf – sowie regelmäßiges Training zur Förderung der arttypischen Eigenschaften (z.B. Nasen-, Agility- oder Dummytraining) und Erziehung in klarer Rudelstruktur zielen auf eine in höchstem Grad artgerechte und gesundheitsfokussierte Hundehaltung ab, in der die Ganzheitlichkeit zwischen Körper und Geist im Vordergrund steht. Übergeordnetes Motiv dabei ist es, Hunde als mitweltliche Lebewesen zu verstehen und so kontrolliert den bestmöglichen Umgang mit ihnen zu hegen.

Hunde als intelligente Tiere lernen nicht nur von uns Menschen ein Leben lang, sondern wir Menschen lernen auch von ihnen. Selbstkritik ist dabei immer ein wichtiger Bestandteil des Lernprozesses. Vielfalt zwischen Mensch und Tier wird bewusst gelebt und äußere Einflüsse werden als bereichernde Reflexionsmöglichkeit verstanden. Doch die selbstkritische Einstellung und detailliertes Wissen zum Beispiel über bestimmte Krankheitsbilder können auch ein entspanntes Zulassen der Ist-­Situation erschweren, in der mit dem Hund eigentlich alles in Ordnung ist. „Sachkundig-Bedürfnisorientierte“ können nur schwer annehmen, dass momentan alles passt, was schließlich Stress beim Hundehalter selbst erzeugt.

Fazit: Selbstreflexion – Basis für gelingende Mensch-Hund-Beziehung
Jeder Mensch wird aufgrund ­seiner Anlagen, Erziehung, Kultur und persönlichen Geschichte auch durch implizite, also unbewusste Wertvorstellungen gesteuert. Diese Werte zeigen sich in den Bedürfnissen und Motiven, die das eigene Verhalten in allen Lebensbereichen beeinflussen. Gerade, wenn andere Lebewesen von diesem Verhalten betroffen sind, wie im Fall der Mensch-Hund-Beziehung, sollte es ein Anfang sein, sich einmal selbst „bei der Nase zu nehmen“, sich in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen und die eigenen Handlungsmuster selbstkritisch zu hinterfragen.

Motive wie Bequemlichkeit, Perfektionismus, Kontrolle, Selbstverleugnung oder übertriebene Vorsorglichkeit werden vielleicht nicht immer den artgerechten Bedürfnissen eines Hundes gerecht. Wenn Verantwortung für einen Hund übernommen wird, der unserer Fürsorge und unseres ­Schutzes ­bedarf, wäre es gut geraten, dass sich der Mensch, um des Lebewesens selbst ­willen, aus dem Mittelpunkt der Beziehung einmal zurückzieht und auch Verständnis für den Hund als eigene Spezies aufbringt und ihm Raum in der Beziehung bereitstellt.

Hintergrund

comrecon brand navigation
Wie ist es zu dieser Studie gekommen? Wer steht dahinter?
comrecon brand navigation ist ein Institut für Markenführung mit Spezialisierung auf Markt- und Motivforschung. In dieser unabhängigen Eigenstudie mit WUFF als Medienpartner wurde die Beziehung zwischen Hundehaltern und ihren Vierbeinern unter die Lupe genommen.
Mittels der Methode „comrecon crowd research“ wurde ein 16-tägiges landesweites Online-Forum mit Hundehaltern eingerichtet, die sich unter Moderation zu allen Themen rund um den Hund austauschten. Es wurden Fragen diskutiert, Aufgaben gelöst und Tagebücher verfasst, die Einblick in den Alltag ermöglichten.
„Ziel dieser qualitativen Studie ist es, das Bewusstsein im Umgang mit Hunden zu schärfen, eigene Ver­haltensweisen zu reflektieren sowie Bedürfnisse des Hundes wahrzu­nehmen.“, sagt Charlotte Hager, ­Geschäftsführerin von comrecon brand navigation.
www.comrecon.com.

Übersicht

Die Serie im Überblick
Damit Sie stets genau wissen, in welcher Ausgabe es worum geht, hier ein Überblick über die wesentlichen Themen der WUFF-­Serie. Im ersten Teil werden die vier Hundehalter-­Typologien beschrieben, in den folgenden geht es um die verschiedenen Phasen im Leben einer Mensch-Hund-Beziehung.
Teil 1 (aktuelle Ausgabe)
• Einführung ins Thema
• Die vier Hundehalter-Typen
• Umgang mit dem Hund
Teil 2 (WUFF 1/2017)
• Anschaffung eines Hundes: Kriterien und Engagement. Und wo ordnen Sie sich ein?
Teil 3 (WUFF 2/2017)
• Ernährung und Gesundheit – ­unterschiedliche Zugänge je nach Typologie.
Teil 4 (WUFF 3/2017)
• Erziehung und Ausbildung – welche Methoden werden präferiert? Und wozu tendieren Sie?
Teil 5 (WUFF 4/2017)
• Betreuung, Sozialisierung, Tod Wie gestalten die verschiedenen ­Typologien das alltägliche Leben mit ihrem Hund?

Pdf zu diesem Artikel: hundehalterreport_teil1

 

Das könnte Sie auch interessieren: