Am Samstag, dem 26. Januar 2019, trafen sich nun zum bereits vierten Mal 520 Zweibeiner und ca. 1200 Vierbeiner zum vierten „Kölner Galgo-Marsch“, der wie auch bereits in den Vorjahren am Bürgerhaus Stollwerck startete, um von dort durch die Kölner City zu marschieren. Der Marsch findet statt, um auf die teils katastrophalen Haltungsbedingungen der spanischen Windhunde (Galgos) und ihrer Leidensgenossen, Podencos, Setter, Bodegueros, Bretonen u.v.a., aufmerksam zu machen, die in Spanien traditionell zur Jagd benutzt werden.
Warum ein Marsch mitten im Winter kann man sich fragen, vor allem auch, weil die Galgos und Podencos doch eher als „Frostbeulen“ unter den Hunden gelten: Aufgrund der fehlenden
Unterwolle und mangels Fettgewebe benötigen sie so in unseren Gefilden wärmende Mäntel
oder Pullover, um nicht auszukühlen und dadurch später krank zu werden. Nun mag man sagen, warum „importiert“ man dann solche Hunde nach Deutschland und lässt sie nicht lieber in ihrem Heimatland, wo sie vielleicht viel eher an die klimatischen Bedingungen angepasst sind?
Weil das Leben in ihrem Heimatland meist von Entbehrung, Quälereien und am Ende ihres meist noch viel zu jungen Lebens von einem schrecklichen Tod gezeichnet ist. Das Gros der
beim Galgo-Marsch mitlaufenden Galgos, Podencos, Setter, Bretonen und anderen Rassen
stammt aus dem Tierschutz – und es sind die wenigen Glücklichen, die auf verschiedene Arten und Weisen beim Tierschutz gelandet und über Tierschutzvereine nach Deutschland vermittelt worden sind.
Der Galgo-Marsch findet deshalb am letzten Januarwochenende statt, weil genau dann das
Ende der Jagdsaison in Spanien eingeläutet wird. Deshalb wurde seinerzeit in Spanien der
„Welt Galgo Tag“ ins Leben gerufen: zu Ehren der wie ein reines Jagd-“Werkzeug“ genutzten
spanischen Windhunde. Denn spätestens am Welt-Galgo-Tag ereilt viele der sanften Jagdhunde ein Schicksal, das weitaus schlimmer ist als das oftmals leidvolle Leben, das sie bis dahin führen mussten.
Offiziell geht man von 50.000 Galgos (plus weiterer Jagdhunde) aus, die JÄHRLICH als nicht
mehr jagdtauglich erachtet und damit „überflüssig“ werden. Diese Hunde werden dann oftmals wie kaputte Werkzeuge „entsorgt“ – auf teils übelste Art und Weise. Sie werden ausgesetzt, in Schluchten oder Brunnen geworfen, die Beine gebrochen und in den Bergen ausgesetzt, in entlegenen Gegenden einfach zum Verhungern irgendwo angebunden oder zum „Klavierspielen“ an einem Baum aufgehängt – dem Hund wird dabei ein Strick um den Hals geknüpft, dessen anderes Ende derart an einen Baum gebunden wird, dass er gerade mit den Hinterpfoten den Boden erreicht und dann, um nicht stranguliert zu werden, balanciert und auf den Hinterbeinen hin und her“tanzt“ – bis ihn die Kraft verlässt.
In diesem Jahr hat sich die Gesamtlage in Spanien noch dadurch verschlimmert, dass zu
Beginn der Jagdsaison im Oktober die Myxomathose in vielen Jagd-Regionen ausgebrochen
ist. Diese an sich Kaninchenseuche ist auf die Hasenpopulation übergegangen und der
spanische Jagdverband hat aus diesem Grund vielerorts die Jagd deshalb für diese Saison ganz „abgeblasen“. So waren die Refugios, die sich der nicht mehr gewollten Tiere annehmen, und auch die Tötungsstationen, in denen nach einer kurzer Frist die Hunde getötet werden, so sie niemand mehr haben will. Die Refugios und Auffangstationen waren teilweise bereits Ende
November derart überfüllt, dass sie nur noch die extremsten Notfälle (angefahrene Hunde mit
gebrochenen Knochen oder offenen Wunden) aufnehmen konnten und ansonsten einen
Aufnahmestopp aussprechen mussten, weil ihre Kapazitäten einfach vollends erschöpft waren.
Was das für viele der Jagdhunde hieß, die von ihren Jägern dort abgegeben werden sollten, will man sich gar nicht vorstellen. Auch wenn es schon mal als Riesenfortschritt gesehen werden kann, dass viele Jäger inzwischen den Weg zu den Refugios suchen, um dort ihre Hunde anzugeben, und sie nicht – wie seit Jahrzehnten üblich – einfach auf die oben beschriebene Art und Weise zu entsorgen. Dies ist v.a. der Aufklärung der Tierschützer vor Ort geschuldet, die das Gespräch mit den Galgueros suchen und versuchen, sie zu einem besseren Umgang mit ihren Tieren, einer vernünftigeren Zucht zu bringen.
Doch was ist ein Galgo? Er ist von schlanker Statur, mit einem tiefen Brustkorb
ausgezeichnet und langen dünnen Beinen, einer ewig langen, dünnen Rute. In Spanien wird
der Galgo hauptsächlich für die Jagd von Hasen verwendet, hinter denen er in Zweierformation zu streng aufgestellten Regeln „hinterher geschickt“ wird. Die spanische Jagdsaison läuft von Oktober bis Ende Januar. Die Hunde werden oftmals hart trainiert: auf Laufbändern festgezurrt, an Autos, LKWs oder Quads angebunden, hinter denen sie herlaufen müssen, teils in hohem Tempo. Manche Fahrer halten nicht an, wenn ein Hund strauchelt und so werden viele Tiere bereits beim Training übelst verletzt. Natürlich gibt es Ausnahmen – Jäger, die gut zu ihren Hunden sind und sie z.B. nicht kurz angebunden in ihren eigenen Fäkalien stehend halten, die ihnen ein artgerechtes Leben bieten. Aber viel zu viele Jäger folgen immer noch den alten Traditionen, vermehren ihre Hunde fast wie am Fließband – immer in der Hoffnung, den schnellsten, besten Hund herauszubekommen, der ihnen Ruhm und Ehre einbringen soll und sich bzw. seine Nachkommen teuer verkaufen lässt.
Das EU-Land Spanien ist das Lieblings-Urlaubsland der Deutschen – in dem Traditionen
hochgehalten, in dem bei vielen Festivitäten Tiere gequält werden: sei es nun beim
„klassischen“ Stierkampf oder dem Ziegenbock, der von einem Kirchturm geworfen wird, um
der Gemeinde Glück zu bringen. Und so gibt es auch die durch EU-Subventionen unterstützte
Jagd mit dem Galgo. Es geht um viel Geld und dieses wird – wie so oft – auf dem Rücken der
Tiere ausgetragen und durch diese verdient.
In Deutschland gibt es inzwischen viele Liebhaber der spanischen Jagdhunde und viele der
ausgemusterte Hunde haben hier ein neues Zuhause gefunden haben, wo sie erstmals im Haus bei ihren Menschen leben dürfen. So wurde 2016 der „Kölner Galgo-Marsch“ ins Leben
gerufen, der erste in Deutschland stattfindende Solidaritätsmarsch für den spanischen
Windhund – gefolgt von Berlin und Saarbrücken 2016, Frankfurt 2017 und Leipzig, wo im
kommenden September der nun bereits dritte „Leipziger Galgo-Marsch“ stattfinden wird
(am 14. September 2019, 11.00 Uhr, Treffpunkt: Wilhelm-Leuschner-Platz). Aber vor allem
auch in Spanien setzen sich die Tierschützer extrem für den Galgo und seine Leidensgenossen
ein: so finden am ersten Februar Wochenende in sage und schreibe 35 spanischen Städten
Galgo-Märsche statt!
2016 liefen beim ersten Galgo-Marsch in Köln bereits etwa 150 Teilnehmer (150 Zwei- und
ca. 200 Vierbeiner) durch die Stadt, um auf das Elend in Spanien aufmerksam zu machen. In
diesem Jahr waren es bereits 520 Menschen mit etwa 1200 Hunden. Kein Weg war ihnen
dabei zu weit (und dies, obwohl die Wetterdienste teilweise Schnee und Eis vorausgesagt
hatten). Die Teilnehmer kamen aus allen Ecken Deutschlands (Bayern, Baden Württemberg,
Berlin, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen…),
aber auch aus Spanien, den Niederlanden, Österreich, Belgien oder Frankreich!!! Per Auto,
Bus, Bahn oder gar Flugzeug – und die meisten mit Hunde-Begleitung!!! Hauptsächlich Galgos, aber auch ganz viele Podencos und Fremdrassen aller nur erdenklichen Arten sind mitgelaufen.
Am Heumarkt richteten vier Redner das Wort an die Marsch-Teilnehmer und Zuschauer: der
junge Tierschützer Noah Heyer, der wie seine Eltern seit Jahren im Tierschutz aktiv ist; die
spanische Tierschützerin Maria Theresa Garcia Rodriguez, die extra aus Teneriffa angereist
ist und dem Verband „No a La Caza“ (Nein zur Jagd) angehört; Carola Birkner vom Verein
Galgo Friends e.V., die eine Rede von Loli Cantero, die das Tierheim Ciudad Animal leitet und
leider aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnte, aus dem Spanischen übersetzt
vortrug sowie last but not least Simone Sombecki, die nicht nur selbst Galgo-Halterin,
Moderatorin von „Tiere suchen ein Zuhause“ und unermüdlich für den Tierschutz im Einsatz ist.
Und so werden es (hoffentlich) immer mehr, denen das Schicksal dieser sanftmütige Hunde
nicht egal ist und die den Hunden eine Stimme geben und gegen die unerträglichen Haltungsbedingungen und die massenhafte Entsorgung kämpfen. Denn nur zusammen sind wir stark!
Und so darf sich jeder bereits den Termin für den dann 5.ten „Kölner Galgo-Marsch“
notieren: Samstag, der 25. Januar 2020 – 12 Uhr – Treffpunkt wie gehabt am Bürgerhaus
Stollwerck in Köln!
Ganz wichtig zu erwähnen ist zudem, dass auch der 4.te „Kölner Galgo-Marsch“ – wie in den
Vorjahren bereits – die tollste Unterstützung überhaupt erfuhr durch das Team der Kölner
Polizei, die mit ihrem herzlichen, tollen Einsatz den Marsch sicher und wohlbehütet durch die
Kölner Innenstadt geführt hat! Ein dickes Dankeschön an unsere „Freunde und Helfer“!!!
Julia Reinhardt