Am Samstag, dem 27. Januar 2024, trafen sich zum bereits neunten Mal 2500 Zweibeiner mit ihren ca. 5.000 Hunden zum „9. Kölner Galgo-Marsch“ und marschierten vom Bürgerhaus Stollwerck aus durch die Kölner City bis zum Heumarkt. Der Galgo-Marsch findet jährlich – zum Ende der Jagdsaison in Spanien – statt, um auf die teils katastrophalen Haltungsbedingungen der spanischen Windhunde (Galgos) und ihrer Leidensgenossen – Podencos, Setter, Bodegueros, Bretonen u.v.a. – aufmerksam zu machen, die in Spanien traditionell zur Jagd benutzt werden.
Der Kölner Galgo-Marsch findet seit 2016 jeweils am letzten Januarwochenende statt, da zu diesem Zeitpunkt die Jagdsaison in Spanien endet. Spanische Tierschützer riefen aus diesem Grund vor einigen Jahren den sogennanten „Welt-Galgo-Tag“ ins Leben: um jedes Jahr am 1. Februar verstärkt auf das Schicksal der oftmals zum reinen Jagd-Werkzeug Windhunde aufmerksam zu machen. Ab diesem Tag beginnt das massenhafte und gnadenlose Aussortieren der nicht mehr erwünschten Hunde – jeder Hund, der von seinem Jäger als nicht mehr jagdtauglich erachtet wird, „kommt weg“. Die Hunde, die die Jäger „loswerden“ wollen finden teils ein entsetzliches Ende – und dies nach einem Leben, das auch bis dahin meist ein sehr hartes war. Viele Hunde werden in dunklen Schuppen oder Verschlägen gehalten, teils angebunden an kurzen Ketten, an denen sie sich kaum hinlegen können, in eigenem Unrat stehen. Nur am Wochenende zur Jagd oder zum Training sehen sie dann einmal das Tageslicht.
Seit das spanische Tierschutzgesetz 2023 in Kraft getreten ist, hat sich für die Hunde nichts verbessert, ganz im Gegenteil: nun fühlen sich die Jäger verstärkt im Recht, ihre Hunde schlecht zu behandeln. Denn die Galgos und anderen spanischen Jagdhunde wie auch die „Gebrauchs“-Hunde (Polizei-, Spür-, Blindenhunde u.a.) sind von diesem Gesetz ausgenommen! Ein Mops oder Pudel ist also geschützt, ein Galgo, Podenco oder Setter nicht. Ihn darf sein Besitzer, der Galguero, weiterhin hungern lassen, ihn töten ohne gesundheitlichen Grund, seine Verletzungen müssen nicht behandelt werden und „entsorgen“ darf er ihn am Ende dann auch, das nicht funktionierende „Jagdwerkzeug“ wie ein alter Besen wegwerfen … Alle Alterstufen unter den Hunden sind betroffen: von wenigen Tagen alt bis zu Senioren, wobei letztere dann meist vorher zur Zucht eingesetzt wurden, da sie in jungen Jahren gute Jäger waren. Die Arten der „Entsorgung“ sind vielschichtig: Die Hunde werden erschlagen, in Brunnen oder Schluchten geworfen, ausgesetzt, teils mit gebrochenen Beinen. Sie werden mit Säure übergossen; hinterm Auto zu Tode hergeschleift; sie werden an Bahngleise gebunden, damit der Zug sie tötet; sie werden in entlegenen Gegenden irgendwo angebunden bzw. ausgesetzt, wo sie unentdeckt verhungern; sie werden in Müllcontainer geworfen oder zum „Klavierspielen“ in einen Baum gehängt, letzteres wenn sie ihrem Jäger vermeintlich Schande gebracht haben. Bei dieser besonders perfiden Form, sich seines Hundes zu entledigen, wird dem Hund ein Strick um den Hals gelegt, so dass er gerade noch mit den Hinterpfoten den Boden erreicht und – um nicht stranguliert zu werden – ausbalanciert und auf seinen Hinterbeinen regelrecht tanzt, bis ihn die Kraft verlässt und er sich selbst langsam erdrosselt.
Offiziell spricht man von ca. 50.000 Galgos (plus anderer Jagdhunde), die JÄHRLICH von ihren Jägern als überflüssig bzw. nicht mehr jagdtauglich erachtet werden. Spanische Tierschützer schätzen, dass die Dunkelziffer noch wesentlich höher liegt! Neben den auf den Strassen und Feldern durch Tierfreunde aufgelesenen Hunden suchen nun einige Jäger inzwischen den Weg zu den Tierheimen bzw Refugios auf und geben ihre „überflüssigen“ Hunde dort ab, was schon als kleiner Erfolg verzeichnet werden kann. Denn erhalten die Tiere noch eine Chance über die schützenden Hände des Tierschutzes. So platzen nun v.a. zum Ende der Jagdsaison ab Mitte / Ende Januar die Auffangstationen wie z.B. die bei Sevilla gelegene FBM (die Fundacion Benjamin Mehnert), eine der größten Galgoauffangstationen, aber auch die unzähligen kleineren Refugios wie z.B. Ciudad Animal in Pedro Muñoz, San Anton in Villamartin uvm, aus allen Nähten, müssen teilweise irgendwann einen Aufnahmestopp verhängen, weil so viele Hunde gar nicht untergebracht werden können. Eine Katastrophe dann für die Tiere, die ihre Jäger noch loswerden wollen.
Was ist eigentlich ein Galgo?
Der spanische Windhund, der Galgo, ist ein rank und schlanker Hund, sehr hochbeinig, ein kurzhaariger Athlet ohne Fettgewebe, ein Hochleistungssportler mit meist starker jagdlicher Orientierung. Gleichzeitig zählt der Galgo zu den anhänglichsten Windhunden. Er ist sanft, grazil und hochintelligent, kein „Kläffer“, zumeist ein ganz ruhiger Zeitgenosse. Er verfügt über einen tiefgebauten Brustkorb, ganz lange dünne Beine, eine lange, dünne Rute und einen windschnittigen schmalen Körper. Windhundefreunde sagen: „Einmal Galgo, immer Galgo – Galgos machen süchtig“ und halten selten nur einen Hund dieser Rasse, lebt ein Galgo doch gerne im mit einem Artgenossen zusammen. Galgos besitzen zudem kein Unterfell, wodurch sie nicht den üblichen Hundegeruch aufweisen. Daher sind sie auch sehr wetterfühlig: Kälte und Nässe ist nicht ihr Ding und sie brauchen an Regentagen einen Regenmantel, um nicht auszukühlen und sich zu erkälten. Im Winter brauchen die Hunde wärmende Mäntel, will man nicht riskieren, dass sich der Galgo erkältet und krank wird. Der Galgo wird in Spanien hauptsächlich für die Jagd von Hasen verwendet, hinter denen er in Zweierformation zu streng aufgestellten Regeln „hinterher geschickt“ wird. Auf der Suche nach einem Siegerhund züchten viele Galgueros, so nennt man die spanischen Jäger, die mit Galgos jagen, auf Teufel komm raus, immer in der Hoffnung, einen „Winner“ zu haben, der ihnen Ruhm und Ehre einbringen soll und dessen Nachkommen sich gut und teuer verkaufen lassen. Spanien ist das einzige Land in der EU, das noch mit Hunden jagt: der Galgo ist ein Sicht- und Endjäger, der seine Beute packt und tötet (anders als beispielsweise der erlegtes Wild herbeischaffende Labrador oder die Bracke).
Der Kölner Galgo-Marsch
Über all die Mißstände in Spanien möchten wir mit dem Kölner Galgo-Marsch aufmerksam machen und die Menschen, auch die Spanien-Urlauber, informieren. Die Teilnehmerzahlen des Kölner Marsches, der erstmalig 2016 stattfand, sind ständig gestiegn: waren 2016 150 Teilnehmern auf zwei Beinen und ca. 200 Hunde am Start so hatten wir im letzten Jahr Jahr bereits 1500 zweibeinige und 3000 vierbeinige Teilnehmer . Dieses Jahr haben sich noch mehr Menschen für die Hunde stark gemacht: 2500 Menschen mit ca. 5000 Hunden machten sich am letzten Samstag auf den Weg nach Köln, um mitzulaufen für Galgo, Podenco und Co (dies sind durch die Polizei bestätigte Zahlen!).
Am Heumarkt hielten insgesamt 9 Redner teils glühende Reden und machten sich für die Hunde stark: den Anfang machte Elfi Scho-Antwerpes, sicherlich eine der beliebteste Politikerinnen, die Köln jemals hatte, von 2004 bis 2020 war sie Bürgermeisterin der Stadt Köln, wurde 2009 erste Stellvertreterin des Oberbürgermeisters. Elfi Scho-Antwerpes engagiert sich in vielen wichtigen Themenbereichen, zudem lebt sie selbst mit einer Hundenase aus dem Tierschutz zusammen! Petra Hörmann, die 1. Vorsitzendes des TSV Fellwechsel e.V., hielt eine glühende Rede über die Zustände in Spanien. Ihr Verein vermittelt u.a. regelmäßig auch Galgos und Podencos nach Deutschland. Als dritte sprach Tina Hartmann vom Verein Windhundnetzwerk e.V. zu den Menschen. Tina ist Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins und Tierrechtsreferentin bei Peta Deutschland, zudem aktives Mitglied in der Tierrechtsbewegung. Sie setzt sich international für Windhunde ein, nicht nur in Spanien. Ursula Löckenhoff, Gründungsmitglied des Vereins Galgo Hilfe e.V . betrat als nächstes die Bühne. Im Rahmen ihres Hundehotels mit Familienanschluss hat Ursula Löckenhoff inzwischen über 100 Pflegehunden zu einem neuen Leben verholfen, ist zudem Fachbuch-Autorin, macht Dogwalks, leitet Trainings für Hunde mit Erziehungsdefiziten und berät deren Halter. Danach trat Andreas Ohligschläger ans Mikrophon: er leitet das Revier für Hunde, ist Mensch- Hunde-Coach, leitet Tagesseminare, hatte eine Sendung beim WDR, auch er ist Buchautor. Bereits im letzten Jahr war Andreas beim Galgo-Marsch dabei. Als nächstes hörten wir Nicole Schmidt, Petfluencerin mit ihrer treuen Begleiterin Podencomädchen Flocke. Neben ihrer Online-Präsenz setzt sie sich ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen ein, macht Politik und engagiert sich dort besonders u.a. für die Rechte von Podencos und Galgos. Carola Birkner von den Galgo Friends verlas eine kurze Rede von Loli Cantero, der Leiterin des Tierheims Ciudad Animal. Maria Theresa Garcia Rodriguez war die 8.te Rednerin: sie arbeitet für einige spanische Vereine, v.a. für Plataforma NAC = „No a la Caza“ (www.plataformanac.org). Maria Teresa ist extra von Teneriffa nach Köln eingeflogen, sie ist seit dem ersten Jahr in Köln mit dabei. Last but not Least sprach Simone Sombecki, u.a. Moderatorin der WDR-Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“ zu den Menschen, die mitgelaufen und die in den Cafes um den Heumarkt herumsaßen. Seit Jahren unterstützt sie den Kölner Galgo-Marsch, macht mit publik und wirbelt – nicht nur für die spanischen Windhunde. Sie teilt selbst ihr Leben mit einer Langnase und ist unermüdlich in Sachen Tierschutz im Einsatz!
# galgosunited
In weiteren Städten Deutschlands und der Schweiz fanden Galgomärsche statt: in Berlin, München, Hamburg, Saarbrücken und Zürich – Bremen folgt am kommenden Wochenende nach. Und so gingen am letzten Januarwochenende weit über 5.000 Menschen für die spanischen Jagdhunde auf die Strasse! Wir dürfen nicht müde werden, uns für die Hunde einzusetzen und daher steht bereits jetzt fest: Auch 2025 werden wir erneut auf die Strasse gehen, um den Hunde einen Stimme zu geben – dann zum dann bereits 10. Kölner Galgo-Marsch.